Entschädigungen nach dem Infektionsschutzgesetz nur für Einzelpersonen
Viele Stiftungen haben aufgrund der aktuellen Ausbreitung des Coronavirus ihren Geschäftsstellenbetrieb eingeschränkt. Museen, Theater und Galerien mussten schließen. Haben betroffene Stiftungen einen Anspruch auf Entschädigung?
Das Infektionsschutzgesetz (IfSG) gewährt unter bestimmten Voraussetzungen auf Antrag eine Entschädigung in Geld, wenn die Tätigkeit zum Schutz der Ausbreitung des Coronavirus eingeschränkt oder verboten wurde und Verdienstausfälle entstanden sind (§ 56 IfSG).
1. Tätigkeitsverbote oder Quarantäneanordnungen
Ansprüche nach § 56 InfSG stehen grundsätzlich nur Einzelpersonen zu, deren Tätigkeit aufgrund behördlicher Tätigkeitsverbote oder Quarantäneanordnungen untersagt wurde. Wenn also gegenüber Infizierten oder Kontaktpersonen von Infizierten ein persönliches Tätigkeitsverbot nach § 31 InfSG ausgesprochen oder für sie Quarantäne nach § 30 InfSG angeordnet wurde und dadurch ein Verdienstausfall entsteht, kommt ein Entschädigungsanspruch nach § 56 InfSG in Betracht.
Als Anspruchsberechtigte kommen insbesondere Personen in Betracht, die Arbeitsentgelt aus einer nichtselbständigen Arbeit oder Arbeitseinkommen aus einer selbständigen Tätigkeit beziehen. Vom 30. März 2020 bis 31. Dezember 2020 kommen auch erwerbstätige Sorgeberechtigte und erwerbstätige Pflegeeltern unter den Voraussetzungen des § 56 Abs. 1a IfSG in Betracht.
Liegen die Anspruchsvoraussetzungen vor, hat die Stiftung als Arbeitgeberin für die ersten sechs Wochen die Entschädigung an die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu zahlen und kann einen Erstattungsantrag bei der zuständigen Behörde stellen. Danach hat der vom Verdienstausfall Betroffene einen Entschädigungsantrag selbst bei der Behörde zu stellen.
2. Betriebsschließungen und Veranstaltungsverbote
Hingegen begründen die häufig von den Landesregierungen beschlossenen Betriebsschließungen und Veranstaltungsverbote zur Eindämmung der Ausbreitung des Virus grundsätzlich keinen Entschädigungsanspruch für Betriebe nach § 56 IfSG o.ä. In diesen Fällen sind die von Bund und Ländern beschlossenen Liquiditätsprogramme anwendbar.
Teilweise wird jedoch die Auffassung vertreten, dass auch bei Betriebsschließungen ein Entschädigungsanspruch nach dem Infektionsschutzgesetz bestehe. Es könne nichts anderes gelten als bei Tätigkeitsverboten, da auch die beschlossenen Betriebsschließungen ähnlich wie die Tätigkeitsverbote enteignende Eingriffe darstellten. Daher sei eine Entschädigung in analoger Anwendung des § 56 IfSG zu zahlen.
Bitte beachten Sie aber, dass diese Rechtsauffassung insbesondere von vielen Behörden nicht vertreten wird. Nach unserer Kenntnis wurden zwar bereits derartige Entschädigungsansprüche bei den Behörden angemeldet, die Entscheidungen über die Ansprüche stehen jedoch noch aus. Wir werden daher diese Thematik weiter beobachten.
Autor

Tina Dubiel
Rechtsanwältin (Syndikusrechtsanwältin)
Justiziarin
Telefon (030) 89 79 47-60
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