"Wir kommen da nur durch, wenn wir zusammenhalten"

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05.08.2020
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Sebastian Gallander, Geschäftsführer der nebenan.de Stiftung, über Erkenntnisse aus der Corona-Krise für den gesellschaftlichen Zusammenhalt.

"Denn Corona ist über uns gekommen wie ein plötzlicher Schneesturm, der uns gezeigt hat: Wir alle teilen das gleiche Schicksal und wir kommen da nur durch, wenn wir zusammenhalten."

Die Corona-Krise machte Ihr Stiftungsthema Nachbarschaft plötzlich besonders relevant – wie wirkte sich dies konkret auf Ihre Arbeit aus?
Wir mussten sehr schnell reagieren. Eigentlich organisieren wir ja jedes Jahr im Frühling den „Tag der Nachbarn“, an dem in ganz Deutschland die Menschen, die sonst nur flüchtig aneinander vorbeileben, zu kleinen und großen Nachbarschaftsfesten zusammenkommen sollen. Dies ging nun nicht mehr. Deshalb sagten wir kurzerhand: Jetzt ist Tag der Nachbarn – helfen wir einander! Über all unsere Kommunikationskanäle sammelten und verbreiteten wir Tipps zur praktischen Nachbarschaftshilfe. Und wir starteten eine Hotline, um beispielsweise ältere Menschen, die nicht online vernetzt sind, aber gerade jetzt Unterstützung brauchten, mit hilfsbereiten Nachbarn zusammenzubringen.

Wie gelang ein so kurzfristiger Komplettumbau?
Unsere Stiftung stammt ja aus der digitalen Start-up-Welt, sodass wir uns seit Beginn an schnellen Innovationszyklen orientieren mussten. Und natürlich war es sehr hilfreich, dass wir schon vor der Krise ein stabiles, vielfältiges Partner-Netzwerk aufbauen konnten – von der Diakonie über die Fernsehlotterie bis zum Deutschen Städtetag.

Fällt Ihnen spontan ein besonders Mut machendes Beispiel aus Ihrer Arbeit ein?
Viele kleine gute Taten, wie die der jungen Nachbarin, die für die kranke Dame von nebenan einkaufen geht und ihr den Beutel an die Türklinke hängt, ebenso wie eine ganz große Neuerung: Da viele Mehrgenerationenhäuser deutschlandweit wegen der Infektionsgefahr vorübergehend schließen mussten, suchen wir nun spontan gemeinsam mit ihnen neue (digitale) Wege, um – während wie auch nach der Krise – die Einsamkeit von älteren Menschen zu bekämpfen.

Wie ist Ihr Ausblick auf die Zukunft?
Entweder wir fallen zurück in schädliche Verhaltensmuster von vor der Krise – in Hetze und in einen klimafeindlichen Lebenswandel. Oder wir setzen das fort, was in der Krise plötzlich möglich schien, wie mehr Solidarität und weniger Verkehr. Dies erfordert ein nachbarschaftlicheres Bewusstsein ebenso wie eine bessere digitale Koordination. Wenn wir das hinkriegen, dann kann aus der Krise eine Art Katharsis werden.

Sind Sie da optimistisch?
Ja. Denn Corona ist über uns gekommen wie ein plötzlicher Schneesturm, der uns gezeigt hat: Wir alle teilen das gleiche Schicksal und wir kommen da nur durch, wenn wir zusammenhalten. Diese Erkenntnis müssen wir jedoch stärker weitertragen. Deshalb gibt es nun beispielsweise auch einen neuen Corona-Schwerpunkt bei der soeben gestarteten Ausschreibung unseres jährlichen Deutschen Nachbarschaftspreises.  

Über die Autorin

Esther Spang

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