Eine nachhaltige Perspektive

09.01.2019
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Elvira Busch ist Leiterin des Heinz Nixdorf Stipendienprogramms der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH.

Stiftungswelt: Frau Busch, fast 25 Jahre lang haben die Heinz Nixdorf Stiftung und die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) zur Förderung der Asien-Pazifik-Erfahrung deutscher Nachwuchsführungskräfte zusammengearbeitet – was war die Idee dahinter?

Elvira Busch: Das Projekt ist 1994 auf Wunsch der deutschen Wirtschaft entstanden. Diese hatte zu Anfang der 1990er-Jahre realisiert, dass sich in Asien viel tat, es aber kaum qualifizierte Menschen gab, die sie dort hinsenden konnte. Es fehlte vor allem an Landes- und Kulturkenntnissen. Die deutsche Wirtschaft brauchte junge Leute, die sich in Asien zurechtfinden konnten. So ist das Programm ins Leben gerufen worden. Und daraus ist eine große gemeinsame Verantwortung entstanden.

Wie viele Menschen haben Sie gefördert?
Das Heinz Nixdorf Programm hat 821 junge Menschen gefördert. Die acht Monate im Programm haben diese Menschen weitergebracht und ihre berufliche Entwicklung positiv beeinflusst. Ungefähr 60Prozent von ihnen sind heute in Deutschland tätig, sowohl in kleinen und mittleren Unternehmen als auch in DAX-Konzernen. Andere arbeiten selbstständig.

Was hat diese Zusammenarbeit zwischen der Heinz Nixdorf Stiftung und der GIZ so besonders gemacht?
Für uns war es sehr wichtig, dass die Stipendiaten die Landessprache erlernen und im Vorfeld ein interkulturelles Training absolvieren. Sie sollten nicht als deutsche Expats in den Gastländern leben und arbeiten, sondern Land und Kultur direkt erfahren können. Für die zweimonatige Vorbereitungszeit haben wir uns daher Partnerorganisationen gesucht, bei denen die Stipendiaten gute Kenntnisse der jeweiligen Landessprache erwerben konnten und gezielt für kulturelle und landesspezifische Besonderheiten sensibilisiert wurden. Sehr wichtig war uns von Beginn an die Vernetzung der Stipendiaten untereinander, denn Ziel der Stiftung war es, ein Netzwerk von erfahrenen Führungskräften mit Asienkenntnissen aufzubauen. Dieses Netzwerk haben wir dann stetig weiter ausgebaut. So haben wir zum Beispiel Alumni als Kommissionmitglieder in die Auswahl neuer Stipendiaten einbezogen. Auf einer speziellen Internetplattform, dem Heinz Nixdorf Stipendiaten Forum, tauschen sich Stipendiaten aus oder finden neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weltweit.

Wie würden Sie die Zusammenarbeit mit der Heinz Nixdorf Stiftung beschreiben?
Die Stiftung als Auftraggeber hat uns eine Zuwendung in Höhe von ca. 1 Million Euro pro Jahr – insgesamt ca. 23 Millionen Euro – zur Verfügung gestellt, mit der wir das Programm durchgeführt haben. Es herrschte immer eine sehr große Wertschätzung. Die Stiftung war natürlich Auftrag- , aber auch Ratgeber und ein Partner, mit dem wir gemeinsam Ideen entwickelt haben und überlegen konnten, wie praktikabel diese Ideen sind.

Was haben Sie getan, um das Programm auch über das Ende der Finanzierung durch die Stiftung hinaus nachhaltig zu gestalten?
Wir hatten schon in den Anfangsjahren begonnen, das Netzwerk für die Stipendiaten aufzubauen. Unter den Alumni war eine Begeisterung dafür entstanden und es hatte sich in den letzten Jahren daraus auch eine Dynamik entwickelt. Als Anfang 2017 die endgültige Entscheidung für das Ende des Programms gefallen war, war uns klar: Wenn wir nicht diejenigen sind, die das Netzwerk weiter betreiben, dann müssen die Alumni selbst in der Lage sein, es zu tun – wenn sie es wollen. Daher war der erste Schritt eine Umfrage unter den Alumni, um zu sehen, wie groß das Interesse an dem Netzwerk ist. 98 Prozent der Alumni antworteten, dass sie ihr Netzwerk behalten wollen, das sei ihnen wichtig, und wir sollten ihnen sagen, was sie tun müssen.

Welche Schritte haben Sie dann eingeleitet?
Wir haben mit Beratung der Stiftungsjuristen und einer aus Alumni bestehenden Arbeitsgruppe über Monate daran gearbeitet, wie man einen Alumni-Verein gründen kann, haben Satzungsentwürfe erarbeitet und die Alumni für Vereinsrecht, Rahmenbedingungen und vieles mehr sensibilisiert. Zum Auftakt der Abschlussveranstaltung des Programms Ende Juni haben wir einen Tag unter dem Motto „Wie geht es weiter mit dem Heinz Nixdorf Stipendiaten Netzwerk?“ durchgeführt. Dazu gehörte die Gründungsversammlung des Vereins „Alumni & Friends“ und die Vorstandswahl. Seitdem arbeitet der Vorstand daran, das Netzwerk weiter zu gestalten, die regionalen Stammtische in Asien und Deutschland fortzuführen und eine neue Online-Plattform aufzusetzen, die das Netzwerk unterstützt.

Werden auch neue Aspekte aufgenommen?
Die Alumni möchten weiterhin den Spuren des 1986 verstorbenen Unternehmers und Stifters Heinz Nixdorf folgen, und da ist soziales Unternehmertum ein ganz wichtiges Stichwort. Wie das mit Inhalt gefüllt werden kann, wird in Kürze auf der nächsten Mitgliederversammlung des Vereins besprochen.

Was ist Ihr persönliches Fazit?
Aus meiner Sicht war es gut, dass wir die Gründung des Vereins „Alumni & Friends“ länger vorbereitet haben. Nun füllt er sich mit Leben. Das bestätigt uns darin, dass das Netzwerk funktioniert, auch ohne dass wir es befördern. Das ist eine gute Perspektive.

Heinz Nixdorf Stipendienprogramm

Das Heinz Nixdorf Stipendienprogramm (HNP) zur Förderung der Asien-Pazifik-Erfahrung von jungen deutschen Berufstätigen und Absolventen kaufmännischer und technischer Fachbereiche wurde in Zusammenarbeit zwischen der Heinz Nixdorf Stiftung und der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) von 1994 bis 2018 durchgeführt. Die Stiftung wollte auf diesem Weg den jungen Nachwuchskräften mit interkulturellem Training und Sprache verbundene Berufspraktika in China, Indien, Indonesien, Japan, Malaysia, Südkorea, Taiwan und Vietnam ermöglichen und damit zu globalem Denken und weltweiter Mobilität beitragen.

Stiftungswelt Winter 2018

Der Artikel wurde in der Stiftungswelt Winter 2018 mit dem Schwerpunkt "Umbauen statt umfallen. Neue Wege für Stiftungen und ihr Personal" veröffentlicht.

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