
Ehrenamtliche tragen Stiftungsarbeit
Immer mehr Stiftungen fällt es deutlich schwerer als noch vor wenigen Jahren, freiwillig Engagierte für ihre Gremien und Leitungsaufgaben zu finden. Ist Kurzzeitengagement die Zukunft?

Egal ob in den Gremien und den Geschäftsführungen oder auf der Ebene der Mitarbeitenden – Stiftungen werden in großen Teilen von freiwillig Engagierten getragen. Allein auf den Führungs- und Leitungsebenen ist der Umfang an freiwilligem Engagement enorm: Insgesamt sind knapp neun von zehn vertretungsberechtigten Organen der befragten Stiftungen – meist ausschließlich – ehrenamtlich besetzt (n=240). Knapp jede sechste befragte Stiftung hat eine ehrenamtliche Geschäftsführung. Jenseits der Gremien und Geschäftsführung arbeiten fast 30 Prozent mit freiwillig Engagierten. Auf diese letztgenannte Gruppe beziehen sich die folgenden Ausführungen.
Personalstrategie ist entscheidend
Engagierte für die Mitarbeit in der Stiftung zu gewinnen, ist ein aufwendiger Prozess. Es kommt nicht nur darauf an, die richtigen Kanäle für eine erfolgreiche Anwerbung zu finden, sondern auch darauf, sich mit Hilfe einer Personalstrategie frühzeitig klarzumachen, welche Ziele die Stiftung erreichen will und mit welchen Menschen sie diese umsetzen möchte. Auch empfiehlt es sich, Freiwillige ebenso sorgfältig auszuwählen wie Hauptamtliche – schließlich passt nicht jede freiwillig engagierte Person und ihr Zeitbudget zu jeder Stiftung und umgekehrt. Hier gibt es Nachholbedarf: Selbst unter den befragten Stiftungen, die (auch) hauptamtliches Personal beschäftigen, verfügen nur rund 40 Prozent über eine Personalstrategie (n=87).
H2 Personalstrategie ist entscheidend
H2 Personalstrategie ist entscheidend
H4 Personalstrategie ist entscheidend
Die befragten Stiftungen haben jenseits von Gremien- und Leitungspositionen im Mittel vier freiwillig Engagierte (n=52), die zusammen 40 Stunden im Monat an Zeit einbringen (n=49). Es fällt den meisten Stiftungen leicht, freiwillig Engagierte für die „normale“ Mitarbeit in der Stiftung zu finden (59,4 Prozent, n=69). Bei Gremien- und Leitungstätigkeiten wird es dagegen deutlich schwieriger.
Möglichkeit Kurzzeitengagement
Zunehmend lässt sich ein langfristiges Engagement in den Augen (potenzieller) Freiwilliger nur schwer in ihren Alltag integrieren. Deshalb sollten Stiftungen stärker auf Kurzzeitengagements setzen. Bislang sucht noch eine Minderheit gezielt (auch) nach Engagierten für Kurzzeitengagements (43,4 Prozent, n=53). Einige Beispiele sind: Unterstützung bei einem Sommerfest, einem Ausflug oder einem Sportturnier. Überdies ist nicht auszuschließen, dass sich durch (wiederholte) Kurzzeitengagements Freiwillige immer stärker an die Arbeit einer Stiftung gebunden fühlen, sodass daraus eventuell auch langfristiges Engagement entsteht. Denn für viele Aufgaben in einer Stiftung ist gerade dieses langfristige Engagement erstrebenswert, wenn nicht gar erforderlich.
Reflexionsgespräche mit Freiwilligen
Die befragten Stiftungen machen sich auch Gedanken darüber, wie sie das Engagement ihrer Freiwilligen würdigen können. Neben den beliebten Aufwandsentschädigungen (60,3 Prozent) rücken zunehmend Reflexionsgespräche in den Fokus (50 Prozent, n=68). Die regelmäßigen Gespräche sollen dazu dienen, die Zufriedenheit der Freiwilligen zu verbessern und Hinweise zur Verbesserung der Zusammenarbeit zu bekommen. Denn eine erfolgreiche in-terne Kommunikation erleichtert die Zusammenarbeit erheblich. Wenn man Freiwillige ähnlich wie die – eventuell vorhandenen – hauptamtlichen Mitarbeitenden einer Personalbeurteilung unterzieht, kann das Feedback dazu bei-tragen, die Motivation und Leistung freiwillig Engagierter weiterzuentwickeln und auch gezielte Fort-und Weiterbildungsbedarfe zu ermitteln. Solche Fort- und Weiterbildungsangebote unterbreiten 47,1 Prozent der befragten Stiftungen ihren Freiwilligen.
Die vorgestellten Zahlen machen deutlich, wie sehr das Stiftungswesen von freiwillig Engagierten getragen wird. Wenn Stiftungen mit einer gezielten Personalstrategie nach Engagierten suchen und auf deren Bedürfnisse eingehen, könnten sie sogar noch mehr und auch leichter Freiwillige finden. Ohne das vielfältige freiwillige Engagement wäre die Stiftungswelt lange nicht so stark, wie sie es heute ist.
Autor

Theresa Ratajszczak
Referentin Stiftungsforschung
Telefon (030) 89 79 47-62
Stiftungswelt Winter 2018
Der Artikel wurde in der Stiftungswelt Winter 2018 mit dem Schwerpunkt "Umbauen statt umfallen. Neue Wege für Stiftungen und ihr Personal" veröffentlicht.
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