„Es herrscht viel Unsicherheit“

03.01.2019
Stiftungsrecht
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Jan Holze, Geschäftsführer der Stiftung für Ehrenamt und bürgerschaftliches Engagement  in Mecklenburg-Vorpommern
© Stiftung für Ehrenamt und bürgerschaftliches
Jan Holze, Geschäftsführer der Stiftung für Ehrenamt und bürgerschaftliches Engagement
in Mecklenburg-Vorpommern

Herr Holze, warum haben Sie sich entschlossen, einen Leitfaden zum Datenschutz herauszugeben? 
Jan Holze:
Der Landtag Mecklenburg-Vorpommern hatte den Landesdatenschutzbeauftragten gebeten, zusammen mit der Ehrenamtsstiftung Mecklenburg-Vorpommern und in Abstimmung mit der Landesregierung eine Handreichung für die Vereine im Land zu erarbeiten. Unabhängig von dieser Bitte sahen wir aufgrund der vielen Anfragen zur EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) den dringenden Bedarf für eine solche Broschüre.

Wie kam es zur Zusammenarbeit mit den Datenschutzbehörden in Mecklenburg-Vorpommern?
Wir haben sehr früh die hohe Unsicherheit und vielerorts ein fehlendes Grundverständnis für die Anforderungen, die mit der Einführung der DSGVO einhergehen, festgestellt. Daher haben wir Seminare im ganzen Land organisiert und wesentliche Informationen auf unserer Internetseite zusammengestellt. Da der Datenschutzbeauftragte ebenfalls beratend tätig ist, wollten wir unsere Kapazitäten bündeln und abgestimmt vorgehen, um möglichst viele Ehrenamtliche zu erreichen.

Wobei will der Leitfaden helfen?
Der Leitfaden richtet sich sowohl an Ehrenamtliche ohne Vorkenntnisse im Datenschutzrecht als auch an Fortgeschrittene. Deshalb hat er auch zwei Teile: einen Basisteil zum schnellen Einstieg und einen weiteren Teil mit tiefergehenden Informationen. Der Leitfaden bietet zwar umfangreiche Erläuterungen und Handlungsleitfäden mit Musterformularen; letztlich muss jedoch jede Organisation selbst tätig werden und die einzelnen Schritte umsetzen, um die Anforderungen im Datenschutzrecht zu erfüllen.

Welche Erfahrungen haben Sie mit der Umsetzung der DSGVO in Organisationen, die mit Engagierten arbeiten, gemacht?
Es herrscht große Unsicherheit, ein Gefühl von überbordender Bürokratie und Sorge vor möglichen Bußgeldern. Zudem wurde rund um den 25. Mai, also das Datum, seit dem die DSGVO verpflichtend umzusetzen ist, an vielen Stellen Panik gemacht, dass Anwälte massenhaft das Internet durchsuchen und Vereine unter Beifügung hoher Kostenrechnungen abmahnen würden – zu Unrecht, wie sich jetzt zeigt. Oft fehlt das Verständnis, dass der Datenschutz tatsächlich einen Schutz bietet, nämlich vor der missbräuchlichen Verwendung der Daten jedes Einzelnen. Die Chancen, die von einem datenschutzkonformen Verhalten ausgehen, werden kaum gesehen.

Wo liegen Ihrer Meinung nach für Organisationen wie Vereine und Stiftungen die größten Herausforderungen bei der Umsetzung der DSGVO?
Darin, die eigenen Vereinsstrukturen systematisch auf das Vorhandensein und den Gebrauch von Daten zu durchleuchten und dann datenschutzkonform zu organisieren sowie zu dokumentieren. Das bedeutet vor allem anfangs einen gewissen Aufwand. Hat man das System jedoch einmal etabliert – dazu gehört die Klarheit über Ansprechpartner und Vorgänge –, lässt sich der Aufwand gut bewältigen.

Welche Reaktionen haben Sie auf den Leitfaden erhalten?
Wir erhalten sehr viele positive und dankbare Reaktionen. Mit der Broschüre sind nun alle Informationen und Vorlagen, die für die eigene Struktur erforderlich sind, aus einer Hand erhältlich – und das mit verbrieftem Qualitätssiegel vom Landesdatenschutzbeauftragten. Erste Erfahrungen aus dem Umgang mit der DSGVO sind verarbeitet. Wer sich an diesem Leitfaden orientiert, ist in Sachen Datenschutz sicher aufgestellt. Dass viele Engagierte darauf gewartet haben, zeigt die Anzahl der Downloads und Bestellungen – übrigens auch aus anderen Bundesländern.

Sind Ihnen Fälle bekannt, in denen Verstöße gegen die DSGVO mit Bußgeldern geahndet wurden?
Ja, jedoch nicht aus dem Bereich des gemeinnützigen Sektors. Wir werden das Thema weiterhin intensiv verfolgen und geeignete Formate der Unterstützung für Ehrenamtliche anbieten.

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