Ein besseres Neues Normal aktiv gestalten

Impuls
© Tim Mossholder on Unsplash
09.07.2020
Impuls
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Das Neue Normal: um die Welt nach der Corona-Pandemie drehen sich viele Gedanken und Gespräche. Wie werden wir leben, arbeiten, wirken in diesem Mix aus Katerstimmung, transformativen Lernerfahrungen und Sehnsucht nach dem Altbekannten? Als der erste Krisen-Schock Mitte Mai verdaut war, hat sich die Stiftung Bürgermut auf ihren Claim besonnen: Neues einfach machen. Denn wie es aussehen wird, das Neue Normal, passiert nicht einfach mit uns. Es liegt als Gestaltungschance und Gestaltungsauftrag in unser aller Hände.

Unsere Antwort bei der Stiftung Bürgermut: die API. Eine Netzwerk-Schnittstelle, die in unseren Wirkungsfeldern nach positivem Veränderungspotential Ausschau hält. Drei Themenbereiche haben wir in den vergangenen Wochen identifiziert, in denen, ausgelöst durch die Krise, Energie spürbar und Bedarfe sichtbar wurden. Sie setzen auf unterschiedlichen Ebenen an, von ganz praktisch bis politisch. In diese Felder werden wir bis zum Oktober Zeit und Herzblut stecken, um aus ihnen Bausteine für eine gestärkte (Zivil)Gesellschaft zu entwickeln - agil, also im stetigen Lernen aus dem Tun, und kollaborativ. In einer Blogreihe entwickeln wir den Ansatz, reflektieren die Fortschritte und laden zum Mitmachen ein.

Wie viele Konferenzpläne im sozialen Sektor wohl eingestampft wurden in den vergangenen Monaten? Allein schon am ausgefallenen Deutschen Stiftungstag wird die Lücke spürbar, die sie hinterlassen. Gleichzeitig machen sich viele Akteure auf und experimentieren mit digitalen Formaten. Der Sektor lernt jeden Tag dazu. Wir werden versierter in Technik und Methoden, lösen uns vom digitalen Abziehbild der analogen Tagesveranstaltung und gewinnen mit virtuellen Konferenzen ein neues, wirkmächtiges Instrument zum Austausch und zur Vernetzung hinzu. Mit seinen eigenen Stärken, eigenen Schwächen und eigenen operativen Stolpersteinen. 

Damit wir nicht alle das Rad selbst neu erfinden müssen, sammelt die API Erfahrungen, Tipps und Checklisten von Erfahrungsträgern in einem gemeinschaftlich verfassten, digitalen Handbuch, macht Expert:innen sichtbar und öffnet Orte mit guter technischer Infrastruktur für wirkungsorientierte digitale Großformate.

Mehr dazu im API-Blogpost 2:  Eine virtuelle Konferenzlandschaft im Werden.

Die Kontaktbeschränkungen haben beschleunigt, was sich seit Jahren anbahnt. Zunehmend öffnen sich digitale Zugangswege zu Feldern gesellschaftlicher Teilhabe. Ob Schulunterricht, psychosoziale Dienste, der Dialog zwischen Politiker:innen und Bevölkerung oder das Buchen von Zeitfenstern für den Bibliotheksbesuch: Was vorher an manchen Orten schon digital gestützt war, hat Corona vollständig ins Netz verlegt. Damit vollzieht sich ein wichtiger Bedeutungswandel. Je dominanter der digitale Zugangskanal wird, umso essentieller ist seine demokratische Qualität. Werden die Nutzer:innen-Daten umfassend geschützt? Ist der Software-Code offen, und damit prüfbar und bereit zur Weiterentwicklung? Sind die Anwendungen barrierefrei und inklusiv?

Selten sind sich so unterschiedliche Akteure wie der Bundesbeauftragte für Datenschutz, deutsche Hochschulen, der für die öffentliche IT zuständige Abteilungsleiter im BMI und die digitale Zivilgesellschaft so einig: Die Krise hat uns gezeigt, wie dringend wir gemeinwohlorientierte digitale Ökosysteme brauchen und als Teil von ihnen: gute Software.

Mit der API machen wir uns auf die Suche nach Best Practice Beispielen gemeinwohlorientierter Softwareanwendungen in Teilhabe-relevanten Bereichen, wie dem Einsatz von Moodle als Lernmanagementsystem der nordrhein-westfälischen Schulen. Und wir verbinden relevante Akteure unterschiedlicher Sektoren, damit dem identifizierten Bedarf echte Schritte von Entwicklung, Förderung und Nutzung in der Breite folgen.

Mehr dazu im API-Blogpost 3: Gute Software ist mehr als ein Produkt.

Im dritten Themenfeld fassen wir uns an die eigene Nase und an die all unserer Mitstreiter:innen für eine digital kompetente Zivilgesellschaft: Seit den ersten Kontaktbeschränkungen war der Bedarf an Orientierung und aktuellen Inhalten zum Thema Digitalisierung riesig, waren die Qualifizierungsakteure deutlich gefordert. Die zahlreichen Dubletten zu Themen wie Arbeit im virtuellen Team oder Vergleiche von Videokonferenztools machen dabei deutlich, dass wir viel Energie ins Tun und wenig in die Koordination untereinander gesteckt haben. Ein guter Anlass, um über mehr Miteinander nachzudenken und zu beraten, im gemeinsamen Interesse an positiver gesellschaftlicher Wirkung. In den kommenden Monaten bringt die API unsere vielfältige Landschaft der Digital-Qualifizierenden an den virtuellen Tisch, für konkrete Schritte Richtung #collectiveimpact.

Mehr dazu im API-Blogpost 4: Better together 

Was Stiftungen tun können

Wirken Sie mit! An unseren Projekten, dort wo Sie Anknüpfungspunkte sehen: 

  • Teilen Sie Ihre Erfahrungen und Netzwerke rund um digitale Konferenzen mit uns und schreiben Sie mit am kollaborativen Handbuch. 
  • Es fehlt in Deutschland bisher an Vorreitern analog zur Ford Foundation oder der netgain partnership, die gemeinwohlorientierte digitale Technologie voranbringen - ein neues Engagement- und Förderfeld für deutsche Stiftungen? 
  • Kommen Sie mit an den Tisch, wenn Sie zur Qualifizierungslandschaft für Zivilgesellschaft und Digitalisierung gehören.

Und wichtiger noch: Fragen Sie sich mit Blick auf Ihre eigenen Wirkungsfelder, welche Bausteine für eine bessere Gesellschaft Sie im Schatten der Corona-Krise schaffen können. Das Neue Normal, es wird so gut, wie wir es gemeinsam machen.

Über die Autorin

Carolin Silbernagl ist von Mai bis Oktober 2020 Lead API der Stiftung Bürgermut. In Netzwerken und Kollaborationen arbeitet sie an der Gelegenheit, gesellschaftliches Wirken im Neuen Normal agiler und gemeinschaftlicher zu prägen. Die API ist als Teil des Projekts D3 - So geht digital gefördert vom Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat. Digital-soziale Innovationen hat Carolin zuvor als Vorständin der gut.org gAG und Außenministerin des betterplace lab sowie Mitgründerin des Social Startup dotHIV untersucht, angestoßen und auf die Straße gebracht.

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