Zwei Jahre Nachhaltigkeitsziele – wo stehen wir?

Globales Engagement
25.09.2017
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Die 2030-Agenda für Nachhaltige Entwicklung wurde am 25. September 2015 beim UNO-Nachhaltigkeitsgipfel verabschiedet. Zwei Jahre sind nun vergangen. Was ist seitdem geschehen?

Die 2030-Agenda für Nachhaltige Entwicklung wurde am 25. September 2015 beim UNO-Nachhaltigkeitsgipfel verabschiedet. Es war ein Moment der Hoffnung, die Entwicklung weltweit nachhaltig gemeinsam zu gestalten und somit die Möglichkeit auf eine lebenswerte Zukunft für kommende Generationen aufrechtzuerhalten. Alle 193 Mitgliedsstaaten der UNO haben sich verpflichtet, die vereinbarten globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, kurz SDG) auf nationaler, regionaler und globaler Ebene zu implementieren. Die Zivilgesellschaft – und somit auch Stiftungen – spielt eine zentrale Rolle bei der Umsetzung der 2030-Agenda und der kritischen Reflektion über Angemessenheit und Effektivität von Maßnahmen sowie dem erreichten Grad an Fortschritt.

Zeit für eine Zwischenbilanz

Die ersten zwei Jahre sind nun vergangen. Ein geeigneter Zeitpunkt, eine erste Zwischenbilanz zu ziehen. Was ist seitdem geschehen? Gibt es eine realistische Chance, diesen anspruchsvollen und zugleich so dringlichen Plan zu erreichen? Annette Kleinbrod, EZ-Scout beim Bundesverband Deutscher Stiftungen, hat dazu mit Klaus Milke, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Zukunftsfähigkeit und von Germanwatch e.V. gesprochen:

Annette Kleinbrod: Herr Milke, vor zwei Jahren wurden die Nachhaltigkeitsziele der 2030-Agenda von der UN verabschiedet. Wo stehen wir heute mit der 2030-Agenda?
Klaus Milke: Wir stehen noch ziemlich am Anfang, obwohl von den 15 Jahren bis zum Jahr 2030 schon zwei vergangen sind. Die Uhr läuft also.

A.K.: Warum stehen wir so sehr am Anfang und sind nicht weiter?
K.M.: Kurzfristige Eigeninteressen, Egoismen eines Donald Trump und der Rechtspopulisten, aber auch akute Konflikte wie in Syrien und Nordkorea verstellen den Blick für das, was jetzt schon im Sinne der umfassenden Transformation getan werden müsste.

A.K.: Halten Sie es für realistisch, dass die 2030-Agenda erreicht werden kann?
K.M.: Die Weltgemeinschaft hat sich auf höchst ambitionierte Ziele verständigt, die für den Frieden, globale Gerechtigkeit und die Bewahrung der Lebensgrundlagen unbedingt erforderlich sind. Da ist es ein absolutes Muss, dass sie erreicht werden.

A.K.: Ist das realistisch?
K.M.: Wenn der politische Wille in allen Ländern vorhanden ist, und dafür muss sich die Zivilgesellschaft intensiv einsetzen, ist das auch realistisch.

A.K.: Was muss in Deutschland besser oder anders gemacht werden, damit die Agenda erreicht werden kann?
K.M.: Deutschland hat als reiches, als Ingenieurs- und Bildungsland, gute Voraussetzungen sehr viel zu tun. Die Energiewende ist ein gutes Beispiel, wo etwas mutig begonnen wurde. Doch andere Bereiche wie z.B. die Mobilität oder der Agrar- und Ernährungssektor müssen auch transformativ neu gedacht werden. Das Hauptproblem ist: die Vergangenheit und das „Weiter so wie bisher“ sind immer noch besser organisiert als die Zukunft.

A.K.: Und was ist mit den Kosten für die 2030-Agenda?
K.M.: Ein Umbau der Gesellschaften ist nicht zum Nulltarif zu haben. Was aber ist der Gewinn, wenn wir das „Transforming Our World“ im Sinne der nachhaltigen Entwicklungsziele erreichen? Oder, um es noch klarer zu sagen: was kostet es uns, wenn wir die Ziele der 2030-Agenda nicht erreichen?

A.K.: Wo und wie können deutsche Stiftungen Ihrer Meinung nach einen bedeutenden Beitrag zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele leisten?
K.M.: Stiftungen sind auf Ewigkeit angelegt und insofern mit dem Nachhaltigkeitsgedanken schon an sich eng verbunden. Sie können in ihrem operativen Bereich die SDG mit umsetzen, sie können ihre Geldanlage oder auch ihre Förderung entsprechend ausrichten und sie können in ihrer Zusammenarbeit mit anderen, auch grenzüberschreitend, transformativer wirken.

A.K.: Welche Rolle spielt die Zusammenarbeit mit anderen Stiftungen, der Wirtschaft und dem Staat dabei?
K.M.: Vernetzungen, gemeinsame Projekte und Plattformen können sehr dabei helfen, über den eigenen Tellerrand hinaus zu schauen und gemeinsame Lernkurven zu etablieren. Die G20-Stiftungsplattform „Foundations 20“ ist auch aus dem Grunde zur deutschen G20-Präsidentschaft begründet worden. Sicherlich aber auch, um der Politik zu sagen: „Wir wollen selbst Teil der Lösungen sein.“

A.K.: Können Sie ein Projekt als Beispiel nennen, das zur 2030-Agenda  besonders wirkungsvoll beiträgt?
K.M.: Ich will noch einmal die Energiewende nennen, an der auch einige Stiftungen in Deutschland aktiv beteiligt sind. Das ist ein wichtiges Gesamtprojekt für Deutschland, aber auch eines mit Strahlkraft für die Welt!

A.K.: Welchen Beitrag leisten Sie persönlich zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele?
K.M.: Ich habe die Stiftung Zukunftsfähigkeit aus dem Verkaufserlös eines mittelständischen Unternehmens gegründet, mich also bewusst von eigenem privatem Vermögen getrennt, um gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen.


Was ist ihr Beitrag zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele? 
Kontaktieren Sie uns in den Sozialen Medien, auf Twitter oder Facebook und diskutieren Sie mit uns, wie deutsche Stiftungen effektiv zur 2030-Agenda beitragen können!

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