Do-No-Harm-Ansatz für Stiftungen

03.12.2017
Globales Engagement
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Um zu vermeiden, dass Projekte ungewünschte Nebenwirkungen haben, ist gute Planung notwendig. Können global engagierte Stiftungen dabei von dem Do-No-Harm-Ansatz lernen?

Über die Notwendigkeit, gut zu planen, um die gewünschten Wirkungen zu erzielen

Viele Stiftungen sind global engagiert, um Lebensbedingungen in anderen Ländern im Sinne ihres Stiftungszwecks zu verbessern. Für die Menschen vor Ort und die Erreichung der Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030 ist das eine sehr wichtige Unterstützung. Bei allen guten Absichten kommt es jedoch immer wieder einmal vor, dass Projekte ungewünschte Nebenwirkungen haben, die eher schaden als nutzen. Wie lässt sich das vermeiden? Können Stiftungen dabei von dem Do-No-Harm-Ansatz lernen?

Wieso ein Do-No-Harm-Ansatz?

Richte keinen Schaden an! Das ist der eindringliche Appell des sogenannten Do-No-Harm-Ansatzes, der Anfang der 1990-er Jahre von einer Gruppe von Nichtregierungsorganisationen und der Amerikanerin Mary B. Anderson entwickelt wurde. Sie hatten beobachtet, dass finanzielle und materielle Unterstützung, die eigentlich zur Linderung der Not der Menschen in Krisen- und Konfliktgebieten gedacht war, teils auch für politische und militärische Zwecke genutzt oder missbraucht wurde und somit unerwünschte Auswirkungen auf den Konflikt hatte. Es ging der Gruppe darum, zu verstehen, welche Mechanismen die Ursache dafür sein können und wie die Nothilfe konfliktsensibel geplant werden kann, damit sie den Menschen vor Ort wirksam helfen kann und Konflikte nicht verstärkt werden. Heute ist der Do-No-Harm-Ansatz weit verbreitet und gilt als Grundlage für die Entwicklungszusammenarbeit bei der Stärkung von Frieden und Stabilität.

Vorgehensweise des Do-No-Harm-Ansatzes

Der Do-No-Harm-Ansatz geht in sieben aufeinanderfolgenden Schritten vor, um die Situation vor Ort sehr gut einzuschätzen und darauf basierend Maßnahmen zu planen, die die gewünschten Wirkungen erzielen:

  1. Kontext des Konfliktes analysieren und verstehen.
  2. Analyse der Faktoren, die die Konfliktparteien spalten, und der Ursachen, die Spannungen hervorrufen
  3. Analyse von Faktoren, die Gemeinsamkeiten schaffen und Spannungen überwinden können
  4. Analyse des geplanten Projektes und der eigenen Organisation
  5. Analyse der Wirkungen des geplanten Projektes auf den Konflikt, sowohl in Bezug auf den Ressourcentransfer (Geld und Mittel) als auch auf die ethischen Botschaften
  6. Projektoptionen generieren: Wie können negative Wirkungen vermieden und positive Wirkungen verstärkt werden?
  7. Testen der Optionen und Anpassung des Projektes

Warum ist dieser Ansatz wichtig für Stiftungen?

Für Stiftungen, die in Konflikt- und Krisengebieten tätig sein wollen, oder es schon sind, ist der Do-No-Harm-Ansatz eine wertvolle Methode zur Überprüfung ihrer Projektplanung. Auch für alle anderen Stiftungstätigkeiten im globalen Umfeld bietet der Ansatz eine wertvolle Orientierungs-und Planungshilfe: Wenn wir als Menschen, die in Deutschland oder Westeuropa aufgewachsen sind, Projekte planen und implementieren, so tun wir das in der Regel basierend auf unseren Erfahrungen und unserer Kultur. Dabei ist jedoch zu bedenken, dass wir einen Counterpart brauchen, der uns hilft, die Situation in dem Land, für das unser Projekt geplant ist, gut zu verstehen. Dazu gehört auch, sich bewusst zu machen, inwieweit allein unsere Anwesenheit in dem von uns ausgesuchten Land und die Ankündigung, dass eventuell ein Projekt geplant werden könnte, bereits Hoffnungen und Wünsche bei den Menschen vor Ort hervorrufen kann oder auch Planungen auf ihrer Seite initiiert, von denen wir nichts wussten und sie gegebenenfalls auch gar nicht für sinnvoll erachtet hätten. Eine sehr genaue, reflektierende Analyse der Situation vor Ort und des eigenen Projektes sowie der intendierten Wirkungen ist unabdingbar. Das erfordert Zeit, Engagement, Ehrlichkeit und vielfach auch Mut und Demut, um im Sinne des Stifterwillens Nutzen zu erzielen und Schaden zu vermeiden.

Literatur 

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