„Ein Birnbaum in seinem Garten stand“

Birnenbaum
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© Joanna Stołowicz / Unsplash
20.12.2019
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2019 jährt sich zum 200. Mal der Geburtstag des Dichters Theodor Fontane. Mit seiner Ballade „Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland“ hat er dem Stiftungsgedanken ein literarisches Denkmal gesetzt.

Als Theodor Fontane 1819 in der Brandenburgischen Kleinstadt Neuruppin geboren wird, ahnte noch keiner, was für ein gefeierter Autor einmal aus ihm werden würde. 2019, im Fontanejahr, feiert ihn die geistige Welt des Landes erneut: Neuauflagen erscheinen, kluge Analysen seines literarischen Schaffens werden publiziert und Vorträge und Lesungen finden überall im Land statt. So auch eine Gedächtnisveranstaltung in der tiefen preußischen Provinz, in Witten an der Ruhr, an der dortigen privaten Universität Witten/Herdecke. Angesetzt ist eine Lesung aus seinem Werk, die mit einem Gedicht-Vortrag einer Studentin aus der Theatergruppe beginnt. Gelesen wird eines der bekanntesten Gedichte des Dichters: ‚Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland‘.

Dem Wohle der Allgemeinheit dienen

Während der Lesung hatte ich ein Aha-Erlebnis: Offensichtlich wurde Fontanes Verfassen des Gedichts von der Welt der Stiftungen inspiriert. Ganz auffällig ist das bei den letzten beiden Zeilen: „So spendet Segen noch immer die Hand / des von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland“. Der „alte Ribbeck“ teilte zu Lebzeiten an die Kinder des Dorfes milde Gaben aus: reife Birnen aus seinem Garten, die „leuchteten weit und breit“. Diese Geste des guten Willens sollte auch über den Tod hinaus fortgesetzt werden. Auf seine Nachfolger wollte er sich bei dieser Zweckerfüllung jedoch nicht verlassen.

So fand er eine Lösung, die seinen Spenderwillen in einen Stifterwillen verwandelte: Angesichts des nahenden Todes bat er um eine Birne als Grabbeilage. Aus ihr entspross nach einiger Zeit ein Birnbaum, der bald Jahr für Jahr Früchte trug, die der Dorfjugend zum Verzehr bereitstanden. Auf dem jedem Dorfbewohner öffentlich zugänglichen „Kirchhof“ konnte sich die Dorfjugend „in der goldenen Herbsteszeit“ frei bedienen. Die den Stiftungen eigene lange Dauer war damit hergestellt; Mutter Natur garantierte für eine lange Zeit reichhaltige Erträge. Und die Heiligkeit des Kirchhofs sorgte dafür, dass das auf Ewigkeit so blieb. So kommt denn diese „Stiftung“ ganz ohne eigene Verwaltung aus; sie gehört sich selbst und verwaltet eigenständig. Aus Wohltaten zu Lebzeiten wurden so Stiftungsgaben zur Freude und Erbauung der Jugend. So können auch Birnen „dem Wohle der Allgemeinheit dienen“.

Über den Autor

Dr. Klaus Neuhoff ist Leiter des Instituts Stiftung und Gemeinwohl an der Universität Witten/Herdecke.

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