Digitalisierung als Game Changer für Stiftungen

Digital-Report 2020
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01.07.2020
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Der kurz vor der Corona-Krise erstellte DIGITAL-REPORT 2020 von Haus des Stiftens zeigt die gesamte Bandbreite ungenutzter Potenziale im Non-Profit-Sektor. Rund 5.000 Non-Profit-Organisationen gaben im November 2019 Auskunft zu ihrem digitalen Status quo. Er ist somit die aktuell größte Befragung zum Thema Digitalisierung im gemeinnützigen Sektor. 

Warum der gemeinnützige Sektor dringend digitaler werden muss 

Der Schrecken sitzt vielen Stiftungen noch in den Gliedern. Mitte März 2020 verordnete die deutsche Regierung den bundesweiten Lockdown und tausende NPOs wurden quasi über Nacht handlungsunfähig. Die digitale Infrastruktur, um mit Mitarbeitern oder Mitgliedern zu kommunizieren, war in vielen Fällen unzureichend ausgebaut. Angebote für die Mitglieder oder Stakeholder auf digitalem Weg fortsetzen? Fehlanzeige. Stiftungen, Hilfsorganisationen und soziale Einrichtungen wie etwa die Caritas oder das Rote Kreuz sind aber auf funktionierende digitale Strukturen angewiesen, um ihren sozialen Auftrag erfüllen zu können. Die fehlende Digitalisierung wird gerade in gesellschaftlichen Ausnahmesituationen schmerzlich bewusst.

Der kurz vor der Corona-Krise erstellte DIGITAL-REPORT 2020 von Haus des Stiftens zeigt die gesamte Bandbreite ungenutzter Potenziale im Non-Profit-Sektor. Rund 5.000 Non-Profit-Organisationen gaben im November 2019 Auskunft zu ihrem digitalen Status quo. Er ist somit die aktuell größte Befragung zum Thema Digitalisierung im gemeinnützigen Sektor.

DIGITAL-REPORT 2020: Potenziale der Digitalisierung werden nicht ausgeschöpft 

Die Studienergebnisse nahmen in der Theorie vorweg, was die Corona-Krise dann praktisch bestätigte. Digital gut oder sehr gut aufgestellte NPOs konnten ihr Tagesgeschäft nahezu ohne Einschränkung fortsetzen. Ein sehr positives Praxisbeispiel – und Befragungsteilnehmer beim DIGITAL-REPORT 2020 – ist der Fußballverein TC Freisenbruch 1902 e.V. aus Essen. Er lässt seine Mitglieder virtuell über alle wichtigen Fragen mitentscheiden – von der Mannschaftsaufstellung bis zum Preis der Currywurst beim Platzverkauf. Vor kurzem startete die erfolgreiche Fundraising-Initiative „Geisterspiel-Tickets“. Dementsprechend erlebt der Verein seit seiner Digitalinitiative einen starken Mitgliederzuwachs und trotzt der Corona-Krise.  

Der Schritt zu virtuellen Dienstleistungen oder Mitgliederversammlungen per Videokonferenz ist für derart digital aufgestellte NPOs ein Leichtes. Das Gros im Non-Profit-Sektor ist von einem TC Freisenbruch aber weit entfernt. Der DIGITAL-REPORT 2020 bringt die Gründe für die mangelhafte Digitalisierung ans Licht:

  • Einseitiges Digitalisierungsverständnis
    Für 86 Prozent der befragten NPOs ist Digitalisierung nur ein Mittel der Arbeitserleichterung. Demgegenüber stehen lediglich 47 Prozent der Organisationen, die in der Digitalisierung auch die Möglichkeit sehen, ihre gesellschaftliche Wirkung zu steigern. 
  • Potenziale digitaler Schlüsseltechnologien werden nicht erkannt 
    Nur 2 Prozent der Organisationen geben an, ein Potenzial in digitalen Schlüssel-technologien wie künstliche Intelligenz oder Blockchain-Technologie zu erkennen. Erfolgsbeispiele wie der Einsatz künstlicher Intelligenz zur Bekämpfung des Bienensterbens (www.apic.ai), eine Blockchain für Transparenz in der Lieferkette (www.circulartree.com) oder die Anwendung von Virtual Reality zur Übung von Rettungseinsätzen (www.day-care.tech) sind bisher leider Ausnahmeerscheinungen.  
  • Investitionen insbesondere in personelle Ressourcen bleiben aus 
    Eine erfolgreiche digitale Transformation erfordert zusätzliches Wissen, Kompetenzen und Strukturen. Laut Studie stagnieren IT-Budgets aber aktuell bei 47 Prozent der NPOs. Alarmierend dabei: Nur 8 Prozent der derzeitigen IT-Investitionen fließen in das IT-Personal, wohingegen 59 Prozent für Hard- und Software eingesetzt werden. Drei Viertel der NPOs planen auch in Zukunft keine Investitionen in das eigene IT-Personal. 
  • Chronischer Mangel an personellen und finanziellen Ressourcen 
    Das Problem ist gerade im überwiegend ehrenamtlich organisierten Non-Profit-Sektor systemimmanent: Rund 60 Prozent der Befragten sehen im Ressourcenmangel das größte Problem. Demgegenüber sieht sich aktuell nur rund jeder sechste Studienteilnehmer gut positioniert, um sich erfolgreich zu digitalisieren. 

Gradmesser für effiziente Nutzung von Ressourcen und Investitionen 

Der DIGITAL-REPORT 2020 zeigt, dass Organisationen, die digital reifer sind, einen besseren Zugang zu Ressourcen haben können als solche, die weniger digital sind. Das drückt sich beispielsweise in Form eines höheren Spendenvolumens oder einer größeren Mitgliederzahl aus. Es lohnt sich also, das Thema Digitalisierung anzugehen.

Unter www.digital-report.org steht der DIGITAL-REPORT 2020 zum kostenlosen Download bereit. Unter derselben Webadresse können Stiftungen individuelle Datenanalysen auf Basis der Studienergebnisse vornehmen oder im Digital-Schnellcheck ihren individuellen digitalen Reifegrad ermitteln. 

Über den Autor

Marcus Becker, Haus des Stiftens gGmbH  
Berater Unternehmenspartner, Projektleiter „Digital-Report 2020“ 

Marcus Becker ist seit November 2018 im Haus des Stiftens im Team der Programmentwicklung als Berater für Unternehmenspartner tätig. Er studierte Soziologie und Betriebswirtschaft und bringt mehrjährige Erfahrung als Corporate Social Responsibility Manager in einem DAX-Konzern mit ins Team. In Zusammenarbeit mit dem BMI verantwortete Marcus Becker die Entwicklung und Veröffentlichung des DIGITAL-REPORT 2020.

Über den DIGITAL-REPORT 2020

Der DIGITAL-REPORT 2020 ist die aktuell größte Erhebung in Deutschland zur Digitalisierung im gemeinnützigen Sektor. Initiiert und herausgegeben wurde der Report von der Haus des Stiftens gGmbH (Projektträger) und gefördert vom Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat. Wissenschaftliche Leitung: Lehrstuhl für Corporate Social Responsibility der Universität Mannheim. Konzeption und Entwicklung Self-Service-Portal: CorrelAid e.V. 

www.digital-report.org

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