Philanthropie ist ein feministisches Thema

Geschlechtergerechtigkeit
18.09.2020
Geschlechtergerechtigkeit
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Soll es voran gehen mit der Menschheit, müssen die Stimmen von Frauen durch philanthropische Mittel unterstützt werden, ihre Wahlmöglichkeiten, Partizipation, Bildung und Existenzgrundlagen.

"Feministische Philan­thropie ist kein Akt von Wohltätigkeit oder Macht. Sie ist ein Akt der Solidarität und gegenseitiger Bestärkung."
Fondo Centro­americano de Mujeres

Im Mai 1983 veröffentlichte die New York Times den Artikel "Feministische Philanthropie tritt ihr Erbe an". Er hob die wachsende Zahl von Stiftungen und Spendenkreisen hervor, gegründet, um die Vernachlässigung von Frauenthemen durch die Philanthropie wiedergutzumachen. Diese feministischen Philanthrop*innen bezogen ihre Leidenschaft und Motivation aus einem tief sitzenden Ärger über die rückschrittlichen Lebensbedingungen, Erfahrungen mit systemischer Unterdrückung sowie die Benachteiligung von Frauen, Mädchen, Transpersonen und anderen nicht-gendertransformen Personen in allen Generationen, Gemeinschaften, auf allen Kontinenten.

Im Alliance Magazine, das im Dezember 2019 mit dem Schwerpunkt „Feminist Philanthropy“ erschien, geben wir (als Gastherausgeberinnen) den Leser*innen einen Überblick über aktuelle feministische Philanthropie und möchten Geldgeber*innen dazu inspirieren, enger zusammenzuarbeiten. Dabei war uns wichtig, den Ärger zu bekräftigen, die Frauen dazu bewegt, eigene Lösungen zu finden gegen das Unglücksein, ihr Generationstrauma und die Herabwürdigungen. Ihre Lösungen passen in Reichweite, Klugheit und Mitteleinsatz zu den Fak­toren, welche herrschende Systeme und Strukturen stützen und damit ihren Schmerz fortführen: das Patriarchat, heterosexuelle Hegemonie, Kapitalismus, weiße Vorherrschaft, neoliberale und imperialistische Strategi­en.

Zur Jahrtausendwende entschieden sich immer mehr Philanthrop*innen, Bürgerstifter*innen und private Stiftungen Themen von Frauen, Mädchen, Trans- und nicht-genderkonforme Personen zu unterstützen. Inzwischen haben einige Regierungen feministische Ansätze in ihre Strategien zur internationalen Entwicklung aufgenommen – darunter Schweden, Kanada, Frankreich und Wales. Diese Anerkennung zeigt, dass Stimmen von Frauen, Wahlmöglichkeiten, Teilhabe, Bildung und Existenzgrundlagen mehr Mittel benötigen, um Fortschritte für die gesamte Menschheit zu erreichen.

Murray, Gary, Klein: die Vorreiterinnen der feministischen Philanthropie

Neben der Freude, die durch neue Mitstreiter*innen im Spektrum feministischer Förderung ausgelöst wird, wollen wir frühe feministische Philanthropinnen wie Anne Firth Murray, Tracy Gary und Kim Klein nicht vergessen. Sie waren Vorreiterinnen bei der Förderung von gerechten, fürsorglichen und partizipativen Arten des Gebens für Gemeinschaften, ebenso wie sie einige grundlegende sozio-politische und wirtschaftliche Themen herausstellten, welche in der Breite der Philanthropie erst jetzt ankommen: Gewalt gegen Frauen, die Krise der demokratischen Institutionen und zunehmende Ungleichheit.

Was ist feministische Philanthropie?

Feministische Philanthropie ist weit mehr als die Förderung von Frauenthemen. Der Fondo Centro­americano de Mujeres, ein Frauenfonds in Nicaragua, definiert sie so: "Feministische Philan­thropie ist kein Akt von Wohltätigkeit oder Macht. Sie ist ein Akt der Solidarität und gegenseitiger Bestärkung. Lösungen für Probleme, mit denen Frauen konfrontiert sind, werden als eine Sache in gemeinsamer Verantwortung betrachtet."

Dabei geht es nicht nur um finanzielle Förderung. Die Gründerin des Global Fund for Women, Anne Firth Murray, schreibt: "Das Wie hat die Macht, Systeme, Strukturen, Haltungen und Verhalten zu verändern auf beiden Seiten – die Menschen, die geben, und die Empfänger*innen  –  es ist nicht das Wieviel."

Feministische Philanthropie ist ein politischer Akt. Sie will Auffassungen von Macht, Privilegien und Ressourcen in Frage stellen und verändern. Ihr Ansatz, Aktivist*innen und Gemein­schaften zu unterstützen, erkennt an, dass diese Gemeinschaften das Wissen, die Macht und Ressourcen haben, um Veränderungen zu bewirken und ­dass Geld dabei eine ergänzende Rolle spielt. Feministische philanthropische Aktivist*innen und Forscher*innen argumentieren, dass selbst­geführte Frauengruppen, denen Geld ausgehändigt wird, am wirksamsten gegen Gesetze und Praktiken vorgehen, die sie unterdrücken und benachteiligen. Die feministische Bewegung in Irland, die für fortschrittliche Gesetze zum Recht auf Abtreibung eintrat, ist dafür nur ein Beispiel von vielen. Feministische Philanthropie empfiehlt ein horizontales Modell der Zusammenarbeit, das von Solidarität inspiriert ist und auf Vertrauen zwischen Geber*innen und Aktivist*innen beruht. In dieser Hinsicht gleicht sie philanthropischen Organisationen, die sozialen Wandel anstreben. Der Auf­bau von resilienten feministischen Institutionen hat sich weltweit als der wirksamste Hebel für sozialen Fortschritt herausgestellt.


Feministische Philanthropie – Zehn Prinzipien für die Förderung

  1. 1. Fördert diejenigen, die am stärksten von geschlechterbezogener Unterdrückung betroffen sind;
  2. 2. Fördert an der Schnittstelle von Frauenrechten und LGBTQI-Befreiungsbewegungen;
  3. 3. Nutzt einen intersektionalen Ansatz, um einseitige Förderungen aufzubrechen;
  4. 4. Stellt flexible und langfristige Basisfinanzierung für Aktivist*innen bereit;
  5. 5. Fördert, was gesellschaftlichen und kulturellen Wandel herbeiführt - neben und als Bestandteil von rechtlichem und politischem Wandel;
  6. 6. Unterstützt den Aufbau von Bewegungen zu Querschnittsthemen und überregional;
  7. 7. Macht mehr als finanzielle Förderung: begleitet die Aktivist*innen durch Weiterbildungen, Organisationsentwicklung und unterstützt sie in ihrer Führungsrolle;
  8. 8. Investiert in ganzheitliche Sicherheit und heilende Gerechtigkeit;
  9. 9. Unterstützt die Arbeit an der Schnittstelle von feministischem Aktivismus, digitalen Rechten und der Freiheit des Internets;
  10. 10. Arbeitet mit - von Frauen und anderen Aktivist*innen geführten - Fonds zusammen, damit Finanzierung auf der Graswurzelebene ankommt.

Die Prinzipien für feministisches Fördern wurden von der Astraea Lesbian Foundation for Justice entwickelt.


Die Formen der Unterdrückung aufgrund des Geschlechts überschneiden sich mit anderen Formen von Diskriminierung. Der Kampf gegen ethnisch-kulturelle Diskriminierung ist eng verbunden mit vielen anderen Themen – Misogynie, heterosexuelle Hegemonie, sexuelle und Reproduktionsrechte, die Rechte von Sexarbeiter*innen und Gerechtigkeit für Migrant*innen  –  zumal nicht-weiße Menschen, überproportional stark von Gesundheits-, Einwanderungs- und Arbeitspolitik sowie Strafjustiz betroffen sind.

Feministische Philanthropie wendet sich, indem sie herrschende Wirtschaftssysteme in Frage stellt, gegen die Ausbeutung von öffentlichen Gütern und natürlichen Ressourcen. Denn Ausbeutung zerstört Ökosysteme, beschleunigt den Klimawandel und betrifft unverhältnismäßig stark arme und machtlose Menschen, zumeist Frauen und Kinder. Feministische Philanthropie unterstützt die aktive Beteiligung von Frauen an Entscheidungsprozessen und im Umgang mit den natürlichen Ressourcen. Dieser Aspekt feministischer Philanthropie spiegelt sich in der Arbeit der Global Alliance for Green and Gender Action (GAGGA). Wenn Bewegungen intersektional gefördert werden, lassen sich die wichtigsten systembedingten Faktoren bearbeiten, die Ungerechtigkeit bewirken.

Ein praktisches Beispiel für diesen intersektionalen Ansatz ist der Sudan, wo verschiedene Bewegungen – Geschäftsleute, religiöse und kulturelle Gruppen, der kreative Sektor und die LGBTQI-Bewegung zusammenkamen und eine entscheidende Rolle bei der Amtsenthebung von Präsident Omar Al Bashir spielten. Feministische Philanthropie trug dazu bei, die Bewegung voranzutreiben, das Momentum zu erhalten und unterstützt jetzt die strategische Beteiligung von Frauen in der Umbruchphase.

Macht verstehen

Feministische Philanthropie beruht auf der Analyse von Machtstrukturen.

  • "Innere Macht" erhöht die Kraft, Stimme, Weisheit und die Wahlmöglichkeiten, die Frauen und Gemeinschaften besitzen.
  • "Macht für" liefert die Munition, um Machtsysteme zu zerstören, die Frauen und ihre Gemeinschaften unterdrücken und marginalisieren.
  • "Macht mit" inspiriert ge­mein­­sames Schaffen, den Aufbau von Bewegungen und das Teilen von Macht, um für soziale und Geschlechtergerechtigkeit, für (rechtliche) Gleichstellung und (soziale) Gleichberechtigung zu kämpfen.

Die genannten Typen von Macht sind beteiligt am Abbau hierarchischer Formen der Phi­lan­thropie, die auf:

  • "Macht über" beru­hen, was sich vor allem in Institutionen zeigt, die vorgeben, allwissend zu sein­, die Ressour­cen kontrollie­ren und denken, dass Gemeinschaften "Hilfe" brau­chen.

Feministische Philanthropie ist vor­sich­tiger als alle anderen Arten der Philanthropie, ausbeuterische Machtdynamiken nicht zu replizieren.

Caitlin Stanton, Kellea Miller und Esther Lever argumentieren in einem Artikel über die Prinzipien feministischer Philanthropie, dass sie zweifach Wandel bewirken - erstens auf der Ebene, wo die Ressourcen herkommen, und zweitens da, wo sie eingesetzt werden. Sie bedient kein lineares, sondern ein zirkuläres Modell, das die Bedeutung des Gebens für die Gebenden und für die Empfangenen anerkennt. Beide Gruppen haben die gleiche Macht, zur Erreichung von Frauenrechten, Geschlechter- und sozialer Gerechtigkeit beizutragen. Das wird durch FRIDAs Modell der partizipativen Förderung (Abonnement) vermutlich am besten veranschaulicht.

"Feministische Philanthropie weiß um die Macht der Stimme. Sie engagiert sich für die Unterstützung und Schaffung von Räumen, in denen die Stimmen von Frauen Diskurse, Politik und Wahrnehmungen gestalten."

Intersektional arbeiten

Frauenfonds, in Form von Stiftungen mit einer politischen Vision, spielen eine entscheidende Rolle, um einen feministischen – auf Rechten basierenden – Ansatz in die Philanthropie einzuführen. Diese Fonds entstehen aus den Bewegungen, für die sie arbeiten. Daher wissen und verstehen sie, wo die Ressourcen am meisten gebraucht werden und sind oft die ersten Förderquellen für Gruppen, die von der etablierten Philanthropie nicht beachtet werden. Dass Frauenfonds die Werte und Prinzipien feministischer Philanthropie verinnerlicht haben, legitimiert sie. Frauenfonds sind sich der Intersektionalität absolut bewusst. Für Astraea ist Intersektionalität ein Hauptprinzip feministischen Gebens (s. Kasten).

Körperpolitik (Body politics)

Sexualität von Frauen, reproduktive Gesundheit und Wahlmöglichkeiten sind wichtig für die Dekonstruktion des Patriarchats. Daher wertschätzt feministische Philanthropie körperliche Individualität, Autonomie und Integrität, denn diese Aspekte überlagern politische Diskurse und Verteilungsprozesse. Sie priorisiert Frauen, Mädchen, Trans- und Interpersonen in ihrer Arbeit. Da Körper politisiert werden, stellt feministische Philanthropie sicher, dass Körperpolitik in den Gesprächen über Geld und Macht eine zentrale Rolle einnimmt.

Solche Themen werden nur selten diskutiert, besonders nicht in Gruppen, die quasi keine Anerkennung finden. Feministische Philanthrop*innen unterstützen deshalb bewusst das Recht auf Abtreibung, die Rechte von Sexarbeiter*innen und LGBTQI-Rechte. 2014 gewann die Transgender-Aktivistin Audrey Mbugua aus Kenia, eine Stipendiatin des Urgent Action Fund-Africa, einen richtungsweisenden Prozess: Der Oberste Gerichtshof des Landes ordnete an, dass der Nationale Kenianische Prüfungsrat die Genderbezeichnungen auf ihren akademischen Zeugnissen ändern muss. Das Urteil war ein juristischer Präzedenzfall, der Geschlechtergerechtigkeit in Afrika ausweitete und anderen nicht genderkonformen Personen die Gelegenheit gab, ihre Identität anerkennen zu lassen.

Solidarität hat die #Metoo Bewegung geprägt, in der Tausende von Frauen, Mädchen, Transpersonen und nicht genderkonforme Personen ihre Erfahrungen mit sexueller Belästigung teilten, was bei Regierungen und Institutionen zu einem Wandel der Politik führte. Der aktuelle Hashtag #Totalshutdown in Südafrika hat ebenfalls Solidarität unter Frauen gegen sexuelle, physische, emotionale und wirtschaftliche Gewalt bewirkt.

Stimmen, Fürsorge und Wohlbefinden vervielfältigen

Feministische Philanthropie weiß um die Macht der Stimme. Sie engagiert sich für die Unterstützung und Schaffung von Räumen, in denen die Stimmen von Frauen Diskurse, Politik und Wahrnehmungen gestalten. In den meisten Ländern sind es nur wenige Frauen, die mutig gegen Unterdrückung aufstehen und für andere mitsprechen – beispielsweise für die Verteidiger*innen der Menschenrechte, die unter schwierigsten Umständen arbeiten. Mama Cash ist ein Beispiel eines Frauenfonds, der Frauen, Mädchen und Transpersonen unterstützt, damit sie ihre Geschichten erzählen und so ihre Arbeits- und Lebensbedingungen beeinflussen können. Diese Unterstützung hat viele Formen - Lobbyarbeit in Parlamenten und Nutzung von Medien, um spezifische Themen auf die Tagesordnung zu bringen und Normen zu verändern. Eine solche Arbeit kann riskant sein und das Leben von Frauen und nicht-genderkonformen Aktivist*innen sowie ihnen nahestehenden Personen gefährden. In den letzten Jahren hat feministische Philanthropie der Selbstfürsorge feministischer Aktivist*innen besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Beispiele dazu findet man beim Urgent Action Fund-Africa, der federführend bei der Errichtung der African Women's Human Rights Defenders Plattform ist – auch bekannt als The Feminist Republik – sowie das bereits erwähnte Fürsorgemodell von FRIDA.

Es ist wichtig zu wissen, dass die Arbeit für (rechtliche) Gleichstellung und (soziale) Gleichberechtigung prozessorientiert, langsam und herausfordernd ist. Doch da sie selbst aus den Bewegungen kommen, verstehen feministische Aktivist*innen, wie anstrengend es ist, Systemen und Strukturen zu entgiften; wie kräftezehrend, Herzen und Köpfe für Frauenrechte, Gender- und sozialer Gerechtigkeit zu gewinnen. Vielleicht braucht feministische Philanthropie mehr als jede andere Form von Philanthropie Geduld. Die Dinge brauchen so lange, wie sie brauchen. Feministische Philanthrop*innen setzen ihre Geförderten nicht unter Druck und verlangen nicht nach sechs oder zehn Monaten Ergebnisse. Sie sind geduldig, weil sie wissen, wie es sich anfühlt, permanent unter Beschuss zu stehen.

Im globalen Kontext erodiert derzeit die (rechtliche) Gleichstellung, die die Grundlage demokratischer Gesellschaften bildet. Religiöse Fundamentalismen, die Geschlechter zutiefst ungleich behandeln bis hin zur "Gender-Apartheid", nehmen Fahrt auf. Doch die Maschinerie der Macht und Systeme, die zur Unterdrückung von Frauen beitragen, erleben an jeder Ecke Widerstand. Im letzten Jahr­zehnt hat die Sichtbarkeit von feministischem Aktivismus und feministischer Mobilisierung erheblich zuge­nommen. Im Sudan war die Rolle der Frauen während der Proteste, die das Land und die Regie­rung transformierten, ausschlaggebend und Frauen standen an der Spitze dieser Bewegung. Die restriktive Umgebung im Sudan, in der die Frauenbewegung und -organisationen überwacht wurden, bewirkte, dass sie innovative Wege für Wider­stand fanden. Die Frauen kaperten Facebook-Gruppen, um Mitglieder der machtmissbrauchenden Sicher­heitskräfte anzuprangern. Frauen marschierten auf den Straßen und initiierten einen der größten Proteste des Landes. Nicht nur im Sudan, auch Frauen in Uganda, Nigeria, Algerien, Indien, Fuji, Honduras und in anderen Ländern treten mit ihren Stimmen, mit ihrer Energie und in ihren Organisationen für radikalen sozialen Wandel und eine Gesellschaft ein, in der die Körper von Frauen, ihre Anwesenheit und ihre Fähigkeiten respektiert werden.

Dennoch werden die demokratischen Institutionen, die Frauen Schutz bieten, weiter attackiert. Am 14. November 2018 hat die kenianische Ärztekammer (Medical Practitioners and Dentist Council) angeordnet, dass die NGO Marie Stopes alle Dienstleistungen im Zusammenhang mit Abtrei­bun­gen in Kenia einstellen muss. Feministische Philanthropie ist eine große Stütze, den Kampf fortzusetzen, und wird mehr denn je gebraucht.

Gender-Blindheit verstärkt den Status Quo

Warum gibt es nicht mehr Unterstützung? Nicht-feministische Geldgeber*innen sagen oft, dass sie Frauen und nicht-binäre Menschen, indem sie sie gesondert adressieren, nicht diskriminieren möchten – doch genau dadurch verstärken sie die Machtschieflage. Wenn wir privilegiert sind, ist nichts, selbst wenn es so scheint, neutral. Philanthropie aus dem globalen Norden muss ihre Gender-Blindheit ablegen. Gremien, Führungskräfte und Mitarbeitende in Stiftungen sollten sich mit dem Konzept von "Verschiedenheit" vertraut machen, mit dem Teilen von Macht und der Förderung von Beziehungen, die auf Vertrauen beruhen. Menschen mit erwiesener Gender-Expertise und -Erfahrung brauchen wir in Führungspositionen.

In Mexico Stadt hat sich im August 2019 eine Gruppe von feministischen Aktivist*innen getroffen, um das 25-jährige Jubiläum der 4. UN-Weltfrauenkonferenz 1995 in Peking strategisch vorzubereiten. Sie entwickelten die Beijing-Aktionsplattform und sagten: "Wenn wir Beijing+25 begehen, müssen wir die Erfolge in Bezug auf Frauenrechte feiern und verstärken. Wir müssen unseren Zorn über die Krisen unserer Gemeinschaften und der Umwelt zügeln, aufbauen auf die Hoffnung, auf die Mobilisierung und transformative Aktionen von Frauen. Und wir müssen gemeinsam mit anderen Widerstands- und Befreiungsbewegungen handeln, solidarisch mit ihnen sein, und Rechenschaft von Staaten und dem privaten Sektor einfordern."

Wir hoffen, dass die Alliance-Ausgabe „Feministische Philanthropie“ neue Richtungen aufzeigen und viele inspirieren kann, mit uns die Aufgaben anzugehen, die noch vor uns liegen.


Leicht gekürzte Fassung des Artikels, der im Alliance Magazine, Dezember 2019, erschienen ist. Übersetzt von Sabine Friedel, redigiert von Anke Pätsch.

Contribution by our partner Alliance Magazine

We hope you enjoy reading these articles from our latest Feminist Philanthropy issue! We would love for you to read the rest of this special feature, with articles including “Shifting the power in a feminist funding ecosystem” by Kellea Miller (AWID) and “The future of foundations is female” by Anke Pätsch (BDS) and Katja Wagner (PHINEO).

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Über die Autoren

Ndana Bofu-Tawamba (Geschäftsführerin beim Ugent Action Fund-Africa) und Ise Bosch (Gründerin von Dreilinden)

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