Business Judgement Rule, historischer Stifterwille, Surrogationsthese – Begriffe wie diese gehören bei der Stiftungsrechtsreform zum Grundvokabular. Unser Glossar hilft, dabei den Überblick nicht zu verlieren.
Business Judgement Rule
Die sogenannte Business Judgement Rule besagt: Stiftungsorgane verhalten sich immer dann pflichtgerecht, wenn sie unter Beachtung der gesetzlichen und satzungsmäßigen Vorgaben vernünftigerweise annehmen durften, auf Grundlage angemessener Informationen zum Wohl der Stiftung zu handeln. Im Regierungsentwurf zur Stiftungsrechtsreform ist die Business Judgement Rule enthalten. Sollte sie auch in die Novelle des Stiftungsrechts Eingang finden, würde dies die Organe der Stiftungen vor unangemessener Haftung schützen. Denn wer bei der Auswahl etwa der Finanzanlagen sorgfältig handelt, ausreichend Informationen einholt, gesetzliche und satzungsmäßige Vorgaben beachtet und dies dokumentiert, dem kann der Business Judgement Rule zufolge grundsätzlich keine Pflichtverletzung vorgeworfen werden.
Bundeseinheitliches Stiftungsrecht
Bisher wurde das deutsche Stiftungsrecht durch die jeweiligen Stiftungsgesetze der 16 Bundesländer konkretisiert. Die Folge: In den einzelnen Ländern gibt es für die dort ansässigen Stiftungen unterschiedliche rechtliche Vorgaben. Diese Zersplitterung der Rechtslage hat zu erheblicher Rechtsunsicherheit geführt. Damit soll nun Schluss sein: Die in der Stiftungsrechtsreform vorgesehene Vereinheitlichung des Stiftungsrechts meint eine abschließende Regelung des Stiftungsrechts auf Bundesebene im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB).
Gesamtrechtsnachfolge
Der Begriff Rechtsnachfolge beschreibt im Allgemeinen den Übergang verschiedener Pflichten und Rechten, zum Beispiel Verbindlichkeiten oder Vermögensgegenstände, von einer (juristischen) Person auf eine andere (juristische) Person. Letztere gilt dann als Rechtsnachfolgerin. Anders als bei der Einzelrechtsnachfolge findet bei der Gesamtrechtsnachfolge der Übergang der Rechte und Pflichten in einem Akt als Gesamtheit statt. Die für eine Einzelrechtsnachfolge vorgesehenen Vorschriften gelten bei der Gesamtrechtsnachfolge nicht.
Historischer vs. mutmaßlicher Stifterwille
Maßstab der Stiftungsarbeit ist der Stifterwille. Dabei wird zwischen historischem und mutmaßlichem Stifterwillen unterschieden. Der Referentenentwurf hatte den sogenannten mutmaßlichen Willen ausgeklammert und nur auf den ausdrücklichen, in der Satzung niedergelegten Willen des Stifters bzw. der Stifterin abgestellt (historischer Stifterwille). Der Regierungsentwurf hingegen kehrt zur aktuell geltenden Rechtsauffassung zurück: Als Richtschnur dient der Willen des Stifters, der der Stiftung bei Errichtung zugrunde lag – und zwar ohne dass er ausdrücklich in der Satzung festgeschrieben wurde (mutmaßlicher Stifterwille).
Kapitalerhalt, nominaler/realer/gegenständlicher
Stiftungen haben ihr Grundstockvermögen zu erhalten. Der nominale Kapitalerhalt ist erreicht, wenn sich der zu einem Stichtag festgestellte Wert des Stiftungsvermögens nicht vermindert hat. Die Realwerterhaltung meint den Erhalt der Ertragskraft des Vermögens, also inklusive Inflationsausgleich. Die gegenständliche Erhaltung fordert den Erhalt des physischen Bestands von Vermögenswerten in der Stiftung, zum Beispiel Aktivposten wie Grund- oder Betriebsvermögen oder Kunstwerke.
Stiftungsregister mit Publizitätswirkung
Ein zentrales Stiftungsregister mit Publizitätswirkung dient der Transparenz im Stiftungswesen und dem Vertrauensschutz des Rechtsverkehrs. Der Rechtsverkehr wird im guten Glauben geschützt, dass alle eintragungspflichtigen Umstände auch tatsächlich im Stiftungsregister vorhanden sind. Dadurch wird Rechtssicherheit geschaffen. Diese Rechtssicherheit ist bei anderen juristischen Personen etwa durch das Handelsregister oder das Vereinsregister seit jeher gegeben. Durch einen Eintrag im Stiftungsregister lässt sich insbesondere die Vertretungsmacht der Stiftungsvorstände praxistauglich nachweisen. Derzeit bedarf es einer behördlichen Vertretungsbescheinigung, die regelmäßig neu ausgestellt werden muss.
Surrogationsthese
Der Ende September 2020 veröffentlichte Referentenentwurf zur Stiftungsrechtreform enthielt die sogenannte Surrogationsthese. Danach sind alle Vermögensgegenstände inklusive der Umschichtungsgewinne (siehe dort), die mit Mitteln des Grundstockvermögens erworben wurden, ebenfalls dem Grundstockvermögen zuzuordnen. Das bedeutet, dass sie dauerhaft zu erhalten sind – es sei denn, die Satzung hat etwas anderes geregelt. Oder anders gesagt: Nach der Surrogationsthese können die Umschichtungsgewinne grundsätzlich nicht für die Zweckverwirklichung eingesetzt werden. Der Regierungsentwurf beinhaltet die Surrogationsthese nicht mehr.
Umschichtungsgewinn
Als Umschichtungsgewinn bezeichnet man den Gewinn, der sich aus dem Verkauf eines Vermögensgegenstandes des Grundstockvermögens ergibt. Wenn eine Stiftung beispielsweise Aktien oder Immobilien des Grundstockvermögens zu einem höheren Preis verkauft, als sie für die Anschaffung ausgegeben hat, erzielt sie einen Umschichtungsgewinn.
Verbrauchsstiftung vs. Ewigkeitsstiftung vs. Stiftung auf Zeit
Grundsätzlich ist die Stiftung auf Ewigkeit angelegt. Sie darf lediglich die Erträge aus dem Grundstockvermögen für die Zweckverwirklichung einsetzen, das Grundstockvermögen selbst jedoch nicht. Anders verhält es sich bei einer Verbrauchsstiftung. Ihr ist es erlaubt, auch ihr Grundstockvermögen innerhalb eines bestimmten Zeitraums zu verbrauchen, um ihre Zwecke zu erfüllen. Beide Möglichkeiten gab es bereits vor der Stiftungsrechtsreform. Bisher nicht gesetzlich geregelt ist die Stiftung auf Zeit. Hier soll der Stifter oder die Stifterin in der Satzung einen Zeitraum festlegen können, nach dessen Ablauf die Stiftung aufgelöst wird, ohne dass das Vermögen in der Zwischenzeit aufgebraucht wird.
Zulegung
Als Zulegung bezeichnet man eine Zusammenführung, bei der eine oder mehrere Stiftungen in eine bestehende und auch fortbestehende Stiftung aufgehen. Dabei erlischt die Rechtspersönlichkeit der aufgehenden Stiftung und ihr Vermögen wird an die Stiftung, in die sie aufgeht, übertragen.
Zusammenlegung
Wenn zwei oder mehr Stiftungen zu einer neu zu gründenden Stiftung vereinigt werden, spricht man von Zusammenlegung. Bei diesem Vorgang erlischt die Rechtspersönlichkeit der bisherigen Stiftungen und ihr Vermögen wird auf die neu zu gründende Stiftung übertragen.
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Stiftungsrechtsreform
In den letzten Jahren sind die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Arbeit von Stiftungen – auch durch den Einsatz des Bundesverbandes – stetig verbessert worden.
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