Zusammenfassung Interviews

Gruppe der Interviewten

Zur Gruppe der 24 Interviewten (11 Frauen, 13 Männer), die den Stiftungsbeispielen ein Gesicht geben, gehören Unternehmer sowie deren Nachfahren, von denen einige bereits die unternehmerische Verantwortung übernommen haben, während andere noch darauf vorbereitet werden, sie in naher Zukunft zu übernehmen. Außerdem befinden sich darunter gut ausgebildete Unternehmer, meist mit Auslanderfahrung, die alleine oder mit einigen wenigen Weggenossen bereits in jungen Jahren sehr erfolgreich eigene Start-ups gegründet haben.

Ergebnisse

Engagement und philanthropisches Handeln in unterschiedlicher Ausprägung ist für beide Gruppen, wie die Gespräche zeigen, eine Selbstverständlichkeit. Manche der Befragten treten damit in die Fußstapfen früherer Generationen, für die Philanthropie und unternehmerisches Engagement auch schon untrennbar zusammengehörten. Manche haben ihre eigene Stiftung gegründet, entweder um der Gesellschaft aus allgemeinem Verantwortungsbewusstsein etwas zurückgeben oder aber um einen konkreten Beitrag durch die Schaffung von Arbeitsplätzen zu leisten. Andere wiederum haben sich aus eigenem Erleben oder Betroffenheit im familiären Umfeld zu einem philanthropischen Engagement entschlossen und wollen vor allem etwas bewegen und verändern, etwa zu mehr sozialer Gerechtigkeit beitragen. Meist entscheiden sie sich für ein stifterisches Handeln in der näheren Umgebung oder in Einklang mit dem internationalen unternehmerischen Engagement und am Standort von Fabriken.

Zitat einer Unternehmensnachfolgerin:

Wie schon oben erwähnt, handeln wir im Ausland an unseren Unternehmensstandorten. Zum Beispiel sind wir in Indien, wo unser Unternehmen produziert, gesetzlich verpflichtet, einen gewissen Prozentsatz in gemeinnütziges Engagement zu geben. Unsere Stiftung hat hier den Aufbau eines Ausbildungszentrums für Menschen mit Behinderung unterstützt, welches eng mit dem Standort vor Ort und einer dort ansässigen indischen Stiftung verzahnt ist.“

Zitat einer Unternehmerin:

Wir sind lokal engagiert. International zu agieren, ist im Moment noch zu viel, aber wir können uns durchaus vorstellen, unser Konzept weiterzuentwickeln, mit anderen Trägern zu kooperieren und in welcher Form auch immer unseren Ansatz zu übertragen.“

Das Thema Nachhaltigkeit in seiner Vielfalt nimmt im Engagement eine immer wichtigere Rolle ein. Alle befragten Personen fühlen sich dem Generationenvertrag verpflichtet und wünschen sich eine bessere Welt für die nachfolgenden Generationen.

Den meisten Interviewpartnern sind die UN-Nachhaltigkeitsziele bekannt. Eine intensivere Auseinandersetzung mit den Zielen erfolgte jedoch meist nicht im privaten, sondern im beruflichen Kontext. Woran liegt das? Allen Gesprächspartnern ist klar, dass man sich dieser Menschheitsaufgabe gemeinsam stellen muss, über Grenzen hinweg – dass es eine globale Herausforderung ist. Sie sehen die Agenda 2030 als Gewinn und große Chance für die Etablierung von nachhaltigem wirtschaftlichem Fortschritt, für soziale Gerechtigkeit im Einklang mit der Natur.

Ein Interviewpartner über die Agenda 2030: 

„Es ist ein Meilenstein, dass man sich darauf verständigen konnte. Alle Länder müssen ihren Beitrag leisten, doch die Umsetzung dieses ehrgeizigen Projektes ist komplex und setzt eine umfassende Kommunikation, eine breite Diskussion und Auseinandersetzung mit den Zielen voraus.“

Den meisten Interviewpartnern sind die Nachhaltigkeitsziele (Social Development Goals, SDGs) in ihrer Gesamtheit aber zu abstrakt und zu komplex. Viele der Ziele würden vor allem für andere Staaten relevant sein und in Deutschland eher geringen Handlungsbedarf erzeugen. Auch wird des Öfteren darauf hingewiesen, dass eine Diskussion der SDGs und den mit ihrer Umsetzung verbundenen Herausforderungen seit ihrer Verabschiedung im Jahr 2015 in der medialen Berichterstattung kaum vorkommt.

Zitat einer Unternehmerin:

 „Für unser Stiftungshandeln bilden die SDGs bislang noch keine Grundlage, aber im Unternehmen spielen sie eine Rolle. Sie werden von Kundenseite gefordert. Für mich geben die SDGs eine Denk- und Handlungsempfehlung, aber ich sehe auch die Hemmschwelle für die Bürger, sich mit den Themen, die so groß erscheinen, auseinanderzusetzen. Als Handlungsrahmen für die Finanzanlage und die Projektarbeit sollte ihre Implementierung als Qualitätsmerkmal erkennbar werden.“

Zitat eines Erben: 

„Die SDGs sind uns zu groß. Für die Klimaziele gibt es sicher einen Impact. Sichtbar. Ich habe allerdings das Gefühl, da kann ich alleine gar nichts bewirken. Das ist zu groß für mich.“ 

Zitate zweier Erben und Unternehmer:

1. „Ja, selbstverständlich kennen wir die SDGs. In der institutionellen Vermögensverwaltung – unserer täglichen Arbeit – spielen sie für die Kapitalanlage eine große Rolle. In unserem Investmentuniversum prüfen wir die Zukunftsfähigkeit von Geschäftsmodellen. Themen wie beispielsweise der Einfluss des Klimawandels sind eng mit mehreren SDGs verknüpft. Auch im Private Banking haben unsere Kunden die Möglichkeit, einen Investment-Ansatz zu wählen, der die SDGs berücksichtigt. Neuere Studien zeigen: Eine nachhaltige Unternehmensführung senkt die Kapitalkosten, was sich wiederum in der Wertentwicklung des zugrunde liegenden Unternehmenswerts widerspiegelt. Investoren belohnen konsequente Nachhaltigkeitskonzepte und verbessern somit die Finanzierbarkeit zukünftiger nachhaltigkeitsorientierter Projekte. Heute berücksichtigen etwa ein Drittel der globalen Kapitalanlagen Nachhaltigkeitskriterien im weitesten Sinne. Wir gehen davon aus, dass dies bis 2030 auf zwei Drittel steigen wird. Dass Nachhaltigkeitskonzepte nicht zulasten der Rendite gehen und sogar Risiken mindern können, das belegen zahlreiche Studien gute Argumente, die früher oder später auch Anleger, die der Nachhaltigkeitsdebatte in Bezug auf die Kapitalanlage bisher noch skeptisch gegenüberstehen, überzeugen werden.

2. „Bei genauer Auseinandersetzung mit den Zielen ist diese Agenda das wichtigste Instrument, um Krisen einzudämmen oder gar nicht entstehen zu lassen“, so versichert ein Interviewpartner, „es ist aber sehr schwierig, daraus Handlungen abzuleiten. Sie stehen versus globale Konflikte, nationalstaatliche Eigensicht etc. Stellen sie wirklich eine konkrete Orientierung dar? Die Welt ist zu komplex.“

Damit kommt der Zivilgesellschaft und Philanthropie in Deutschland, Europa und allen anderen Kontinenten eine besondere Rolle zu.

Zitat einer Unternehmerin und Erbin:

Die SDGs sind unseres Erachtens meist schon Grundlage stifterischen Handelns; ihnen wird also in vielen Fällen schon Rechnung getragen.“

Die befragten Personen sprachen auch an: Es reicht nicht, nur über wirtschaftliche, soziale und ökologische Nachhaltigkeit zu sprechen, sie muss auch umgesetzt werden. Dabei fängt jeder und jede der Interviewten im Kleinen bei sich selbst an, in der eigenen Familie, im eigenen Unternehmen, in der eigenen Stiftung, mit einem Projekt. Veränderungen erscheinen schwer, vor allem, wenn sie Verhaltensänderungen nach sich ziehen. Die Interviewpartner regen an, dass noch mehr Druck auf die politische Entscheidungen ausgeübt werden muss, mehr Mut sei erforderlich.

*Aufteilung nach Altersgruppen:

  • bis 30 Jahre: 4 Personen
  • 31 bis 40 Jahre: 8 Personen
  • 41 bis 50 Jahre: 7 Personen
  • 51 bis 60 Jahre: 3 Personen
  • 61 bis 70 Jahre: 1 Person
  • 70 bis 80 Jahre: 1 Person