Globaler Aktionsplan für eine bessere, nachhaltige Welt

Die im Jahr 2015 verabschiedete Agenda 2030  mit ihren 17 Nachhaltigkeitszielen (Sustainable Development Goals, SDGs) und den 169 Unterzielen ist ein globaler Aktionsplan, um Frieden und Wohlstand für alle Menschen jetzt und in der Zukunft zu ermöglichen. Dabei wird angestrebt, den weltweiten wirtschaftlichen Fortschritt im Einklang mit sozialer Gerechtigkeit und unter Einhaltung der ökologischen Grenzen unseres Planeten zu gestalten.   

Die Agenda fordert die Weltgemeinschaft auf, neue Wege zu beschreiten, denn die ehrgeizigen Ziele lassen sich nur mittels kooperativer Partnerschaft und durch schrittweise Transformation erreichen. Eine weitere Besonderheit sind der integrative Ansatz und die Querverbindungen zwischen den SDGs: Wird ein Ziel vernachlässigt, so beeinflusst das auch die Erreichung der anderen Ziele.  

Es geht daher nicht länger nur um einzelne, voneinander unabhängige Themen, wie beispielsweise Entwicklungszusammenarbeit, Umwelt- und Klimaschutz oder die Chancengleichheit für Frauen, sondern um eine holistische Perspektive. Damit fordern die Ziele jeden zum Handeln auf: Regierungen, Wirtschaftsunternehmen, Finanzinstitute, Wissenschaft, Zivilgesellschaft und jeden einzelnen Menschen.  

Die Agenda 2030 zwingt uns, über nationale Grenzen und kurzfristige Interessen hinauszuschauen und langfristig solidarisch zu handeln.

Ban Ki-moon Generalsekretär der Vereinten Nationen von 2007 bis 2016 (eigene Übersetzung des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen)

Das Besondere an der Entwicklung der SDGs ist auch, dass die Vereinten Nationen versuchten, soweit möglich, unterschiedlichste Interessen zu berücksichtigen. Das erfolgte durch Ansprache und vielfältige Partizipationsmethoden, um unterschiedliche Gruppen aus zum Beispiel Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft einzubeziehen. 

Anders als die Milleniumsentwicklungsziele (Millennium Development Goals, MDGs) – die 2000 verabschiedet wurden, aus acht Zielen bestanden und als Vorläufer der SDGs gelten – unterscheiden die SDGs bei der Aufgabenverteilung nicht mehr zwischen sogenannten Entwicklungsländern und Industrieländern. Die Agenda 2030, die von 193 Ländern unterschrieben wurde, gilt universell für alle Länder gleichermaßen, auch wenn sie völkerrechtlich nicht bindend ist. Die deutsche Bundesregierung hat sich verpflichtet, die Agenda 2030 auf nationaler Ebene umzusetzen. Seit 2016 ist die deutsche Nachhaltigkeitsstrategie deshalb an der Agenda 2030 ausgerichtet. Federführend in der strategischen Ausrichtung und in der Evaluierung der Umsetzung der Agenda 2030 ist das Kanzleramt. Zudem sind zahlreiche Bundesministerien mit der Umsetzung und dem Dialog mit den verschiedenen Stakeholdern befasst.  

Fest steht: Wenn wir die Nachhaltigkeitsziele erreichen wollen, ist ein „Weiter so“ keine Option. Die SDGs erfordern einen transformativen Wandel auf allen Ebenen; von der Regierung über den Wirtschafts- und Finanzsektor bis hin zu Zivilgesellschaft und den Bürgerinnen und Bürgern. Innovative Ideen sind dabei ebenso gefragt wie neue Formen von Partnerschaften oder schnelle und effektive Lösungsansätze.  

Dass außerdem für die Umsetzung der Agenda Finanzmittel vonnöten sind, macht der Slogan „Shifting the Trillions“ („Die Billionen verschieben“) deutlich. In dem ebenfalls 2015 verabschiedeten rechtlich verbindlichen Pariser Klimaabkommen haben sich alle unterzeichnenden Länder verpflichtet, Finanzflüsse zur Förderung fossiler Energieträger umzulenken und in bezahlbare und saubere Energie zu investieren. Diese Forderung findet sich auch im SDG 7 wieder. Dabei geht es um Summen in Höhe von mehreren Billionen Euro. Nur so werden sich die nötigen technischen Neuerungen entwickeln und finanzieren lassen.  

Auf Länderebene können die jeweiligen Regierungen sogenannte freiwillige Länderberichte  erstellen, um den Stand der SDGs-Implementierung, besondere Erfolge, Herausforderungen und Erfahrungen auf nationaler Ebene darzustellen und sie vor dem Hochrangigen Nachhaltigkeitsforum der Vereinten Nationen (High-level Political Forum, HLPF) in New York vorzustellen. Inzwischen gibt es diese Berichte auch auf subnationaler und auf regionaler Ebene. Die freiwilligen Länderberichte wurden von mittlerweile 212 Ländern erstellt – von Afghanistan über Luxemburg bis hin zur Ukraine. Deutschland hat 2016 seinen ersten Länderbericht vorgestellt und plant den nächsten für die Präsentation vor den Vereinten Nationen im Jahr 2021.  

Eine deutliche Kritik an den Länderberichten lautet jedoch, dass sie Schwierigkeiten oder auch politisch problematische Bereiche oft ausklammern. Aus diesem Grund gibt es für zahlreiche Länder sogenannte Schattenberichte, die auf – meist von der Zivilgesellschaft identifizierte – Schwachpunkte aufmerksam machen.  

Im Zuge des Hochrangigen Nachhaltigkeitsforums 2019 veranstaltete das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (United Nations Development Programme, UNDP) gemeinsam mit Partnern eine Diskussion zum Thema „Nationale Berichte zur Agenda 2030: Was sie uns (nicht) sagen“,  um herauszufinden, wie die Berichte zu verbessern sind. Hier nimmt das Multiakteursnetzwerk Partner for Review (P4R) eine wichtige Rolle ein, denn es ermöglicht einen Prozess des Peer Learnings und des lösungsorientierten Dialogs unter den Akteuren.  

Der von Experten des Sustainable Development Solutions Network (SDSN) und der Bertelsmann Stiftung erstellte „2019 Sustainable Development Report“ mit einem SDG-Index und Dashboards zeichnet ein ernüchterndes Bild vom Stand der Implementierung: Demnach ist derzeit kein einziges Land auf dem richtigen Weg, um alle national gesetzten Ziele zu erfüllen. Vertreterinnen und Vertreter der deutschen Zivilgesellschaft erstellen seit 2016 jährlich einen sogenannten Schattenbericht zum Thema „Deutschland und die globale Nachhaltigkeitsagenda“. Schon die Titel der Berichte – „Noch lange nicht nachhaltig“ (2016), „Großbaustelle Nachhaltigkeit“ (2017), „So geht Nachhaltigkeit!“ (2018) – zeigen die außerordentliche Dringlichkeit für eine Refokussierung und ein deutliches Mehr an Handeln.  

Auf die Notwendigkeit zu handeln wird auch deutlich in dem Bericht "The 2018 Peer Review on the German Sustainability Strategy" eingegangen. 

In gewisser Weise können die SDGs aufgrund ihrer demokratischen Verantwortlichkeit und der aktiven Beteiligung der Zivilgesellschaft bereits als Erfolg bezeichnet werden. Aber ich möchte den berühmten Philosophen Elvis Presley zitieren. In einem seiner zeitlosen Hits bat er um „A little less conversation, a little more action“. Lasst uns auf Elvis hören – und jetzt handeln!

Erna Solberg Ministerpräsidentin Norwegens seit 2013 (eigene Übersetzung Bundesverband Deutscher Stiftungen)

In Deutschland stellt sich mittlerweile die Frage, warum wir nicht in allen Bereichen und über alle Akteursgruppen hinweg eine deutliche Vorreiterrolle bei der Umsetzung einnehmen konnten. Einer der Gründe liegt sicherlich darin, dass Begriffe wie Agenda 2030, Nachhaltigkeit oder die Abkürzung SDGs in Deutschland zunächst schwer mit Inhalten zu füllen waren. Bis heute haben die SDGs viele Menschen nicht erreicht, und es fehlt in weiten Teilen der Bevölkerung ein Dialog unter Einbeziehung von Akteuren aus unterschiedlichen Bereichen sowie insbesondere der Bürgerinnen und Bürger.  

Zugleich deutet sich an, dass bei der Umsetzung der Agenda 2030 ein Spagat gemeistert werden muss: Zum einen sehen wir die Dringlichkeit, mit der Lösungen gefunden werden müssen. Zum anderen erfordern demokratische Prozesse und Multiakteursdialoge Zeit und Geduld. Auf diese Problematik angesprochen, gab Juan Carlos Villegas Cuevas, Direktor von Hub Oaxaca in Mexiko, eine klare Antwort: „It’s not about patience. It’s about passion. We have to make it. We can build another world.“ (Deutsche Übersetzung: „Es geht nicht um Geduld. Es geht um Passion. Wir müssen es schaffen. Wir können eine andere Welt aufbauen.“) Die Begeisterung, mit der wir für unsere Gesellschaft, den Planeten und die Zukunft eintreten, ist eine wesentliche Komponente für den Erfolg.