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Menschen zuhören und erfahren, was sie tatsächlich benötigen

Die SDGs dürfen nicht isoliert betrachtet werden. Die Ziele für eine nachhaltige globale Entwicklung stehen jeweils in Abhängigkeit voneinander. Keines kann ohne die Berücksichtigung anderer Ziele erreicht werden. Ohne einen sauberen Zugang zu Trinkwasser und sanitären Anlagen lässt sich die Gesundheitssituation nicht nachhaltig verbessern. Ohne die Bekämpfung von Unter- und Mangelernährung können keine ausreichenden Fortschritte im Bereich Bildung zustande kommen. Und ohne einen Zugang zu Strom können unternehmerische Tätigkeiten nicht auf- und ausgebaut werden. Für uns ist es daher unerlässlich, den Menschen vor Ort zuzuhören und ein Gespür dafür zu entwickeln, was Armut für sie bedeutet, was sie bei ihnen bewirkt und was sie tatsächlich benötigen. 

Sarah Link Geschäftsführerin, cdw Stiftung gGmbH
SDG 1 - Keine Armut SDG 2 - Kein Hunger SDG 3 - Gesundheit und Wohlergehen SDG 4 - Hochwertige Bildung SDG 5 - Geschlechtergleichheit SDG 6 - Sauberes Wasser und Sanitätanlagen SDG 7 - Bezahlbare, saubere Energie SDG 8 - Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum

Nachhaltige Energiesysteme plus Entwicklung

In ihrer internationalen Arbeit verfolgt die cdw Stiftung eine Vision, die die Stifter bereits bei der Gründung im Jahr 2011 vor Augen hatten: dezentrale Energiesysteme auf Basis von erneuerbaren Energien in abgelegene ländliche Regionen zu bringen.  

Derzeit haben weltweit noch über 850 Millionen Menschen keinen Zugang zu Strom. Die meisten von ihnen leben in schwer zugänglichen Dörfern in den ländlichen Regionen der Sub-Sahara Afrikas und in Asien. Ohne Zugang zu einer zuverlässigen Stromversorgung lassen sich in diesen Regionen die elementaren Grundbedürfnisse nicht decken, und es gibt keine Perspektive auf eine wirtschaftliche Weiterentwicklung. 

Wir bekennen uns zu den Zielsetzungen der SDGs. Jeder Mensch hat das Recht, sein Leben ohne materielle Not selbstbestimmt und eigenverantwortlich zu gestalten und seinen Kindern eine gute Zukunft zu ermöglichen. Davon sind wir überzeugt.

Sarah Link Geschäftsführerin, cdw Stiftung gGmbH

Daher entwickelt die cdw Stiftung wirtschaftlich und technisch nachhaltige Modelle für die Elektrifizierung ländlicher Dörfer mit einem Fokus auf wirtschaftliche Aktivitäten. Durch die Verbreitung von regenerativen Energieversorgungssystemen sollen den Menschen in weniger entwickelten Regionen neue Perspektiven für eine langfristige Entwicklung eröffnet werden. „Ohne Energie ist Entwicklung nicht möglich – diesen Grundsatz der Vereinten Nationen teilen wir“, bekräftigt Sarah Link, Geschäftsführerin der cdw Stiftung gGmbH. „Mit unseren Projekten tragen wir dazu bei, dass ein bezahlbarer, verlässlicher, nachhaltiger und zeitgemäßer Zugang zu Energie für alle gesichert werden kann.“ 

Doch mit Strom allein ist es nicht getan 

Das wird zum Beispiel an der Zusammenarbeit der Stiftung mit den Menschen in dem Dorf Gourel Hadji deutlich. Das Dorf liegt im Nordosten Senegals an der Grenze zu Mauretanien. Weit abgelegen von der nächsten kleineren Stadt und nur über fast unsichtbare Sandpisten erreichbar, sind die Bewohner des Dorfes auf sich allein gestellt. Die Hälfte der ca. 800 Einwohner sind Viehhirten, die andere Hälfte lebt von der Landwirtschaft. In wüstenähnlichen Verhältnissen und in starker Abhängigkeit von der durch den Klimawandel immer später einsetzenden Regenzeit müssen sie hart arbeiten, um ihre Grundbedürfnisse zu befriedigen. Gleichzeitig ist das Dorf reich an regionalen Schätzen: Baobab, Moringa, Wüstendattel und Hibiskus wachsen dort im Überfluss. Auf den lokalen und internationalen Märkten sind diese nährstoffreichen Pflanzen in verarbeiteter Form als Pulver, Kapseln, Öle und Säfte sehr gefragt. 

Gemeinsam mit der lokalen Frauengemeinschaft Kawral und dem senegalesischen Projektentwickler Senesolar baut die cdw Stiftung in Gourel Hadji eine erste SolarBiofarm auf. Herzstück ist eine PV-Anlage, die Strom für die wichtigsten Gerätschaften erzeugt: eine Pumpe für die Bewässerung der Felder sowie einen Trockner, eine Mühle und eine Ölpresse zur Weiterverarbeitung der pflanzlichen Rohstoffe. Damit die SolarBiofarm Voraussetzungen für eine nachhaltige Entwicklung schaffen kann, müssen neben der Etablierung einer zuverlässigen Stromversorgung auch weitere Grundbedürfnisse berücksichtigt werden. Hierzu zählte in Gourel Hadji auch die Etablierung einer sauberen Trinkwasserversorgung. Wichtig ist zudem die Förderung von Bildungsmaßnahmen, damit die Menschen in Gourel Hadji das Potenzial ihrer regionalen Schätze, wie beispielsweise dem Moringa-Oleifera-Baum, erkennen lernen und für sich zu nutzen beginnen. 

Die SDGs benennen ganz klar, welche Herausforderungen wir für eine nachhaltige globale Entwicklung meistern müssen. Gleichzeitig dürfen sie unseres Erachtens nach nicht isoliert betrachtet, sondern müssen stets als ganzheitliche Herausforderungen verstanden werden.

Sarah Link Geschäftsführerin, cdw Stiftung gGmbH

Mittlerweile wird Moringa in Bioqualität angebaut und verarbeitet. Ein Teil der Ernte soll künftig exportiert werden. Betreiberin der SolarBiofarm ist die Frauenorganisation Kawral. Ziel ist, dass die Frauen durch den Verkauf ihrer Produkte genügend Einnahmen erzielen, um einen nachhaltigen Betrieb der Stromversorgungseinheit und der gesamten SolarBiofarm zu gewährleisten. Durch die saubere Trinkwasserversorgung, die Sensibilisierung hinsichtlich des Potenzials der regionalen Pflanzenschätze sowie deren lokale Weiterverarbeitung können schrittweise der Gesundheitszustand sowie die Ernährungssicherheit der Menschen im Dorf verbessert werden. Die SolarBiofarm leistet somit einen Beitrag zur Armutsbekämpfung und -beendung.  

Etwa die Hälfte der Bevölkerung von Gourel Hadji sind Viehhirten.
Das sehr abgelegene, ländliche Dorf Gourel Hadji im Senegal.
Ein Zugang zu Strom und Wasser als zentrale Pfeiler der SolarBioFarm
In den wüstenähnlichen Verhältnissen ist ein Zugang zu Wasser elementar.
Moringa
Wasser zur Bewässerung der Moringa-Bäume

Wir müssen die SDGs als ganzheitliche und interdependente Herausforderung verstehen. Eine nachhaltige globale Entwicklung setzt voraus, dass wir uns sowohl vor Ort in den Projektländern als auch hier in Europa für die Erreichung der SDGs einsetzen. Armut und Hunger können nur nachhaltig beendet werden, wenn wir gleichzeitig auch den Klimawandel bekämpfen und uns für eine nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen stark machen. Die cdw Stiftung steht für regionales Engagement und globale Verantwortung: mit unseren Schwerpunkten „Entwicklung ländlicher Regionen in Entwicklungsländern“ und „Regionale Energiewende Nordhessen“ leisten wir gemeinsam mit unseren Partnern einen Beitrag zu einer nachhaltigen globalen Entwicklung.

Mehr unter: https://www.cdw-stiftung.de/

Welche Rolle spielen Stiftungen bei der Umsetzung der SDGs?
Stiftungen sind ein wesentlicher Treiber gesellschaftlicher Innovationen. Ihr Handeln ist unabhängig von politischen Wahlperioden und wirtschaftlichem Druck. Stiftungen haben somit mehr als andere Akteure die Freiheit, auszuprobieren und zu experimentieren. Die Langfristigkeit ihres Wirkens schafft Raum, um aus Fehlern zu lernen und gegen- und nachzusteuern. So können sie innovative Ansätze entwickeln und neue Lösungswege aufzeigen. Zudem ist es ihnen möglich, ihre Projekte auch über feste Fristen hinaus zu begleiten und so nachhaltige Wirkung zu gewährleisten.

Bei der Umsetzung der SGDs ist es wichtig, dass die Ziele nicht isoliert angegangen, sondern als ganzheitliche Aufgabe verstanden werden. Das Erreichen der Entwicklungsziele wird so zu einer komplexen und umfangreichen gesamtgesellschaftlichen Herausforderung. Durch ihre Bereitschaft, neue Wege zu beschreiten, sowie durch ihre Flexibilität und Unabhängigkeit können Stiftungen eine treibende Kraft bei der Umsetzung der Ziele für eine nachhaltige Entwicklung sein.

Wie viele Ressourcen setzen Sie für Ihr SDGs-relevantes Wirken ein?
Im Jahr 2018 hat die cdw Stiftung gGmbH als operative Einheit der cdw Stiftung rund 1.190.690 Euro in Projekte investiert. Von 2012 bis 2018 waren es insgesamt 8.337.365 Euro. Dabei sind sowohl die Projekte in Nordhessen als auch die internationale Projektarbeit SDGs-relevant.

Welches sind Ihre wichtigsten Erfahrungen?
Viele Stiftungen verfügen in ihrem Tätigkeitsbereich über weitreichende Kompetenzen und einen umfassenden Erfahrungsschatz. Aufgrund der Komplexität der SDGs sowie der Notwendigkeit, diese ganzheitlich anzugehen, können durch einen intensiveren Austausch wichtige Synergien entstehen. Ziel sollte es sein, die einzelnen Stiftungen stärker zu vernetzen und interdisziplinäres Denken und Handeln zu fördern.

Gleichzeitig ist es wichtig, einen intensiven Austausch sowie eine offene Fehlerkultur zu pflegen. Es muss möglich sein, Neues auszuprobieren und dabei auch mal Fehler zu machen, daraus zu lernen und diese Erfahrungen mit anderen Akteuren zu teilen. Nicht jeder muss jeden Fehler selbst machen.

Welche Hürden gibt es für Stiftungen beim Engagement für die SDGs?
Für Stiftungen, die im Bereich der internationalen Entwicklungszusammenarbeit – und in diesem Rahmen SDGs-relevant – wirken, ist es zum Teil eine Herausforderung, ihr ganzes Potenzial zu entfalten. So ist es für die cdw Stiftung in der internationalen Arbeit zum Beispiel schwierig, wirtschaftliche Akteure zu unterstützen und sinnvolle nachhaltige Betreiber- und Eigentümermodelle zu etablieren, die mit dem deutschen Gemeinnützigkeitsrecht konform sind. Um neue Modelle abzuklären, bedarf es langwieriger Absprachen mit dem Finanzamt sowie eines enormen finanziellen Einsatzes für Anwalts- und Beratungskosten. Wenn man bedenkt, dass laut StiftungsReport „Entwicklungszusammenarbeit: Wie Stiftungen weltweit wirken“ aus dem Jahr 2017 mehr als 50 Prozent der Stiftungen mit dem Satzungszweck Entwicklungszusammenarbeit jeweils weniger als 50.000 Euro jährlich für ihre Projekte ausgeben, sind solche Kosten für sie nicht tragbar.

Zudem wäre es vor dem Hintergrund vieler zwar finanzschwächerer, dafür aber kompetenzstarker Stiftungen wichtig, dass die Bedingungen BMZ-geförderter Projekte eine Flexibilität im Projektverlauf sowie interdisziplinäre Zusammenarbeit ermöglichen.

Was muss passieren, damit Stiftungen mehr Engagement für die SDGs zeigen?
Für das Wirken im Bereich der internationalen Zusammenarbeit ist es wichtig, im Rahmen des Gemeinnützigkeitsrechts auch neue und nachhaltige Betreiber- und Eigentümermodelle etablieren zu können. Auch wäre es hilfreich, die Strukturen sowie klare Rahmenbedingungen für eine Zusammenarbeit mit dem BMZ aufzubauen. Nur durch ausreichende Freiheiten in den Rahmenbedingungen des internationalen Handelns von Stiftungen sowie unter Berücksichtigung der hohen Kombinierbarkeit der einzelnen SDGs lassen sich die globalen Ziele nachhaltig umsetzen.