Ein Blick auf die Daten

Zuverlässige, aggregierte und vergleichbare Daten derzeit nicht erhältlich 

Solide Zahlen zum Wirken von Stiftungen oder der Philanthropie für die Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals, SDGs) in Deutschland, für einzelne Regionen oder weltweit sind derzeit nicht erhältlich und werden auch in naher Zukunft nicht einfach zu erheben sein. Laut Einschätzung der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Organisation for Economic Co-operation and Development, OECD) fehlt es für ein besseres Wissen über die Philanthropie allgemein bislang an „zuverlässigen, aggregierten und vergleichbaren Daten“.

Ein weiteres grundlegendes Problem ist, dass es zwar Schätzungen über die Beiträge von Stiftenden und Stiftungen im Sinne von Entwicklungszusammenarbeit – auch als Official Development Assistance (ODA) bezeichnet – gibt, diese aber nicht einfach mit Beiträgen für die SDGs gleichgesetzt werden können, da für jedes Investment in die Entwicklungszusammenarbeit überprüft werden müsste, zu welchem SDG und zu welchem Unterziel es passen könnte und wie eine Doppelt- bzw. Mehrfachzählung zu vermeiden wäre. Auch die Budgets der Kooperation des Bundesministeriums für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (BMZ) und dessen Durchführungsorganisationen mit Stiftungen in Deutschland werden derzeit im Sinne der traditionellen Kategorien der Entwicklungszusammenarbeit definiert und nicht entlang der SDGs und ihren Unterzielen. 

Für Deutschland kommt erschwerend hinzu, dass es bislang keine Harmonisierung zwischen den 25 Themen, die das Steuerrecht als gemeinnützige Zwecke anerkennt, und den SDGs gibt. Deshalb müssen sich gemeinnützige Organisationen, die sich für Nachhaltigkeitsziele einsetzen wollen, zusätzlich zu ihrem Satzungszweck mit den relevanten Themen jeweils in SDG-Themen eingruppieren, sofern sie das wollen. 

Über die umfassendste Datenerhebung für den Bereich des Stiftungsvermögens in Deutschland verfügt derzeit der Bundesverband Deutscher Stiftungen: Ihm ist ein akkumuliertes Kapital von Stiftungen aller Rechtsformen (auf der Basis von 12.612 Stiftungen) in Höhe von 107,23 Milliarden Euro bekannt. Ein einheitliches Berichtswesen zum Beitrag von Stiftungen zur gesellschaftlichen Entwicklung fehlt bislang. Die Heinz Sielmann Stiftung hat bereits zweimal nach den Richtlinien der Global Reporting Initiative (GRI Standard) über ihren Beitrag zum Thema Nachhaltigkeit berichtet. Michael Beier, Vorstandsvorsitzender der Stiftung, sagte dazu: „Für Stiftungen gilt bisher keine entsprechende Berichtspflicht. Aus unserer Sicht ist im Zuge der geplanten Reform des Stiftungsrechts neben einer Publizitätspflicht auch eine Berichtspflicht zu Nachhaltigkeit und Corporate Social Responsibility dringend nötig, um das Vertrauen in den Stiftungssektor und seine Glaubwürdigkeit zu bewahren.“ 

Nun sind Berichte nach GRI-Standard für viele Stiftungen sicherlich ein kaum zu leistender Beitrag. Stiftungen aus unterschiedlichen Ländern, mit denen der Bundesverband Deutscher Stiftungen zum Thema Stiftungen und die Erstellung der freiwilligen Länderberichte (Voluntary National Reviews, VNRs) diskutierte, schlugen als Lösung eine Online-Plattform vor, auf der Stiftungen weltweit ihren Beitrag zu den SDGs in unterschiedlichsten Formen eintragen können. Das solle wirkungsorientiert und auf der Basis von abgestimmten Indikatoren erfolgen.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Die Datenlage über das Wirken von Stiftungen für die SDGs oder ihren gesellschaftlichen Beitrag insgesamt fällt hinter der aus Wirtschaft und öffentlichem Sektor zurück.

Die Online-Plattform SDGfunders.org 

Die Online-Plattform SDGfunders.org ist als Teil der SDG Philanthropy Platform Initiative mit der Finanzierung durch die drei Stiftungen Conrad N. Hilton Foundation, Ford Foundation und MasterCard Foundation entstanden. Sie wurde vom amerikanischen Foundation Center entwickelt und wird heute von Candid gemanagt – einer Organisation, die aus dem Zusammenschluss des Foundation Center und Guide Star gegründet wurde, um Informationen und Wissen zur Verbesserung der Welt zur Verfügung zu stellen. Laut Candid bietet SDGfunders.org den derzeit umfangreichsten frei zugänglichen Datensatz zu Investitionen, Spenden und Projektgeldern von philanthropischen Organisationen für die Umsetzung der SDGs.

Über die Webseite sind zahlreiche Informationen erhältlich: Diagramme und eine Weltkarte, die den philanthropischen Einsatz für die SDGs aufzeigen; die sogenannten Top 25, das heißt Stiftungen und philanthropische Organisationen, die die meisten Geldmittel für die SDGs eingesetzt haben; die Top 25 der Organisationen, die die meisten Gelder erhalten haben; die Gesamtsumme des philanthropischen Engagements; Daten pro Land, Region oder Bevölkerungsgruppe; Hintergrundberichte; Neuigkeiten und vieles andere mehr. Es lässt sich anhand der Zahlen auch aufzeigen, dass ausländische Stiftungen in Deutschland in die Umsetzung der SDGs investiert haben und welchen Organisationen diese Gelder zugekommen sind. 

Am 25. März 2020 verzeichnete die SDGfunders.org ein von Stiftungen seit 2016 weltweit für die Finanzierung der SDGs bereitgestelltes Volumen in Höhe von 176,4 Milliarden USD. Der weitaus größte Teil wurde für das SDG 4 „Hochwertige Bildung“ (71,7 Milliarden USD) zur Verfügung gestellt, dicht gefolgt von SDG 3 „Gesundheit und Wohlergehen“ (56.9 Milliarden USD). Weit abgeschlagen kamen SDG 14 „Leben unter Wasser“ (0,8 Milliarden USD) und SDG 17 „Partnerschaften zur Erreichung der Ziele“ (knapp 0,5 Milliarden USD). Der Bericht „The SDG Giving Landscape“ kommt zwar insgesamt (unter Berücksichtigung aller Arten von Gebern) auf ähnliche Gesamtergebnisse hinsichtlich der SDGs 4 und 3, doch bei der Betrachtung von Stiftungen allein liegt der monetäre Input in das SDG 1 „Keine Armut“ vor dem SDG 4. 

Verbesserungsbedarf 

Es ist positiv zu beurteilen, dass über SDGfunders.org der Versuch gestartet wird, die Finanzierung der SDGs durch Stiftungen öffentlich darzustellen und somit eine gewisse Transparenz herzustellen. Die derzeitig zur Verfügung stehenden Informationen sind jedoch stark von einigen wenigen finanzkräftigen Stiftungen geprägt – insbesondere von der Bill & Melinda Gates Stiftung, die in der Liste der Top 25 alleine fast so viel an Finanzströmen angegeben hat wie die sechs nach ihr platzierten Stiftungen. Auch enthält die Datenbank bislang überwiegend Informationen von Stiftungen mit Sitz in den USA.  

Bei den Zahlen ist zudem zu berücksichtigen, dass die Daten nur den monetären Input für die SDGs widerspiegeln, aber keinen Aufschluss darüber geben, ob die Gelder effizient eingesetzt werden und welche Wirkung sie tatsächlich für die SDGs erzielen. Unberücksichtigt bleiben auch andere Faktoren, wie zum Beispiel ehrenamtlicher Einsatz. 

Dennoch kann die Plattform SDGfunders.org auch für deutsche Stiftungen von Interesse sein, und sei es nur, um über den SDG Indicator Wizard zu überprüfen, auf welche SDGs und relevanten Unterziele das eigene Stiftungswirken passt.