Fallbeispiele

Fallbeispiel 1: Ausländisches Unternehmen als Empfänger von Förderung

Große gemeinnützige Entwicklungsorganisationen können Förderprogramme nicht auflegen, wenn der Empfänger ein ausländisches Unternehmen, beispielsweise die Tochtergesellschaft eines deutschen global agierenden Konzerns, ist. Denn nach Auffassung der Gemeinnützigkeitsreferenten des Bundes und der Länder darf eine gemeinnützige Organisation keine Zuschüsse an ein Wirtschaftsunternehmen zur Förderung der Entwicklungszusammenarbeit geben. Nur der Deutschen Bundesstiftung Umwelt ist dies nach § 58 Nr. 9 AO zur Förderung des Umweltschutzes seit vielen Jahren erlaubt. Dies hat erheblich dazu beigetragen, die Umwelt zu fördern, indem viele Unternehmen in die Lage versetzt wurden, umweltschonende Investitionen vorzunehmen, die sich nach rein ökonomischen Kriterien nicht gerechnet hätten. Dasselbe könnte auf dem Feld der Entwicklungszusammenarbeit gelingen, wenn § 58 Nr. 9 AO, wie es der Bundesverband Deutscher Stiftungen seit längerer Zeit fordert, im Zuge der anstehenden Gemeinnützigkeitsreform erweitert würde. Allen gemeinnützigen Körperschaften sollte erlaubt werden, zur Erfüllung ihrer steuerbegünstigten Zwecke Zuschüsse an Wirtschaftsunternehmen zu vergeben. Die Förderung von Wirtschaftsunternehmen in Entwicklungsländern erfolgt beispielweise zum Zwecke der Verbesserung der Wirtschaftsstruktur, zur Förderung der Ausbildung, des Umweltschutzes oder zur Förderung des Arbeitsschutzes und der Gleichberechtigung von Frauen und Männern. Das geltende Gemeinnützigkeitsrecht grenzt die Fördermöglichkeiten für privatrechtlich organisierte gemeinnützige Körperschaften unnötig ein. Es schreibt vor, ausländische Unternehmen müssten sog. Hilfspersonen und weisungsabhängig in Bezug auf die Durchführung der Maßnahmen vom Geldgeber sein. Dies entspricht aber nicht (mehr) dem Selbstverständnis der Förderpartner. Eine zweckgebundene Mittelvergabe mit präzisen Auflagen wäre ein geeignetes Mittel, wird aber vom geltenden deutschen Gemeinnützigkeitsrecht nach Auffassung der Finanzministerien des Bundes und der Länder nicht erlaubt. Deswegen ist eine Gesetzesänderung erforderlich. 

Fallbeispiel 2: Anforderungen an den Nachweis für die satzungsgemäße Mittelverwendung im Ausland 

Eine operative Stiftung realisiert Projekte im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit, oft in Zusammenarbeit mit Partnern vor Ort. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Stärkung von Dorfgemeinschaften nach dem Prinzip der Hilfe zur Selbsthilfe. Ein Projekt der Stiftung zielt darauf ab, in  Gebieten extremer Trockenheit die Beschaffenheit des Bodens zu verbessern. Alle Maßnahmen sind darauf ausgerichtet, das Oberflächenwasser, das in Regenperioden zur Verfügung steht, besser zu speichern und zu nutzen. Dafür werden etwa Bewässerungsdämme gebaut oder Brunnen instand gesetzt und modernisiert. In landwirtschaftlichen Schulungsprogrammen vermitteln Expertinnen und Experten Wissen über geeignete Produktionsmittel und angepasste Nutzungsmethoden. Dabei arbeitet die Stiftung mit vielen Partnern im Ausland zusammen. Dies spart zum einen Kosten, denn die Entsendung von deutschem Personal ist teuer, zum anderen stellt sich die partizipative Projektentwicklung als nachhaltiger im Sinne der Nachhaltigkeitsziele dar.  

Die Projektkonstruktion stellt die Stiftung mit Blick auf das Gemeinnützigkeitsrecht vor besondere Herausforderungen. Die Stiftung muss im Rahmen ihrer Rechenschaftspflicht darlegen, dass sie ihre Mittel im Ausland satzungsgemäß verwendet hat. Dabei gelten je nachdem, ob der Mittelempfänger eine juristische oder natürliche Person ist, zusätzliche Anforderungen.  

Wenn eine Stiftung Mittel ins Ausland weiterleitet, muss sie die „Gemeinnützigkeit“ der Empfänger nachweisen. Das bedeutet für viele der Empfänger im Ausland, die sowohl Organisationen als auch Personen sein können, einen hohen Verwaltungsaufwand und für die international tätige Stiftung ein erhöhtes Risiko. Der Nachweis kann durch einen „qualifizierten Verwendungsnachweis“ oder „intensiven Einzelnachweis“ mit einer eingehenden Mittelverwendungsrechnung beigebracht werden. Bei Personen ist ferner ein sogenannter Hilfspersonenvertrag abzuschließen.  

Die Anforderungen an den Nachweis für die satzungsgemäße Mittelverwendung im Ausland werden von der Finanzverwaltung unterschiedlich gehandhabt.   

Die folgenden Unterlagen können aber grundsätzlich als Nachweis dienen:   

  • ins Deutsche oder nach Absprache mit dem Finanzamt ins Englische übersetzte Berichte  

  • im Zusammenhang mit der Mittelverwendung abgeschlossene Verträge und entsprechende Vorgänge  

  • Belege über den Abfluss der Mittel ins Ausland und Bestätigungen des Zahlungsempfängers über den Erhalt der Mittel  

  • ausführliche Tätigkeitsbeschreibungen der im Ausland entfalteten Aktivitäten  

  • Material zu den durchgeführten Projekten, beispielsweise Prospekte, Presseveröffentlichungen, Publikationen  

  • Prüfungsberichte von Wirtschaftsprüfern

  • Zuwendungsbescheide ausländischer Behörden, wenn die Maßnahmen dort durch Zuschüsse oder Ähnliches gefördert werden  

  • Bestätigungen einer deutschen Auslandsvertretung, dass die behaupteten Projekte durchgeführt wurden  

Um im Nachhinein Streitigkeiten mit dem Finanzamt zu vermeiden, ist eine Abstimmung mit dem Finanzamt im Vorfeld zu empfehlen.  

Dennoch bleibt ein Risiko für diese international tätige Stiftung. Die erhöhten Nachweispflichten und die unterschiedlichen Anforderungen an die Nachweispflichten der jeweiligen Finanzämter für Auslandsaktivitäten stellen für Stiftungen, die im Ausland aktiv werden wollen, oftmals administrative und finanzielle Hürden dar und bergen zugleich ein Haftungsrisiko für die Stiftungsvorstände. Hier sollte den deutschen gemeinnützigen Stiftungen ein Vertrauensvorschuss zugebilligt werden, sodass auch bei Auslandsförderung im Regelfall von einer zweckgemäßen Verwendung der Mittel auszugehen ist und so die Dokumentationserfordernisse abzusenken sind.   

Zugleich sollten die Dokumentationserfordernisse in Deutschland einheitlich gehandhabt werden. Hier könnte die Einführung einer zentralen Stelle für die Anerkennung und Prüfung von steuerbegünstigten Körperschaften im Sinne von § 10b Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 EStG aus anderen EU-Staaten hilfreich sein. Mit der Schaffung einer Zentralzuständigkeit bei dem Bundeszentralamt für Steuern würde die Prüfung der Gemeinnützigkeitsvoraussetzung konzentriert bei einer Stelle erfolgen, was die Qualität und die Effektivität der Verfahren erhöhen und den Verwaltungsaufwand je Sachverhalt durch den Einsatz besonders geschulter Mitarbeiter nicht unerheblich reduzieren würde. Die Einführung einer Zentralzuständigkeit würde auch die Einbeziehung ausländischer Spendenempfänger in das deutsche Spendenrecht erheblich erleichtern. Denn obwohl aufgrund der europäischen Rechtslage Spenden und die entsprechenden steuerlichen Abzugsmöglichkeiten an ausländische Einrichtungen möglich sein müssen, fehlt es immer noch an praktikablen Umsetzungsmöglichkeiten. So muss zurzeit jedes einzelne Wohnsitzfinanzamt prüfen, ob eine ausländische Einrichtung als Spendenempfängerin einer „Gleichwertigkeitsprüfung“ standhält. Eine solche Zentralstelle könnten in einem zweiten Schritt auch die Anerkennung und Prüfung der Gemeinnützigkeit von Körperschaften außerhalb der EU zuständig sein in seinen Aufgabenbereich aufnehmen. Durch die Einführung einer Zentralzuständigkeit könnte die Gefahr der Doppelprüfungen vermieden, die Effektivität bei der Prüfung ausländischer Einrichtungen (etwa durch den Aufbau von Erfahrungswissen, leichtere Schulung von Mitarbeitenden) erhöht und die Wohnsitzfinanzämter der Spender von langwierigen Prüfungen entlastet werden. In gleicher Weise hätte man dann eine praktikable Lösung bei der grenzüberschreitenden Mittelverwendung.