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filia.die frauenstiftung

Ohne Frauen und Partizipation keine nachhaltige Entwicklung

Deutschland braucht eine Frauenstiftung! Dieser Meinung waren 2001 die neun Gründerinnen und legten in Satzung, Präambel und Arbeitsplan für filia.die frauenstiftung fest: Hier sollen ausschließlich Frauen* Entscheidungsmacht erhalten.

Die entscheiden lassen, die es betrifft: Der Mädchenbeirat bei filia arbeitet seit 2012 so erfolgreich, dass die Stiftung jetzt außerdem einen Beirat von und für geflüchtete Frauen* aufbauen wird. Partizipative Förderstrukturen schaffen für alle Beteiligten die Basis, um gerechter und bedarfsorientierter zu fördern. Gleichberechtigung bedeutet auch Zugang zu Entscheidungsmacht. Immer wieder prüfen die Mädchen* und jungen Frauen* im Beirat, ob das Konzept und die Umsetzung der Projekte auch wirklich von Mädchen* mitgestaltet und selbstbestimmt realisiert wurden.

Katrin Wolf Stellvertretende Geschäftsführerin und Öffentlichkeitsarbeit, filia.die frauenstiftung
SDG 3 - Gesundheit und Wohlergehen SDG 5 - Geschlechtergleichheit SDG 10 - weniger Ungleichheiten SDG 13 - Maßnahmen zum Klimaschutz

Geschlechtergerechtigkeit nachhaltig fördern

Geschlechtergerechtigkeit stellt sich nicht von selbst her. Zu manifest wirken patriarchale Machtstrukturen und damit verbundene kulturelle Zuschreibungen. Seit ihrer Gründung geht filia.die frauenstiftung strategisch vor, wobei vor allem folgende Schritte wichtig waren:

1. filia wurde als Gemeinschaftsstiftung gegründet, damit möglichst viele mitmachen können.

2. Als hauptsächliche Förderregion wurde Mittel- und Osteuropa identifiziert, da einige Entwicklungen in diesen Regionen zuungunsten von Frauenrechten verliefen.

3. filia trat dem Internationalen Netzwerk der Frauenstiftungen Prospera bei.

4. Von Anfang an galt: Das Kapital wird so angelegt, dass es den Zielen und der Mission der Stiftung nicht entgegensteht.

Um diesen letzten Punkt abzusichern, wurde ein Anlageausschuss gebildet, der aus der Geschäftsführerin, einer Vorstandsfrau, ausgewählten Banker*innen sowie einer Gründungsstifterin besteht und Geldanlagen identifiziert, die bestimmten Nachhaltigkeitskriterien entsprechen.

Gegenwart

70 Stifter*innen haben bis Ende 2019 in das Kapital der Stiftung investiert. Seit der Finanzkrise setzt die Stiftung jedoch vor allem auf Spenden und regelmäßige Fördersummen. Außerdem wurden die Geldquellen diversifiziert sowie neue Kooperationen mit Unternehmen, anderen Stiftungen und öffentlichen Institutionen eingegangen. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Nachhaltig fördern bedeutet auch, die Partner*innen langfristig zu unterstützen. Da aber die Kapitalerträge allein nicht mehr ausreichen, wurden neue Kooperationen zur Finanzierung der Stiftungsarbeit eingegangen.

Nachhaltig fördern bedeutet für filia auch, generationsübergreifend zu arbeiten. 2012 wurde mit der Einrichtung des MädchenEmpowermentPogramms gezielt in die nächste Generation investiert. Im Mädchenbeirat bestimmen mittlerweile Mädchen und junge Frauen über die Vergabe der Fördermittel in Deutschland, inzwischen sind das über 80.000 Euro im Jahr, und vertreten öffentlich ihre Anliegen, wann immer sich die Gelegenheit dafür bietet.

Dass filia nachhaltig anlegt, ist für uns eine Selbstverständlichkeit. Wir wünschen uns aber noch viel mehr genderbezogene Kriterien in Anlagestrategien: Wie sehen Führungsstrukturen und Arbeitsbedingungen in einem Unternehmen aus? Da gibt es noch viel Luft nach oben.

Sonja Schelper Geschäftsführerin, filia.die frauenstiftung

Zukunft

Reaktionäre Kräfte, antifeministische Gruppen und antidemokratische Regierungen haben in Europa und darüber hinaus gesellschaftliche Räume besetzt und arbeiten daran, feministische Errungenschaften zu diffamieren und rückgängig zu machen. Gemeinsam mit Frauenstiftungen aus Europa und Lateinamerika entwickelt filia Aktivitäten und Kampagnen gegen diese Tendenzen.

Klimawandel und Fluchtbewegungen sind Herausforderungen, die für eine kleine Stiftung zunächst sehr groß erscheinen. Dennoch setzen wir in unseren Projekten und Programmen auf einen partizipatorischen Zugang, indem geflüchtete Frauen über Projekte von und für geflüchtete Frauen und Mädchen entscheiden.

Auf einem Beiratswochenende der Stiftung habe ich gelernt, mir meine eigene Meinung zu bilden und vor allem, sie zu vertreten. Durch die hohe Sichtbarkeit bin ich besonders stolz auf meine Arbeit und die geförderten Projekte.

Maya Marie N. 20 Jahre, Mädchenbeirätin

Viel wurde erreicht, aber es liegt noch ein langer und schwieriger Weg vor uns. Wenn sogar im reichen demokratischen Deutschland jeden dritten Tag eine Frau von ihrem Partner ermordet wird, der Gender Pay Gap sich nur langsam schließt und Altersarmut vor allem weiblich ist – um nur einige Aspekte zu nennen –, dann erhalten wir eine Vorstellung davon, welche Aufgaben noch vor uns liegen. Nur gemeinsam sind wir reich.

Anmerkung zur Verwendung des Zeichens *: Frau meint hier alle Menschen, die sich als Frauen identifizieren bzw. als Frauen leben. Damit soll der Begriff inklusiv für Trans-Menschen gelten.

Präambel

Wir, die Gründerinnen von filia, haben die Vision von einer gerechten, menschenwürdigen und vielgestaltigen Welt, zu der Frauen Entscheidendes beizutragen haben. Es ist unser Interesse, dass Frauen und Mädchen überall auf der Welt bessere Chancen erhalten und dass sie ihr Leben selbstbestimmt gestalten können.

(…)

In besonderer Weise fühlen wir uns den Frauen verpflichtet, die nicht nur aufgrund ihres Geschlechts, sondern auch wegen ihrer Hautfarbe, ihrer Herkunft oder ihrer sexuellen Orientierung Diskriminierungen ausgesetzt sind.

§ 2 Stiftungszweck

(1) Zweck der Stiftung ist die Förderung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern im Sinne des Grundgesetzes, der Entwicklungshilfe und der Berufsbildung und der staatsbürgerlichen Bildung und mildtätiger Zwecke.

(2) Der Satzungszweck wird insbesondere verwirklicht durch die aktive Förderung von Frauen und Mädchen in der Gesellschaft.

 

Strategischer Plan 2017–2021

Frauen machen die Hälfte der Weltbevölkerung aus. Bis zum heutigen Tag, in einigen Ländern – auch in MOE (Mittel- und Osteuropa) – wieder zunehmend, werden ihnen Partizipation, gleiche Rechte und Zugangsmöglichkeiten zu Ressourcen verwehrt oder erschwert, sind sie geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt ausgesetzt.

filia.die frauenstiftung wurde als eine Plattform zur Stärkung von Frauen und Mädchen gegründet. Als Förderin und Advokatin unterstützen wir Frauen und Mädchen weltweit bei der Umsetzung ihrer Ideen und Vorhaben, die sozialen Wandel zum Ziel haben. Wertschätzung gegenüber den Erfahrungen und Lösungsansätzen der Frauen und Mädchen ist dabei ebenso entscheidend wie die partnerschaftliche Zusammenarbeit und das Sichtbarmachen ihrer Erfolge.

 

Unsere Mission

Als Stiftung sehen wir unsere Aufgabe darin, Mittel zur Verfügung zu stellen und zu verwandeln in Aktivitäten von Frauen und Mädchen für Frauen und Mädchen.

Die vollständige Mission finden Sie hier.

 

Anlagestrategie

filia.die frauenstiftung setzt sich für soziale Gerechtigkeit für Mädchen und Frauen weltweit ein. Sie tut dies durch ihre Fördertätigkeit und sie strebt an, dass auch die Anlageform des Stiftungskapitals diesem Ziel dient oder dem zumindest nicht entgegensteht.

Die vollständige Anlagestrategie finden Sie hier.

Welche Rolle spielen Stiftungen bei der Umsetzung der SDGs?
Wir können nicht für alle sprechen, aber die Frauenstiftungen, die auch weltweit vernetzt sind, stellen eine entscheidende Ressource für die Verbesserung der Geschlechtergerechtigkeit dar. Sie investieren direkt in die Basisgruppen und die Frauenbewegung. filia ist seit ihrer Gründung Mitglied in diesem Netzwerk und gemeinsam realisieren wir das SDG 5 Geschlechtergerechtigkeit, das jedoch in enger Verbindung mit anderen SDGs steht.

Innerhalb der Stiftungslandschaft in Deutschland könnte es – unserer Meinung nach – viel mehr Synergieeffekte geben. Wenn die Stiftungen mehr zusammenarbeiten würden und einen Blick dafür entwickelten, wem sie ihre Förderungen zugutekommen lassen, wer in den Leitungsgremien sitzt und wie sie den Lebensalltag von Frauen mitberücksichtigen können.

Wie viele Ressourcen setzen Sie für Ihr SDGs-relevantes Wirken ein?
filia fühlt sich seit ihrer Gründung der Umsetzung von Gleichberechtigung und Selbstbestimmung von Frauen und Mädchen weltweit verpflichtet. Alle Spenden und Zuwendungen aus diversen Geldquellen (Unternehmenskooperationen, öffentliche Mittel, anderen Stiftungen) zahlen auf dieses Ziel ein. filia hat in den letzten 18 Jahren über 400 Projekte in 45 Ländern unterstützt.

Welche Wirkung konnten Sie damit erzielen?
filia hat zwei Schwerpunkte: Partizipation und Freiheit von Gewalt. Außerdem beschäftigen wir uns mit den Auswirkungen des Klimawandels, insbesondere mit den daraus resultierenden Fluchterfahrungen von Frauen.

filia unterstützte etwa die Frauenstiftung MONES aus der Mongolei dabei, sich mit den Auswirkungen des Klimawandels auf Frauen zu beschäftigen. Inzwischen fragt das mongolische Umweltministerium MONES als Expertin für gendersensitive Förderung an und auch andere Institutionen beziehen ihre Expertise zu Geschlechtergerechtigkeit in Entscheidungsfindungen mit ein.

Ein anderes Beispiel: In mehreren Ländern des Kaukasus und auch in Südafrika unterstützte filia Kampagnen gegen häusliche Gewalt und für die Anerkennung von Morden an lesbischen Frauen* als „Hasskriminalität“. Damit wird sichtbar, dass es sich nicht um persönliche Themen oder Schicksale handelt. So findet – langsam, aber Schritt für Schritt – ein Umdenken statt.

Welches sind Ihre wichtigsten Erfahrungen?
Stiftungen sollten den Wandel unterstützen, also Projekte fördern, die sich um strukturelle Veränderungen bemühen. Dabei hilft es, sich Verbündete zu suchen und wenn irgend möglich vertrauensvoll über mehrere Jahre zusammenzuarbeiten. Und ganz wichtig: Auch aus Misserfolgen lernen.

Welche Hürden gibt es für Stiftungen beim Engagement für die SDGs?
Obwohl das Thema Gendergerechtigkeit in aller Munde ist, haben wir es als Stiftung schwer, in die Medien zu kommen und auch die Erfolge, nicht nur die Opferperspektive zu zeigen. Im Mainstream sind die Nachhaltigkeitsziele nicht angekommen. Immer wieder weisen wir darauf hin: Die Verwirklichung der Gendergerechtigkeit ist kein „Kann“, sondern ein „Muss“. Die Weltgemeinschaft hat sich dazu verpflichtet. Eine weitere Hürde: Der Antifeminismus treibt wilde Blüten im Netz und anderswo.

Was muss passieren, damit Stiftungen mehr Engagement für die SDGs zeigen?
Sich darauf berufen. Immer wieder. Steter Tropfen höhlt den Stein oder besser: Nur mit Hartnäckigkeit, Geduld, Vertrauen und Solidarität kommen wir gemeinsam an die SDGs-Ziele. Sie sind ein Hilfsmittel, mehr nicht, aber auch nicht weniger. Wir merken es tagtäglich: Die Welt ist kleiner geworden und (fast) alles hängt miteinander zusammen.