Unzureichende Datenlage

Was gehört zum Stiften 

Um das Potenzial des Stiftens in Deutschland für die Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals, SDGs) zu bestimmen, braucht es zunächst eine allgemein anerkannte Systematik dafür, was unter „Stiften“ eigentlich zu verstehen ist. Welche Organisationsformen zählen dazu – und welche nicht mehr? Einen Überblick über das breite Spektrum des Stiftens verschafft die Engagementlandschaft.  

Daten liegen vor allem über klassische Stiftungsformen, etwa die Stiftungen des bürgerlichen Rechts, vor. Je weiter man sich vom Stiftungsbegriff im engeren Sinne entfernt, umso weniger Informationen stehen zur Verfügung. Eine Aufgabe wird es daher sein, umfassendere Daten zu erheben – und auch zu bestimmen, was man überhaupt sinnvollerweise erheben sollte, um bemessen zu können, wie groß das Potenzial des gesamten Spektrums des Stiftens tatsächlich ist. 

Wie viel Kapital wird für das Stiften eingesetzt?  

Noch schwieriger zu erfassen ist der Kapitaleinsatz in Stiftungen: Zurückzuführen ist das vor allem auf fehlende Bestimmungen, die Zugänglichkeit zu Informationen schaffen. Das gilt für Daten zum eingesetzten Kapital ebenso wie für Daten zur damit erzielten Wirkung. Deshalb fordert der Bundesverband Deutscher Stiftungen schon seit Längerem ein Stiftungsregister mit Publizitätswirkung. Damit werden Informationen, wie etwa die Höhe des Gründungskapitals, die die Stiftungen bei der Registrierung angeben müssen, auch einsehbar sein.

Auch über die Wirkung des eingesetzten Stiftungskapitals liegen keine systematischen Erkenntnisse vor. Denn Stiftungen sind bislang nicht verpflichtet, in Berichten mit einheitlichen und vergleichbaren Standards über das eingesetzte Stiftungskapital zu informieren. In der Wirtschaft hingegen sind Berichtsstandards Praxis.

Systematisierung entlang der SDGs  

Einige Zahlen über Kapitaleinsatz und Wirkung des Stiftungskapitals liegen dennoch vor, vor allem über die Kooperation von Stiftenden mit anderen Akteuren. Sie sind etwa den Berichten deutscher Ministerien zu entnehmen, die mit Stiftungen zusammenarbeiten, aber auch den Jahresberichten von Unternehmensstiftungen. Allerdings lassen diese Zahlen sich meist nicht den SDGs zuordnen, weil die Berichte der entwicklungspolitischen bzw. der unternehmenspolitischen Sichtweise verpflichtet sind und die Daten entsprechend aufbereiten. Nachträglich erweist sich eine SDGs-orientierte Zuordnung als sehr schwierig. Es ist daher wichtig, für alle laufenden und geplanten Projekte der Zusammenarbeit eine Lösung zu finden, die die SDGs bei der Datenerfassung berücksichtigt. 

Input versus Wirkung  

Selbst wenn die für die SDGs eingesetzten Mittel bekannt sind, lassen sich daraus nicht automatisch auch schon Aussagen über die erzielten Ergebnisse ableiten. Eine große Summe an Geld bedeutet nicht per se, dass sie auch effizient für die SDGs eingesetzt wird und relevante Wirkung entfaltet. Vielmehr beobachten wir im Bereich des Stiftens in Deutschland, dass für die Gesellschaft bedeutende Leistungen gerade dort entstehen, wo mit geringen Budgets, aber beeindruckendem ehrenamtlichem Engagement gearbeitet wird. Um zu messen, ob und wie die SDGs bis 2030 erreicht werden können, braucht es deshalb einen wirkungsorientierten Ansatz, der erfasst, wie alle Akteure – Wirtschaft, Politik, Zivilgesellschaft sowie jeder und jede Einzelne – auf subnationaler, nationaler, regionaler und globaler Ebene zur Erreichung der Ziele beitragen können.  

Plattform zur Darstellung der Beiträge zu den SDGs  

Immerhin ermöglichen derzeit bereits einige Plattformen einen Überblick darüber, worauf das für die SDGs aufgewendete Kapital der Philanthropie verwendet wird, darunter die Plattform SDG Funders. Eine Möglichkeit, die erzielten Wirkungen auf subnationaler, nationaler, regionaler oder globaler Ebene zu kontrollieren, besteht allerdings auch hier noch nicht. Für die Berichterstattung in den freiwilligen nationalen Länderberichten (Volunatry National Reviews, VNRs) wäre die Bereitstellung solcher Daten auf einer zentralisierten Plattform zwingend erforderlich.   

Berücksichtigung des Stiftens in der Konzeptentwicklung  

Die Probleme bei der systematischen Datenerhebung gehen auf ein Problem bei der Entwicklung der SDGs zurück: Bei der Entwicklung der Agenda 2030 und deren Formulierung wurde die Zivilgesellschaft zwar umfassend beteiligt, bei den Indikatoren zur Messung der Zielerreichung wurden die Vertreter aus dem gemeinnützigen Umfeld jedoch nicht hinreichend berücksichtigt. Dasselbe gilt für die deutsche Nachhaltigkeitsstrategie. Das ist ein weiterer Grund dafür, dass sich nach wie vor nicht genau bestimmen lässt, wie hoch der Beitrag des Stiftens zur Erreichung der SDGs ist.