Begrenzte Ressourcen

Mobilisierung von Finanzen, Wissen und Engagierte für die SDGs

Auch wenn Stiftungen im Vergleich zu Regierungen über deutlich geringere Finanzmittel verfügen, kann ihre Rolle als Förderer bedeutend sein – etwa wenn sie in besonderen Nischen oder mit besonderer Unabhängigkeit finanzieren. Auch als Investoren haben sie mit ihrem Anlageverhalten einen Einfluss auf die Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals, SDGs). Als Kapitalsammelstellen mit positiver Wirkung könnten sie eine noch größere Rolle spielen, um zusätzliche Ressourcen zu mobilisieren.

Vermögensanlage optimieren 

Mehr aus den Stiftungsvermögen herausholen 

Stiftungen des bürgerlichen Rechts sind mit Vermögen ausgestattet, aus deren Erträgen heraus sie ihre Budgets ableiten. Bei Stiftungen des bürgerlichen Rechts sind die Vermögen dabei grundsätzlich zu erhalten. Eine Ausnahme stellen Verbrauchsvermögen dar. Darüber hinaus verfügen viele Stiftungen über weitere Finanzierungsquellen, etwa durch regelmäßige Spenden noch lebender Stiftender oder durch Fundraising und Kooperationen. Die Finanzierungsmechanismen und -regeln sind so vielfältig und unterschiedlich, dass sie hier nicht gesamthaft bewertet werden können. Aus der Arbeit etwa der Arbeitskreise Stiftungsvermögen, des Expertenkreises Impact Investing sowie dem Netzwerk rund um das Projekt „Kapital und Wirkung“ des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen lassen sich aber durchaus gemeinsame Handlungsfelder ableiten. 

Auch weil Stiftungen hinsichtlich Größe, Rechtsform und Vermögensstruktur so unterschiedlich sind, fehlt es Stiftungsorganen häufig an Vergleichsdaten und maßgeschneiderten Tools zur Unterstützung und Dokumentation von Vermögensentscheidungen. Um stärkere Beiträge in den Zielbereichen der SDGs zu leisten ohne aktuelle Förderungen, Eigenprojekte oder die Personal- und Sachmittel zur Aufrechterhaltung der Stiftungsarbeit zu beschneiden, richtet sich in den meisten Stiftungen der Blick auf oft vorhandene zusätzliche Ertragspotenziale. Das repräsentative Stiftungspanel des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen zeigt seit 2016, dass ein wesentlicher Teil von Stiftungen Schwierigkeiten hat, Erträge oberhalb der Inflationsrate zu erzielen. Weiterhin zeigt eine Schätzung der ESMT in der Studie „Endowment Impact – Gesellschaftlicher Mehrwert von Stiftungen aus Vermögen“ von 2018, dass Stiftungen oft noch risikoaverser anlegen als es ihnen das Stiftungsrecht, die eigene Satzung oder Stiftungsaufsichten bzw. Finanzämter auferlegen.  

Gespiegelt wird diese Herausforderung auf der Angebotsseite, wo Stiftungen nur selten und erst mit hohen Anlagevolumen maßgeschneiderte Finanzprodukte und -beratung finden. Abgesehen von den sogenannten Stiftungsfonds, hinter denen sich meist eher defensive Mischfonds verbergen (deren Performance nach Daten von absolut.research oft unter dem Durchschnitt der Mischfonds liegen), gibt es kaum Finanzprodukte, die auf die doppelte Charakteristik von langem Anlagehorizont und sozialer Zielausrichtung eingehen. Als eine wesentliche Hürde werden in diesem Zusammenhang oft angeblich restriktive Stiftungsaufsichten und Finanzämter zitiert. In der Praxis stimmt diese Einordnung oft jedoch nicht, was auf das Fehlen eines systematischen Dialogs zwischen Stiftungen, Finanzdienstleistern und Aufsichten hinweist. 

Anlage nach ESG-Kriterien prüfen 

Nach Angaben des Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG) spielen Stiftungen unter den institutionellen Anlegern keineswegs die vielleicht zu erwartende Vorreiterrolle hinsichtlich der Anwendung sozialer und ökologischer Kriterien. Auch wenn es etwa insbesondere bei kirchlichen Stiftungen sowie im Bereich der Naturschutz-Stiftungen einige Bereiche gibt, in denen ESG-Anlagen (Environmental, Social, Governance) bereits breite Anwendung finden, ist anzunehmen, dass es nach wie vor viele Stiftungen gibt, die noch keine Transparenz über die soziale und ökologische Wirkung des eigenen Portfolios haben. Im schlechtesten Fall kann es sein, dass Stiftungen bei der Anlage des Stiftungsvermögens ihren eigenen Zwecken zuwiderlaufen.

In den vergangenen zwei Jahrzehnten hat sich bei der Verfügbarkeit und der Breite der ESG-Anlagen so viel getan, dass einer weiteren Verbreitung kaum noch technische Hürden oder Bedenken hinsichtlich Risiko-Rendite-Profil entgegenstehen. Es gibt auch bereits erste ESG-Anlagen, die sich mit den SDGs korrelieren lassen, um so eine Darstellung des Stiftungswirkens im Hinblick auf die Nachhaltigkeitsziele zu ermöglichen. 

Kompetenzen der Stiftungsorgane stärken  

Von entscheidender Bedeutung für die Berücksichtigung der SDGs in der Stiftungsarbeit sind die Stiftungsorgane. Ihre Besetzung, ihr Wissen sowie ihre Vorgaben für die Entscheidungsfindung und Dokumentation der Entscheidung sind wesentlich für eine wachsende Bedeutung der SDGs. 

Stiftungen stehen indes mit der Gewinnung qualifizierter Engagierter vor einer wachsenden Herausforderung. Vor fünf Jahren berichtete nur ein Drittel der Stiftungen von dieser Herausforderung, vor drei Jahren war es bereits die Hälfte (Quelle: Stiftungspanel Nr. 16). Angesichts eines anstehenden Generationenwechsels in vielen Gremien dürfte inzwischen eines der drängendsten Probleme tatsächlich darin bestehen, Gremienmitglieder mit einschlägigen juristischen, finanziellen Fachkenntnissen oder Erfahrungen in der Anwendung der SDGs zu mobilisieren. 

Eine weitere Hürde besteht oft darin, zu den noch recht neuen SDGs eine entsprechende Wissensgrundlage zu schaffen, um die Arbeit der Stiftung weiterzuentwickeln. Nur die wenigsten, meist ehrenamtlichen Stiftungsvorstände dürften hier die vorhandenen Weiterbildungsmöglichkeiten genutzt haben. Eine größere Hürde als möglicherweise fehlende Kompetenzen sind aber ohnehin häufig rechtliche Unsicherheiten hinsichtlich der Auslegung und Weiterentwicklung von Satzungen, sei es im Hinblick auf die Zweckerfüllung oder die Vermögensanlage. Oft fehlen in diesem Zusammenhang auch einfach verfügbare und verständliche Orientierungen aus der Rechtspraxis, etwa zum Haftungsmaßstab für Gremienmitglieder oder zum möglichen Gefahren für die Gemeinnützigkeit.