Geografische Grenzen der Stiftungsarbeit

Rechtliche Rahmenbedingungen für die grenzüberschreitende Philanthropie

Die Verpflichtung Deutschlands zur Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals, SDGs) lenkt das Engagement gemeinnütziger Stiftungen zunehmend auf die internationale Ebene. Dabei ist grenzüberschreitendes stifterisches Handeln in komplexe rechtliche Zusammenhänge eingebettet, die das internationale Wirken gemeinnütziger Stiftungen fördern, aber auch einschränken können. Der rechtliche Rahmen in Deutschland eröffnet heute schon viele Möglichkeiten, sich als gemeinnützige Organisation international zu engagieren. Die (potenziellen) Akteure können sich also auf bereits bestehende Regelungen berufen, um international tätig zu werden. Sie sollten darüber hinaus mutiger werden, die bestehen Chancen auch auszuprobieren und zu nutzen. Dabei müssen die gesetzlichen Vorgaben berücksichtigt werden. Die Analyse der rechtlichen Hürden für die grenzüberschreitende gemeinnützige Arbeit kann einen Beitrag dazu leisten, das internationale Engagement des Stiftens zu stärken. Welche rechtlichen Rahmenbedingungen haben Stiftungen bei grenzüberschreitender Aktivität derzeit zu beachten? 


Vorschläge zur Verbesserung des rechtlichen Rahmens  

Das Rechtgutachten stellt fest, dass die theoretischen Ausführungen und die praktischen Beispiele gezeigt haben, dass die rechtlichen Herausforderungen für grenzüberschreitendes philanthropisches Handeln auf verschiedenen Ebenen liegen. Zunächst sind – wie bei jedem anderen rechtlich relevanten Handeln auch – die allgemeinen Vorgaben des Gesellschaftsrechts, des Arbeitsrechts, des Aufenthaltsrechts usw. zu beachten, die für das jeweilige Tätigkeitsfeld und Einsatzland relevant sind. Speziell für die Philanthropie ist sodann das (Gemeinnützigkeits-)Steuerrecht von entscheidender Bedeutung. Hier entspringt eine grundsätzliche Herausforderung daraus, dass die Mittel einer gemeinnützigen Körperschaft durch das Ausschließlichkeits- und das Unmittelbarkeitsprinzip im gemeinnützigen Finanzkreislauf gebunden sind. Dies führt insbesondere im sozialunternehmerischen Kontext zu Problemen, wenn Mittel entweder nicht ausschließlich oder unmittelbar für gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke i.S.d. §§ 52–54 AO verwendet werden sollen. Eine grundlegende Reform des Gemeinnützigkeitsrechts ist nicht erforderlich. Nach dem Rechtsgutachten ist es ja gerade der Kerngedanke des Gemeinnützigkeitsrechts und die Rechtfertigung der gewährten Steuerbegünstigungen, dass bestimmte gemeinwohldienliche Zwecke ausschließlich verfolgt werden und nicht bloß reflexartige bzw. mittelbare Folge wirtschaftlicher Tätigkeiten werden. Eine Aufweichung der insofern bestehenden Anforderungen würde nur zu weiteren Abgrenzungsproblemen und Ungleichheiten führen. Zielführender und ausreichend ist es, (1.) bestimmte Detailregelungen anzupassen, die zu unnötigen Erschwernissen für grenzüberschreitende Philanthropie führen, und vor allem, (2.) bestimmten Auslegungs- und Anwendungsunklarheiten entgegenzuwirken.  

  1. Wie in der Analyse der derzeitigen Rechtslage in Deutschland im Rechtsgutachten ausgeführt, spricht vieles dafür, auf den strukturellen Inlandsbezug nach § 51 Abs. 2 AO zu verzichten und so für Rechtsklarheit zu sorgen. Ebenfalls sollte der inhärente Inlandsbezug des gemeinnützigen Zwecks der „Förderung des demokratischen Staatswesens“ nach § 52 Abs. 2 Nr. 24 AO beseitigt werden, indem die Beschränkung auf den „Geltungsbereich dieses Gesetzes“ gestrichen wird. Darüber hinaus wäre es im Lichte der Kapitalverkehrsfreiheit des Europarechts denkbar, Spenden und Zustiftungen auch direkt an ausländische Organisationen, die weder in Deutschland beschränkt steuerpflichtig noch in einem EU-/EWR-Mitgliedstaat gelegen sind, steuerlich abzugsfähig zu machen. Zudem ist es zu begrüßen, dass in der Stellungnahme des Bundesrates vom 20.09.2019 angeregt wird, die in § 58 Nr. 2 AO enthaltenen Einschränkungen zur Mittelweitergabe nur an gemeinnützige Organisationen in Deutschland und EU/EWR Körperschaften, die beschränkt steuerpflichtig sind, zu streichen.
  2. Weiterhin stellt das Rechtsgutachten fest, dass viele Probleme grenzüberschreitender Philanthropie lediglich aus Unklarheiten über die Rechtsanwendung resultieren, wodurch kostenintensive Beratung und zeitintensive Abstimmung mit den Finanzämtern notwendig werden. Eine vielfach schon ausreichende Vereinfachung würde erfolgen, wenn die Finanzverwaltung für bestimmte Bereiche nähere Informationen zum Verständnis der Rechtlage gäbe. Aus den praktischen Beispielen wurde deutlich, dass dies insbesondere auf den sozialunternehmerischen Bereich zutrifft. So formuliert auch die Siemens Stiftung, dass es für die Planung und Organisation von Projekten einen deutlichen Gewinn an Klarheit brächte, wenn im Anwendungserlass zur Abgabenordnung erklärt würde, wie die Unmittelbarkeit im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit bei Unternehmerförderung zu definieren ist. Dabei sollte der Blick nicht nur auf den „klassischen“ Entwicklungsförderungsmaßnahmen wie technischer und struktureller Hilfe liegen, sondern auch auf Bereichen wie Organisationsentwicklung, Administration und Kommunikation. Aus der praktischen Arbeit mit Sozialunternehmen ist bekannt, dass gerade dies die über Scheitern und Erfolg entscheidenden kritischen Themen in jungen Unternehmen sind.