Bürgerstiftung München
© Yavor Lalev

Bürgerstiftung München

Schritte, um die Nachhaltigkeitsziele umzusetzen

Erfahrungen der Bürgerstiftung München aus dem Gemeinschaftsprojekt „Münchner Initiative Nachhaltigkeit“

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Um die Nachhaltigkeitsziele zu verfolgen, muss man die eigene Arbeit in einen grundsätzlichen Zusammenhang stellen. Das heißt zunächst einmal, die eigenen Verwaltungs- und Büroarbeiten zu betrachten, zum Beispiel Energieverbrauch, Papier etc. Ein nächster Schritt ist, die Wirkung der Förderungen und Projekte mit Blick auf die SDGs zu überprüfen. Wie sieht es konkret mit der sozialen, ökologischen und ökonomischen Verantwortung im globalen Zusammenhang aus, wie sie in den SDGs im Einzelnen dargelegt ist?   

Davon ausgehend kann man die nächsten konkreten Schritte angehen, zum Beispiel indem man Nachhaltigkeit als Kriterium in die Förderrichtlinien aufnimmt oder als Ziel in der Satzung verankert.   

Carmen Paul Geschäftsführerin, Bürgerstiftung München
SDG 1 - Keine Armut SDG 2 - Kein Hunger SDG 3 - Gesundheit und Wohlergehen SDG 4 - Hochwertige Bildung SDG 5 - Geschlechtergleichheit SDG 7 - Bezahlbare, saubere Energie SDG 8 - Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum SDG 9 - Industrie, Innovation und Infrastruktur SDG 10 - weniger Ungleichheiten SDG 11 - Nachhaltige Städte und Gemeinden SDG 12 - Nachhaltige(r) Konsum und Produktion SDG 13 - Maßnahmen zum Klimaschutz SDG 15 - Leben an Land SDG 16 - Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen SDG 17 - Partnerschaften zur Erreichung der Ziele

Von Bürgern, für München 

Als die Stadt München eine Agenda zur Nachhaltigkeit unterschrieb, diese aber nur langsam verwirklichte, trieb die Zivilgesellschaft die Umsetzung voran. Unter dem Dach der Bürgerstiftung München fand sich ein Bündnis zusammen, das für eine nachhaltige bayrische Landeshauptstadt eintritt. 

Eine deutsche Bürgerstiftung, die sich seit ihrer Gründung vor 20 Jahren den Zielen der nachhaltigen Entwicklung verschrieben hat – das ist die Bürgerstiftung München. Von Anfang an hatten sich die Gründerinnen und Gründer auf verschiedensten Wegen für die „Lokale Agenda München 21“ engagiert. Diese Arbeit wollten sie über die Stiftung fortführen. Heute müssen alle Projekte, die die Stiftung fördert, dem Gedanken der Nachhaltigkeit entsprechen. So ist es in den Förderkriterien festgeschrieben. Dadurch waren die Inhalte der SGDs den Mitarbeitenden in der Stiftung vertraut. 

Zwar unterzeichnete der Oberbürgermeister der Stadt München im Juni 2016 eine „Resolution der Landeshauptstadt München zur Agenda 2030“, jedoch schritt deren Umsetzung zunächst kaum voran. Daher trat die Bürgerstiftung München gemeinsam mit anderen lokalen Organisationen an die Stadt heran und bot ihre Unterstützung bei der Entwicklung einer Nachhaltigkeitsstrategie für München an. Weitere Organisationen, die sich im Bereich Nachhaltigkeit engagieren, schlossen sich an und so entstand das Bündnis „Münchner Initiative Nachhaltigkeit“ (MIN). Inzwischen wird es von rund 50 Organisationen getragen, die sich gemeinsam für eine nachhaltige Entwicklung in München einsetzen.  

Das Engagement von Bürgerinnen und Bürgern zu fordern und zu fördern – das ist die originäre Aufgabe von Bürgerstiftungen. Und das sehe ich auch als die große Aufgabe für Bürgerstiftungen bei der Umsetzung der SDGs.

Carmen Paul Geschäftsführerin, Bürgerstiftung München

Die ersten Schritte

Im Februar 2019 veranstaltete die Initiative einen ersten großen Nachhaltigkeitskongress namens SUSTAIN, auf dem Aktive aus Wirtschaft, Politik, Stadtverwaltung und Wissenschaft mit Bürgerinnen und Bürgern zusammenkamen. Dafür wurden acht Arbeitsgruppen – sogenannte Manufakturen – zu SDGs-relevanten Themen aufgestellt, die konkrete Handlungsempfehlungen zur weiteren Diskussion erarbeiteten. Dabei setzten die Organisatoren auf das in der Stadt vorhandene Know-how von Politik, Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Bürgerinnen und Bürgern – auf die Weisheit der vielen also, die über großes Wissen zu ihrer Stadt verfügen. 

An dem Kongress nahmen rund 400 Menschen teil – und das Interesse war sogar noch viel größer. Aus reinen Platzgründen konnten nicht mehr Teilnehmende aufgenommen werden. Finanziert wurde SUSTAIN mit rund 30.000 Euro von der Stadt München, Renn.Süd und weiteren Stiftungen und lokalen Organisationen sowie von den Partnern des MIN-Bündnisses und mit Unterstützung von rund 100 Ehrenamtlichen. Die Teilnehmenden der Manufakturen treffen sich auch weiterhin regelmäßig und für 2020 ist ein weiterer Kongress geplant.

An diesem Kongress nahmen über 400 Personen teil - Und as Interesse war noch viel größer
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Die Bürgerstiftung München war von Anfang an beteiligt, weil sie das Engagement von den Bürgerinnen und Bürgern fordern und fördern wollte. Der Bürgerstiftung ging es insbesondere um die Organisation eines Prozesses, der Bürgerinnen und Bürger sowie Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft mit einbindet. Die Arbeit für MIN war eine große Herausforderung, weil die Bürgerstiftung eine kleine Stiftung ist und ein Beitrag zunächst überwiegend über den ehrenamtlichen Einsatz einer Vorständin geleistet wurde.  

Die SDGs sind ein politisches Konzept. Stiftungen denken eher philanthropisch und müssen erst einmal in Kontakt kommen mit etwas, was aus der Politik kommt.

Carmen Paul Geschäftsführerin, Bürgerstiftung München

Wie kann es weitergehen?

Die Münchner Bürgerstiftung bot dem Bündnis an, die Initiative unter ihrem Dach zu verankern. Hier zeigt sich ein Vorteil von Bürgerstiftungen: Sie können solche Initiativen anstoßen und sie mit den für die Gemeinnützigkeit nötigen Formalia unterstützen, sodass nicht extra ein Verein oder eine Stiftung gegründet werden muss und trotzdem Spenden und Fördergelder entgegengenommen werden können. Organisatorisch hat die Bündnisinitiative einen Koordinierungskreis von sieben Personen gebildet, in dem auch die Bürgerstiftung München vertreten ist.  

Es braucht viel Zeit und Energie, um unterschiedliche Akteure einzubinden. Bei der Bürgerstiftung München war das über den ehrenamtlichen Einsatz von ein bis zwei Personen allein nicht mehr zu leisten. Nachdem die Initiative organisatorisch in die Bürgerstiftung München integriert worden war, konnte die Geschäftsführerin auch Arbeitszeit für die Initiative einsetzen. Zusätzlich engagierten sich für dieses Projekt drei neue Ehrenamtliche in der Bürgerstiftung und es konnte außerdem für zwölf Monate eine 450-Euro-Stelle geschaffen werden. Dies brachte allerdings auch neue Koordinierungsarbeit für die Bürgerstiftung mit sich. 

Heute gibt es zwei wesentliche Herausforderungen für MIN: Wie kann das Engagement weiterhin aufrechterhalten und wie kann es so gestaltet werden, dass es nicht in Überlastung endet? Dabei ist auch zu bedenken, wie der Stab an andere Personen übergeben werden kann. Zusätzlich stellt sich die Frage, woher Fördergelder zu bekommen sind, um die Initiative nachhaltig zu gestalten – für das Jahr 2021 werden gegenwärtig ca. 300.000 Euro veranschlagt.

Der Leitgedanke der Nachhaltigkeit wird die Arbeit der Bürgerstiftung weiterhin tragen. Dabei helfen ihr die Eigenschaften einer Bürgerstiftung: Neutralität und Langfristigkeit, Nähe und Zugang zu den Bürgerinnen und Bürgern sowie die Fähigkeit, Ehrenamtliche einzubinden und zu aktivieren.

Das hört sich wahnsinnig banal an, aber es ist tatsächlich so: Man muss sich erst einmal der SDGs bewusst sein und irgendwie verstehen, warum das, was man macht, eine Antwort auf eines dieser Ziele sein könnte.

Carmen Paul Geschäftsführerin, Bürgerstiftung München

  • Die Bürgerstiftung München fördert eine nachhaltige Stadtentwicklung in München.
    Präambel
  • Soziale Gerechtigkeit, ökologische und ökonomische Verantwortung im globalen Zusammenhang sind ihre Leitgedanken.
    Präambel
  • Zweck der Stiftung ist insbesondere die Förderung von ökologisch, sozial und ökonomisch verantwortbaren Aktivitäten und Projekten zur nachhaltigen Entwicklung in der Landeshauptstadt München.
    §2 (2) – Stiftungszweck
  • Lokaler Schwerpunkt der Förderung ist das Gebiet der Landeshauptstadt München. Die Förderung von Aktivitäten außerhalb der Landeshauptstadt München ist möglich, wenn diese eine sinnvolle Ergänzung zu Aktivitäten innerhalb der Stadt oder einen Beitrag zu einer nachhaltigen Regionalentwicklung des Großraums München darstellen.
    §2 (3) – Stiftungszweck
  • Bei der Art der Geldanlage sollen ethische und ökologische Kriterien vorrangig berücksichtigt werden.
    §4 (1) – Grundstockvermögen, Zustiftungen, Spenden

Die vollständige Satzung der Bürgerstiftung München

Welche Rolle spielen Stiftungen bei der Umsetzung der SDGs?
Bürgerstiftungen stehen für Bürgernähe, für das Ermöglichen von Partizipation, für Neutralität und langfristig angelegte Arbeit. Sie sind für andere Stiftungen, Politik, Wirtschaft und weitere Akteure ein guter Kooperationspartner, um Bürgerinnen und Bürger zu erreichen.

Wie viele Ressourcen setzen Sie für Ihr SDGs-relevantes Wirken ein?
Das gesamte Engagement der Münchner Bürgerstiftung ist auf Nachhaltigkeit ausgerichtet. Der Nachhaltigkeitskongress SUSTAIN im Februar 2019, der von der Bündnispartnerschaft Münchner Initiative für Nachhaltigkeit (MIN) organisiert wurde, hatte 400 Teilnehmende. 

Dafür standen folgende Ressourcen zur Verfügung:  

  • 30.000 Euro Fördergelder und Spenden
  • 100 ehrenamtlich tätige Personen 
  • 50 Organisationen in der Bündnispartnerschaft 

Außerdem hatten wir im letzten Jahr ca. 18.000 Euro zu Verfügung (der Kongress nicht mitgerechnet). Das ist natürlich viel zu wenig, und war nur machbar, weil so viele Menschen ehrenamtlich mitgearbeitet haben.

Welche Wirkung konnten Sie damit erzielen?
Wir haben Akteure aus den Bereichen Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft sowie Bürgerinnen und Bürger zusammengebracht, damit sie sich gemeinsam über die nachhaltige Entwicklung Münchens austauschen, weiterführende Ideen und Handlungsansätze besprechen und nachhaltige Konzepte umsetzen können.

Welches sind Ihre wichtigsten Erfahrungen?
Man kann unglaublich viel durch ehrenamtliches Engagement anstoßen. Langfristig braucht es jedoch Konzepte, wie man die Arbeit für eine nachhaltige Entwicklung selbst nachhaltig aufstellen kann. Zu leicht geschieht es, dass man im Engagement an die Grenzen der Kraft geht, um positive Wirkungen zu erzielen. Für langfristiges Engagement braucht es deshalb eine Strategie und eine finanzielle Basis.

Welche Hürden gibt es für Stiftungen beim Engagement für die SDGs?
Stiftungen wollen sich nicht unbedingt das Gerüst der SDGs auferlegen. Dabei ist vielen Stiftungen noch nicht bewusst, dass die eigene Arbeit eine Antwort auf ein SDG-Ziel sein könnte. Außerdem kommt das Konzept der SDGs aus der Politik und ist für Stiftungen oft noch nicht zugänglich genug. Die SDGs wurden auch lange dem Umweltbereich und den im Umweltbereich arbeitenden Gruppierungen zugerechnet. Das ändert sich erst in letzter Zeit.

Was muss passieren, damit Stiftungen mehr Engagement für die SDGs zeigen?
Man müsste den Mehrwert der SDGs für Stiftungen deutlich machen und demonstrieren, dass die SDGs ein Werkzeug sind, das Stiftungen für ihre Arbeit nutzen können. Stiftungen können auch mit kleineren Projekten zu den SDGs beitragen.