Tandem Tarek und Andrea

Tarek und Andrea
© Lena Guntenhöner
Tarek und Andrea

Name des Mentees: Tarek 

Name der Mentorin: Andrea 

Wann und wo habt ihr euch kennengelernt? 
Tarek: Im Kindergarten.. 

Andrea: … stimmt, vor zwei Jahren muss das gewesen sein. Ich bin hierher gezogen nach dem Studium und da stand im Mitteilungsblatt der Gemeinde Kernen eine Anzeige, dass Sprachpaten gesucht werden. Die war dort bestimmt drei-vier Wochen lang und ich habe mich immer gefragt, wieso sich da keiner meldet wie Rentner mit viel Zeit und Bedarf nach Sozialkontakt. Und irgendwann dachte ich: Ok, wenn sich sonst niemand berufen fühlt, dann frage ich einfach mal nach und biete mich an. Tarek war damals fünf und hat einen Sprachpaten gesucht und dann haben wir uns im Kindergarten getroffen.  

Was macht ihr, wenn ihr euch trefft? 
Tarek: Spazieren... 

Andrea: ... genau, wir gehen oft spazieren und ich lasse ihn einfach erzählen, wie seine Woche war. Wir gehen in die Bücherei und leihen uns Bücher oder Spiele aus oder auf den Spielplatz, wir waren Eis essen oder wir machen Aufgaben für die Schule, schreiben Einladungen für seinen Geburtstag oder Postkarten für seine Freunde. Jetzt waren wir oftmals oben im Stadion Sport machen, da ist so ein freies Fußballfeld. Fahrrad fahren waren wir auch schon. Wir treffen uns einmal die Woche für mindestens eine Stunde, meistens wird es aber mehr. Weil auch die Eltern Fragen haben oder Schreiben von der Schule, dem Kindergarten, dem Arzt oder vom Amt nicht verstehen. Es ist mir leider völlig unverständlich, wie all diese Institutionen oder Personen die Schreiben überhaupt nicht an die geflüchtete Familie mit Migrationshintergrund anpassen, zum Beispiel in leichter Sprache oder in weniger verschachtelten Sätzen, selbst ich habe dabei oftmals Verständnisprobleme.

Gibt es Bücher, die ihr besonders mögt? 
Andrea: Anfangs hatte ich gedacht, es würde helfen, wenn wir arabische Bücher lesen. Aber tatsächlich gibt es da nicht so viele, ein-zwei, die auf Deutsch und Arabisch sind und dann auch von Flucht handeln. Da habe ich mir kurz überlegt, ob das ein Türöffner wäre und das Buch ausgeliehen und der Familie gegeben. Ich dachte, es ist besser, sie lesen das mit ihm, weil ich nicht wusste, was dann emotional bei ihm passiert. Aber es hat Tarek nicht so richtig interessiert. (lacht) Generell interessiert er sich nicht so für diese „klassischen Kindersachen“, er mag Autos und Motoren und wird sehr erwachsen von den Eltern behandelt. Das ist auch ein unglaublicher kultureller Unterschied, wenn ich vergleiche, wie ich aufgewachsen bin - und ich habe auch keinen deutschen Hintergrund, sondern einen tschechischen. Ich will ihm das aber auch nicht aufzwängen, wenn das in die Kultur nicht reingehört. Das ist dann immer so ein Abwägen und auch ein Überwinden von Grenzen, wenn er keine Lust hat und ich sage: „Komm, lass uns das trotzdem mal probieren!“ Das ist auch für mich spannend, nicht nur für ihn. 

Welche Herausforderungen habt ihr gemeinsam schon gemeistert? 
Andrea: Corona war auf jeden Fall ein Thema. Am Anfang haben wir uns draußen getroffen, als es noch ging von der Jahreszeit her. Dann habe ich mich um einen Raum von der Gemeinde bemüht, weil ich gemerkt habe, dass er sich zuhause nicht konzentrieren kann. Als dann die heiße Phase war, haben wir es pausiert. Und als wir geimpft waren und es wieder Frühling wurde, haben wir wieder angefangen. Aber da habe ich schon gemerkt, dass wir woanders angefangen, als wir aufgehört haben. 

Wolltest du auch deshalb die Patenschaft fortführen, obwohl die Förderung nach zwei Jahren eigentlich schon ausgelaufen ist und Tarek mittlerweile auch eine zweite Lernbegleiterin hat? 
Andrea: Genau. Weil ich nach Corona auch gemerkt habe, dass ihm dieser soziale Kontakt sehr gefehlt hat. Und neben der Lernpatenschaft fördere ich jetzt eben weiter spielerisch die Sprache.  

Wo steht Tarek heute? 
Andrea: Er geht in die erste Klasse und bald schon in die zweite. Außerdem hatte ich ihn bei verschiedenen Programmen angemeldet, bei der musikalischen Frühförderung der Musikschule, bei der Kindersportschule, beim Ferienprogramm und im Waldheim hier in der Gemeinde Kernen. 

Über die Mitgliedsorganisation:

Die Bürgerstiftung Kernen fördert im Rahmen des Projekts „Der Rote Faden“ Sprachpatenschaften sowie Lernbegleitungen für Kinder im Vor- und Grundschulalter. Dafür kooperiert sie mit Kindergärten und Schulen in der Region, deren Mitarbeitende Bedarf melden, wenn ein Kind in seiner Sprachentwicklung Unterstützung braucht. Während die Sprachpaten die Deutschkenntnisse eher spielerisch fördern, helfen die Lernbegleiter*innen auch bei den Hausaufgaben. 

Weitere Informationen: Projekte - Bürgerstiftung Kernen (buergerstiftung-kernen.de)
Text: Lena Guntenhöner

Lachende und fröhliche Menschen
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Programm Chancenpatenschaften

Der Bundesverband Deutscher Stiftungen unterstützt als Träger des Bundesprogramms "Menschen stärken Menschen" Stiftungen bei der Durchführung ihrer Mentoring- und Patenschaftsprojekte.

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