Empowering people. Network & Award der Siemens Stiftung: Mit geeigneten Technologien neue Perspektiven schaffen

Carola Schwab
Globales Engagement
© Siemens Stiftung
23.08.2018
Globales Engagement
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Förderung von Low-Tech-Lösungen für neue Perspektiven in Afrika, Asien und Lateinamerika: Carola Schwank, Leiterin des epNetwork, erzählt uns mehr über das Netzwerk, Wirkungen und ihre Erfahrungen

Allein weil einfache Technologien fehlen, können sehr viele Menschen in Afrika, Asien und Lateinamerika bis heute nicht, oder nur unzureichend, an einem wirtschaftlichen Fortschritt im Einklang mit sozialer Gerechtigkeit und im Rahmen der ökologischen Grenzen der Erde teilhaben – so wie es die 2030-Agenda der Vereinten Nationen vorsieht.

Das von der Siemens Stiftung ins Leben gerufene empowering people. Network (epNetwork) setzt genau dort an. Es versucht innovative Low-Tech-Lösungen zu identifizieren, zu fördern und im Rahmen von Unternehmermodellen nachhaltig zu gestalten. Zu dem Netzwerk gehört ein Onsite-Training, ein Online-Selbstbewertungsinstrument, ein Expertenservice, Workshops und auch der gerade wieder gestartete Wettbewerb epAward für neue, kreative Ideen zu Low-Tech-Lösungen.

Carola Schwank, Leiterin des epNetwork, erzählt uns mehr über das Netzwerk, Wirkungen und ihre Erfahrungen.

Frau Schwank, Sie waren gerade für das epNetwork in Südafrika – was für Neuigkeiten bringen Sie mit?
Wir hatten dort in unserem epOnsite Training 19 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus 11 Ländern zu Gast. Sie alle kamen aus Mitgliedsorganisationen unseres empowering people. Network. Diese Organisationen haben gemeinsam, dass sie mittels einfacher Technologien die Versorgung der Menschen verbessern wollen, und zwar auf unternehmerischer Basis und so weit als möglich unabhängig von Spendengeldern. Für sie sind Fragen rund um Finanzierung besonders wichtig. Damit haben wir uns drei Tage intensiv beschäftigt und es hat sich gezeigt, dass selbst Organisationen verschiedenerer Ausrichtung und in unterschiedlichen Entwicklungsphasen einen ähnlichen Bedarf an Finanzwissen haben. Das epOnsite bietet dafür passend interaktives Peer-Learning, das den Teilnehmerinnen und Teilnehmern praxisbezogene Kenntnisse vermittelt, die sie dann auch nachhaltig anwenden können, wenn sie in ihren Arbeitsalltag zurückkehren.

Workshop Empowering People
© Siemens Stiftung

Hinzu kommt, dass wir unsere Netzwerkmitglieder möglichst intensiv betreuen möchten. Die Workshops vor Ort bieten hier eine gute Gelegenheit, sich mit ihnen persönlich über aktuelle Entwicklungen innerhalb ihrer Unternehmen und individuellen Unterstützungsbedarf auszutauschen.

Als Teil des epNetwork haben Sie auch einen Wettbewerb für einfache technische Innovationen mit Geschäftspotenzial gestartet, den sogenannten empowering people. Award (epAward). Was versprechen Sie sich davon?
Die immensen Versorgungsprobleme in Entwicklungsregionen sind nach unserer Überzeugung nur durch den Einsatz geeigneter Technologien lösen. Besonders in ländlichen Regionen spielen einfache, leicht zu handhabende Produkte und Lösungen eine große Rolle. Wenn sie außerdem vor Ort produziert werden können, tragen sie zusätzlich zur lokalen Wertschöpfung bei. Durch unseren international ausgerichteten epAward finden wir derartige Lösungen, begutachten sie und machen sie bekannt. Doch praktikable Technologien alleine reichen nicht aus. Nur in gut aufgestellten Organisationen können sie wachsen und langfristig wirken. Deshalb fördern die Preisträgerinnen und Preisträger im Anschluss an den Award in unserem empowering people. Network. Wir unterstützen sie gezielt bei der internen Organisationsentwicklung und tragen so dazu dabei, dass ihre großartigen Lösungen auch wirklich bei den Menschen ankommen.





 

Nach welchen Kriterien wählen Sie die Gewinnerinnen und Gewinner aus?

Die Bewertung der Award-Einreichungen erfolgt entlang der vier Hauptkriterien Technologie, soziale Wirkung, unternehmerischer Ansatz und Team. An erster Stelle achten wir auf möglichst innovative und unter lokalen Bedingungen gut funktionierende Techniklösungen, die zudem möglichst Ressourcen sparen und umweltfreundlich sind. Ebenso wichtig ist uns ihr Social Impact, das heißt ihr Betrag zu einer Verbesserung in den wichtigsten Lebensbereichen wie Wasserversorgung, Ernährung, Gesundheitsvorsorge oder Abfallmanagement. Eine gut bewertete Technologie muss sich zudem auf unternehmerischer Basis und mit der Chance auf finanzielle Eigenständigkeit einsetzen lassen. Daher schauen wir uns auch die eingereichten Businesspläne genau an und achten auch auf die Schaffung von Jobs und Einkommensmöglichkeiten vor Ort. Schließlich sind die Menschen der Schlüssel zum Erfolg. Aus diesem Grund betrachten wir die Teams, ihre Zusammensetzung, Qualifikation und ihren Spirit besonders genau und führen mit den Shortlist-Kandidaten Interviews

"Eines unserer Ziele bei Knorr-Bremse Global Care ist es, die Unabhängigkeit und Eigenverantwortung der Menschen, die wir unterstützen, zu stärken. Der empowering people.Award ermutigt soziale Unternehmer, innovative Ideen effektiver und nachhaltiger zu g
Julia Thiele-Schürhoff, Vorsitzende des Vorstands von Knorr-Bremse Global Care e. V.

Die Auswahl der Gewinner erfolgt in mehreren Schritten und mit verschiedenen Partnern. Für die technische und wirtschaftliche Begutachtung der Einreichungen arbeiten wir mit zwei internationalen Expertenteams, dem gemeinnützigen AT-Verband, der sich für den Einsatz angepasster, sozial- und umweltverträglicher Technologien einsetzt, und dem indischen Beratungsunternehmen Intellecap, zusammen. Die Hauptgewinner wiederum werden von einer hochkarätigen Jury ermittelt, in der Repräsentanten aus relevante Organisationen des internationalen Ecosystems vertreten sind.

Den epA vergeben Sie schon seit 2013. Konnten Sie bislang die gewünschten Wirkungen erzielen?
Während der Award vor allem dazu beiträgt, dass besonders gute Lösungen international bekannt werden und potenzielle Unterstützer finden, erfolgt eine längerfristige Wirkung eher im epNetwork – hier konnten bereits Kooperationen zwischen verschiedenen Netzwerkorganisationen bis hin zu Techniktransfer über Kontinente initiiert werden.

Unsere Trainingsangebote zu wichtigen Themen, die Sozialunternehmer in ihrem Arbeitsalltag berühren, und auch unsere individuellen Coachings und Experteneinsätze haben viele Netzwerkmitglieder spürbar vorangebracht und sie auf ihrem Weg zu Stabilität und Wachstum gefördert. Das bestätigen nicht nur die Feedbacks der Teilnehmer, sondern auch die Ergebnisse der ersten umfangreichen Evaluation des gesamten Netzwerks, welche die CEval GmbH für uns 2017 durchgeführt hat. Besonders freuen wir uns über die positive Wirkung einer Mitgliedschaft im epNetwork als Referenz, wenn es um Vergabe von Grants und Krediten geht.








Was hat Sie persönlich am meisten begeistert?
Ich fühle mich immer wieder begeistert, ermutigt und inspiriert, wenn ich mit Sozialunternehmern zusammentreffe und ihre Motivation und ihren persönlichen Willen spüre, den Menschen um sie herum neue Perspektiven zu bieten. Noch mehr Hochachtung habe ich von dem Durchhaltevermögen, das ich bei vielen von ihnen auch unter schwierigen äußeren Bedingungen, in privaten Krisensituationen oder in oft extrem belastenden schwierigen wirtschaftlichen Phasen erleben konnte.

Gab es auch etwas, was so gar nicht geklappt hat oder nicht gut gelaufen ist?
Zu Beginn des Netzwerks hatten wir die Kriterien, die unserem Bewerbungs- und Auswahlprozess zugrunde lagen, noch nicht klar genug definiert. Dadurch sind damals einige Organisationen ins Netzwerk gekommen, die nicht die nötigen Voraussetzungen für eine Förderung in Bezug auf einen nachhaltigen unternehmerischen Ansatz mitgebracht hatten. Das hat wiederum dazu geführt, dass wir in Trainings oftmals auf zu unterschiedliche Voraussetzungen und Erwartungshaltungen gestoßen sind. Eine andere Herausforderung ist, die richtige Balance zwischen Diversität und Homogenität der Netzwerkmitglieder in Bezug auf Entwicklungsstand, Regionen und Sektoren zu finden. Unterschiede im Netzwerk fördern zwar oft Peer-Learning und initiieren spannende Kollaborationen, machen es aber auch schwer, Angebote zu entwickeln, die für alle relevant sind. All diese Erfahrungen waren der Anlass dafür, unseren Auswahlprozess zu optimieren. Seither achten wir gleichermaßen auf die Qualität der Technologie sowie das Business-Potenzial. Und da wir mehrfach erlebt haben, dass nicht nur Unternehmenserfolg, sondern auch Fördererfolg von vorhandenen Kompetenzen und Kooperationsbereitschaft abhängt, spielen diese Faktoren bei der Auswahl unserer Netzwerkmitglieder inzwischen eine große Rolle.

Wenn Sie sich die Summe Ihrer Erfahrungen ansehen, gibt es etwas, was Sie mit anderen Stiftungen teilen möchten?
Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Sozialunternehmer – auch junge, kleinere Unternehmen und Startups – ein enormes Potenzial haben, für viele Menschen in den Entwicklungsregionen neue Perspektiven zu schaffen. Aber sie brauchen gerade in der frühen Phase vielfältige Hilfe. Diese kann ein aktives Netzwerk leisten. Der Erfolg eines Netzwerks hängt meiner Meinung nach sehr stark von einer möglichst intensiven und persönlichen Betreuung ab. Angebote für Kohorten sind wichtig, um Grundlagenwissen effektiv zu vermitteln und Vernetzung zu fördern. Eine nachhaltige Wirkung lässt sich aber nur erreichen, wenn man möglichst individuelle Unterstützung anbietet. Für viele Organisationen ist es sehr wichtig, schlicht und einfach eine direkte Kontaktperson zu haben, die bei Fragen und Problemen ansprechbar ist und unterstützt. Das heißt dann auch, dass die Betreuung über einen längeren Zeitraum stattfinden muss. Man sollte bei der Aufnahme in ein Netzwerk nicht zwingend den Zeitpunkt des Exits im Auge haben.

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