Männer und Gesundheit: Dem Leben mehr Jahre geben

Geschlechtergerechtigkeit
© Stiftung Männergesundheit
01.11.2019
Geschlechtergerechtigkeit
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Die Stiftung Männergesundheit setzt sich ausschließlich für Männer ein, denn Männer sterben im Schnitt fünf Jahre eher als Frauen. Anlässlich des Weltmännertages am 3. November, dem Aktionstag für Männergesundheit, beschreibt die Stiftung, wie Männer nicht nur länger, sondern auch länger gesund leben können.

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Olaf Theuerkauf, Mitbegründer und kaufmännischer Vorstand der Stiftung Männergesundheit

Fünf Meter lang, dreieinhalb Meter hoch und zwei Meter breit – mit diesem Modell einer Prostata zieht Olaf Theuerkauf 2004 durch deutsche Einkaufszentren und Stadthallen. Sein Ziel: Männern das Thema Gesundheit nahebringen. Wirklich geglückt ist ihm das nicht. „Die breite Masse haben wir nie erreicht“, sagt Theuerkauf heute. Damit abgefunden hat er sich nicht, denn er wollte die Männer erreichen, langfristig und nachhaltig. Deshalb gründete er die Stiftung Männergesundheit. Seit 2006 erforscht diese die Gesundheit von Männern. 2010 brachte die Stiftung den ersten Bericht zur Männergesundheit überhaupt heraus. Regelmäßig veröffentlicht sie Broschüren mit konkreten Tipps. Das Ziel: Männer sollen nicht nur länger, sondern auch länger gesund leben.

Der kleine Unterschied ist groß

Die Stiftung setzt sich explizit nur für Männer ein. Mehr noch: Der Unterschied zwischen Männern und Frauen ist wesentlich für ihre Arbeit: „Beim Thema Gesundheit sind gleiche Bedingungen für Männer schädlich“, sagt Geschäftsführer Olaf Theuerkauf. „Wir glauben, dass Männer und Frauen ganz unterschiedlich ticken. Deshalb brauchen sie auch andere Angebote.“

Wie groß der kleine Unterschied in Wirklichkeit ist, zeigen Zahlen von geradezu existentieller Bedeutung: Männer sterben fünf Jahre früher als Frauen, ein Drittel sogar vor dem 70. Lebensjahr. Zwei Drittel aller Verkehrstoten sind Männer und 73 Prozent aller Suizide werden von Männern begangen. Sogar bei jungen Erwachsenen im Alter zwischen 20 und 29 Jahren sind zwei Drittel aller Sterbefälle männlich. Aber Männer sterben nicht nur früher, sie haben auch eine höhere Herzinfarktrate und erkranken deutlich öfter an Diabetes Mellitus und Bluthochdruck.

Männer sollen Männer bleiben dürfen

Männer erleben in der Regel Gesundheit und Krankheit anders als Frauen. Sie gehen anders mit Erkrankungen um und treffen andere Entscheidungen. Männer wollen sich beweisen und missachten körperliche und psychische Warnsignale. Auch trägt das immer noch herrschende Bild vom „starken Geschlecht“ ganz wesentlich zum höheren Gesundheitsrisiko der Männer bei.

Der Stiftung geht es allerdings nicht darum, den Mann an sich zu verändern, im Gegenteil: „Ich sehe die genderspezifische Vermischung mit Skepsis“, sagt Prof. Dr. Theodor Klotz, wissenschaftlicher Vorstand der Stiftung Männergesundheit. „Männer müssen auch Männer bleiben dürfen, um gesund zu bleiben,“ so Klotz weiter.

Die richtigen Angebote machen

Der Stiftung geht es deshalb darum, Gesundheitsprogramme zu entwickeln, die speziell auf Männer zugeschnitten sind. In der bisherigen medizinischen Betreuung und Gesundheitsförderung gibt es da klare Defizite, kritisiert Olaf Theuerkauf: „Wenn wir in Betriebe schauen, haben viele ein sensationelles betriebliches Gesundheitsprogramm. Aber wenn Sie nach Teilnehmerquoten fragen, dann betragen die bei der weiblichen Belegschaft fast 90 Prozent und bei den Männern keine 20 Prozent. Das heißt: Ein Angebot zu haben ist das eine, es für einen Mann auch akzeptabel und damit nutzbar zu machen ist das andere.“

Angebote für Männer müssen so gemacht sein, dass sie auch das Interesse von Männern finden, fordert die Stiftung. Männer wollen kämpfen, sich im Wettbewerb messen und ihre Leistung verbessern. Teams und Mannschaften sind für sie attraktiv, individuelle Angebote nehmen sie weniger wahr, sagt Theuerkauf. Demnächst will die Stiftung einen Leitfaden herausbringen, in dem genau beschrieben ist, wie Angebote beschaffen sein müssen, damit sie Männer auch erreichen.

Defizite bei der medizinischen Diagnostik

Auch im Bereich der Diagnostik fordert die Stiftung ein Umdenken: Ihre Studien zeigen, dass Männer bei Burnout oder Depressionen andere Symptome haben als Frauen. Die Fragenbögen, mit denen Depressionen diagnostiziert werden, erfassen aber die Symptome der Männer nicht genau. Seelische Erkrankungen werden deshalb seltener erkannt. Um depressive Störungen bei Männern verlässlicher diagnostizieren und behandeln zu können, entwickelte Prof. Anne Maria Möller-Leimkühler vom Beirat der Stiftung einen genderspezifischen Fragebogen für Burnout und Depressionen.

Statistisch gesehen erleben Männer weder Weihnachten noch Silvester

Rechnet man die Statistik auf ein Jahr um, dann leben Männer nur bis zum 10. Dezember. Weihnachten und Silvester erleben sie nicht mehr. Diesen Tag hat die Stiftung deshalb zum „Tag der ungleichen Lebenserwartung“ erklärt. Zum dritten Mal veranstaltet sie ab 19. November eine Aktionswoche und eine Infokampagne, um die Öffentlichkeit auf das Thema Männergesundheit aufmerksam zu machen. Ende 2020 erscheint der vierte Bericht zur Männergesundheit. Untersucht wird der Übergang vom Berufsleben in die Rente. Eine Phase, in der - laut Stiftung Männergesundheit -  „die Männer sterben wie die Fliegen.“

Autorin: Nina Bewerunge

Über die Stiftung Männergesundheit

Die Stiftung Männergesundheit wurde im Mai 2006 auf Initiative des Unternehmers Olaf Theuerkauf in Berlin gegründet. Ihr Ziel ist, die um fünf Jahre kürzere durchschnittliche Lebenserwartung von Männern an die der Frauen anzugleichen. Hierfür müsse u. a. der Gesundheit der Männer in Deutschland auf gesellschaftlicher und politischer Ebene zu einem gleichwertigen Stellenwert verholfen werden, wie der Frauengesundheit.

www.stiftung-maennergesundheit.de

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