„Unsere freiheitlich demokratische Grundordnung ist die beste Grundlage für das Handeln von Stiftungen“

Unsere Demokratie
© Björn Hänssler
11.04.2019
Unsere Demokratie
Zurück zur Übersicht

Prof. Dr. Joachim Rogall, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen und Vorsitzender der Geschäftsführung der Robert Bosch Stiftung zeigt Klare Kante für unsere Demokratie. Im Interview spricht er über die Rolle von Stiftungen und über das Engagement der Robert Bosch Stiftung.

Was heißt für Sie „Unsere Demokratie“? 

Die Grundlage ist für mich das Grundgesetz: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus“. Das heißt für mich, unsere Demokratie ist das Gemeinwesen eines jeden einzelnen. Jeder trägt Verantwortung für dieses Staatswesen und kann nicht darauf warten, dass andere etwas tun. Ich empfinde es als großes Privileg, dass wir dieses Gemeinwesen gemeinsam gestalten können. Unsere freiheitlich demokratische Grundordnung ist die beste Grundlage für das Handeln von Stiftungen.

Warum müssen sich Stiftungen mehr für Demokratie einsetzen?

Stiftungen repräsentieren einen wichtigen Teil unseres Gemeinwesens: die Zivilgesellschaft. Sie sind ein verfasster Teil der Bürgergesellschaft und stehen in einer besonderen Verantwortung: Zum einen konnten sie aufgrund der Freiheiten unserer Verfassung erst entstehen, zum anderen legitimieren sie sich durch Beiträge für die Entwicklung unserer Gesellschaft. Stiftungen können verschiedene Meinungen und Perspektiven aufzeigen und sich so für eine offene und vielfältige Debatte einsetzen. Das ist keine leichte Aufgabe – auch Stiftungen bewegen sich in einer „Blase“, erreichen oft vor allem die Gleichgesinnten und das eigene unmittelbare Umfeld. Deswegen ist uns als Robert Bosch Stiftung die Förderung von Praxisprojekten ein besonderes Anliegen: Hier können wir Menschen erreichen, die sonst wenig mit „der Zivilgesellschaft“ zu tun haben und bekommen so wichtige Impulse für unsere eigene Arbeit. 

Wie setzen Sie sich (bzw. Ihre Stiftung) für Demokratie ein?

Die Robert Bosch Stiftung setzt eine Vielzahl von Projekten um, die ein lebendiges Gemeinwesen und einen offenen Austausch und damit die Demokratie fördern. Mit unseren gesellschaftlichen Aktivitäten in Deutschland beispielsweise wollen wir dazu beitragen, dass möglichst viele Menschen gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben teilhaben und sich mit- und füreinander engagieren können. Dabei wollen wir auch insbesondere junge Menschen ermutigen, Verantwortung in der Gesellschaft zu übernehmen und sich für ihre Interessen einzusetzen. Das gilt auch für den internationalen Austausch, wo ich ein Projekt exemplarisch nennen möchte: das „Theodor-Heuss-Kolleg“, mit dem wir seit vielen Jahren junge Menschen aus Ländern in Mittel-, Ost- und Südosteuropa sowie des Kaukasus und Zentralasiens stärken, sich aktiv auf der Grundlage demokratischer Werte in ihre Gesellschaft einzubringen und so auch in autokratischen Strukturen demokratische Elemente zu fördern.  

Persönlich bin ich schon seit meiner Jugend in verschiedenen Vereinen aktiv, bei den Pfadfindern oder in der evangelischen Kirche. Auch bin ich freiwillig vier Jahre zur Bundeswehr gegangen, aus Überzeugung, dass man die Demokratie auch verteidigen muss. 

Was ist Ihr Beitrag für den #DST19? 

Auf dem Deutschen StiftungsTag bin ich natürlich in erster Linie in meinem Ehrenamt als Vorsitzender des Bundesverbandes unterwegs. Ich werde aber als Geschäftsführer der Robert Bosch Stiftung auch an einer Podiumsdiskussion teilnehmen, zu der Frage, wie wir in einem vielfältigen Land wie Deutschland gut zusammenleben können, denn darum geht es ja letztlich. Außerdem sind einige meiner Kolleginnen und Kollegen aus der Stiftung an verschiedenen Formaten auf dem Deutschen StiftungsTag beteiligt.

Zur Person

Prof. Dr. Joachim Rogall ist seit Mai 2018 Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen. Bereits seit 2014 hatte Joachim Rogall das Amt des stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden inne. Im Hauptamt ist er seit April 2013 Geschäftsführer und seit September 2017 Vorsitzender der Geschäftsführung der Robert Bosch Stiftung mit Sitz in Stuttgart.

Robert Bosch Stiftung

Die Robert Bosch Stiftung GmbH gehört zu den großen, unternehmensverbundenen Stiftungen in Europa. In ihrer gemeinnützigen Arbeit greift sie gesellschaftliche Themen frühzeitig auf und erarbeitet exemplarische Lösungen. Dazu entwickelt sie eigene Projekte und führt sie durch. Außerdem fördert sie Initiativen Dritter, die zu ihren Zielen passen.

Veranstaltung auf dem Deutschen Stiftungstag
© Detlef Eden

Europas größter Stiftungskongress

Lernen, Austausch und Vernetzung: Der Deutsche Stiftungstag ist Europas größter Stiftungskongress für Stifterinnen und Stifter, Geschäftsführer und Stiftungsmitarbeiter sowie Multiplikatoren.

Mehr
Aktuelle Beiträge
Stiftungsvermögen

Einfach selbst machen – der Weg zur passenden Geldanlage

Stiftungen brauchen Wertpapier-Investments, um auskömmliche Renditen zu erwirtschaften. Die Delegation der Anlage an Experten ist angesichts von Nullzinsen allerdings oft teuer. Das passende Portfolio selbst zu bauen ist deshalb sinnvoll und leichter, als viele Stiftungsverantwortliche denken – wenn man einige Grundregeln beachtet.

Mehr
Next Philanthropy

Die Alle-an-einen-Tisch-Bringer

ProjectTogether zählt zu den innovativsten Initiativen der Zivilgesellschaft. Auch Stiftungen können beitragen – und mit jungen Ideen die eigene Wirkung potenzieren.

Mehr
Stiftungsrecht

Virtuelle Sitzungen auch ohne Sonderregelung? Hinweise zur aktuellen Rechtslage

Zum 31. August 2022 endet die Corona-Sonderregung für digitale Organsitzungen. Was plant der Gesetzgeber? Was sollten Stiftungen nun beachten? Ein Überblick. 

Mehr

Mehr zum Thema

Unsere Demokratie

„Wir haben uns etwas sagen zu lassen“

Als im Mai dieses Jahres der Afroamerikaner George Floyd von einem Polizisten getötet wurde, erklärte sich das Stadtmuseum Berlin als eine von wenigen Stiftungen in Deutschland offen solidarisch mit der weltweit aufkommenden #BlackLivesMatter-Bewegung. Im Gespräch erklären Direktor Paul Spies und Diversitäts-Agentin Idil Efe, wie sie ihr eigenes Haus bunter machen wollen.

Mehr
Unsere Demokratie

Oh wie Ostdeutschland – Impulse aus der Zivilgesellschaft

Trotz oder gerade aufgrund der Covid19-Pandemie wird deutlich, dass es einer starken und vielfältigen Zivilgesellschaft bedarf. Die Initiative Zukunftslabor Ost setzt sich für langfristige Partnerschaften und nachhaltiges demokratisches Engagement in Ostdeutschland ein.

Mehr
Unsere Demokratie

Die verbindende Kraft von Dialog und Begegnung

Religionen motivieren Menschen, sich für andere und die Gemeinschaft einzusetzen. Sie können aber auch gesellschaftliche Konflikte, Abgrenzung und Intoleranz gegenüber Andersdenkenden und -gläubigen befeuern. Was können kirchliche und religionsnahe Stiftungen konkret für gesellschaftlichen Zusammenhalt tun? Über Ansätze der Stiftung Weltethos und der Hanns-Lilje-Stiftung habe ich mit Lena Zoller und Christoph Dahling-Sander gesprochen.

Mehr