Demokratie leben und Demokratie beleben – der Weg der Stiftung Wertebündnis Bayern

Unsere Demokratie
17.04.2019
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Andrea Taubenböck
© Bernhard
Dr. Andrea Taubenböck

Stiftungen setzen sich für Demokratie ein. Doch wo liegen die Grenzen und wie kann sichergestellt werden, dass Fördermittel demokratisch vergeben werden?  Die Stiftung Wertebündnis Bayern zeigt, wie es gehen kann.

Demokratiebildung ist ein zentrales Anliegen vieler Stiftungen – gerade in Zeiten zunehmender Verunsicherung und Demokratiemüdigkeit ist sie ein wichtiges Handlungsfeld gemeinnütziger Organisationen. Doch Demokratiebildung ist auch ein schwieriges Terrain, auf dem Stiftungen und Projektverantwortliche die Balance finden müssen zwischen einer grundsätzlichen Offenheit gegenüber unterschiedlichen Vorstellungen und der Verteidigung demokratischer Grundwerte. Gleichzeitig gilt es die Grundprinzipien des Beutelsbacher Konsenses zu beachten, insbesondere das Überwältigungsverbot und das Kontroversitätsgebot. Zudem können die zahlreichen Facetten demokratischen Zusammenlebens in ganz unterschiedlichem Licht beleuchtet werden: Ob sich Projekte mit dem Verhältnis von direkter und repräsentativer Demokratie befassen, ob sie digitale Partizipationsansätze hervorheben oder das Zusammenwirken von Medien und Demokratie hinterfragen – jedes Projekt ist ein von den Projektverantwortlichen gewählter Ansatz, der auf bestimmten Vorannahmen basiert und bestimmte Themen priorisiert.  

Ein Labor für ganz Bayern 

Wie stellen wir als Stiftung vor diesem Hintergrund sicher, dass unsere Projekte ausgewogen konzipiert sind und einen konstruktiven Beitrag zu einem positiven Demokratieverständnis leisten? 

Im Wertebündnis Bayern wird Demokratie gelebt und dadurch Demokratie belebt: Neben dem Öffnen von Erfahrungs- und Handlungsräumen, vor allem für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, zeigt das Wertebündnis als Labor für ganz Bayern, wie auf der Grundlage eines demokratischen Wertefundaments eine Auseinandersetzung über unterschiedliche Werte ermöglicht werden kann. Neben den konkreten Projekten geht es deshalb immer auch um die Auseinandersetzung im Wertebündnis und die weitere Vernetzung der Zivilgesellschaft.  

Fördermittelvergabe auf Demokratisch 

Die Stiftung kann nur Fördergelder vergeben, wenn sich der künftige Projektträger und seine Projektpartner der Vollversammlung des Wertebündnis gestellt und dort ihre Projektidee präsentiert haben. Die Vollversammlung stimmt ab, und nur wenn eine Mehrheit für das Projektkonzept stimmt, kann das Projekt an den Start gehen. Der Clou dabei: Das Wertebündnis ist ein äußerst heterogenes Netzwerk, das quasi ein Abbild der bayerischen Zivilgesellschaft darstellt. Der Berufsverband der Bildenden Künstler, das Landeskommando Bayern, der Bayerische Trachtenverband, die Islamische Jugend in Bayern – um nur ein paar Beispiele zu nennen – haben einen Sitz und eine von 177 Stimmen in der Vollversammlung. Der Bayerische Landtag hat eine Stimme, genauso wie AGABY (Arbeitsgemeinschaft der Ausländer-, Migranten- und Integrationsbeiräte Bayerns) und der Verband kinderreicher Familien. So verschaffen wir unseren Projekten eine demokratische Legitimation und gleichzeitig eine breite gesellschaftliche Verankerung, was der nachhaltigen strukturellen Implementierung nach Abschluss der Projektlaufzeit sehr entgegen kommt. Projektbeispiele aus dem Themenspektrum Demokratiebildung finden Sie auf der Homepage der Stiftung Wertebündnis Bayern:

Über die Autorin

Dr. Andrea Taubenböck studierte in München und Paris Anglistik und Romanistik auf Lehramt. Bevor sie ans Staatsinstitut für Schulpädagogik und Bildungsforschung (ISB) wechselte, war sie Gymnasiallehrerin in Gräfelfing. 2006 erfolgte der Wechsel in die Bayerische Staatskanzlei. Hier arbeitete sie in den Bereichen Europapolitik und internationale Beziehungen sowie Grundsatz, Planung, Kommunikation. Seit 2015 ist sie nun geschäftsführender Vorstand der Stiftung Wertebündnis Bayern. 

Über das Wertebündnis

Das Wertebündnis Bayern ist ein Netzwerk aus Organisationen, Vereinen, Verbänden und Stiftungen, die sich alle um Wertebildung für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene kümmern. Die derzeit 177 Organisationen stammen aus allen gesellschaftlichen Bereichen, darunter Kirchen, Religionsgemeinschaften, Lehrer- und Elternverbände, Spitzenorganisationen der freien Wohlfahrtspflege sowie Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik. 

2015 wurde das Wertebündnis mit der Gründung der öffentlich-rechtlichen Verbrauchsstiftung durch den Freistaat Bayern zukunftsfähig gemacht. Aufgabe der Stiftung ist es, das Wertebündnis zu unterstützen, um auch in Zukunft Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in Wertebildungsprojekten zu stärken und die für den Zusammenhalt in einer demokratischen Gesellschaft relevanten Werte ins Bewusstsein zu rufen. 

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