Demokratie und Nachhaltigkeit – Ein Blick auf die internationale Demokratieförderung

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15.10.2018
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Demokratie – Einmischen erlaubt? Eine Frage, die immer wieder gestellt wird und die viele verschiedene Facetten anspricht. Zugleich geht es nicht nur um die Frage der Demokratieförderung an sich, sondern auch um mögliche Konsequenzen, die die unterstützten Personen und Organisationen oder aber auch die aus Deutschland heraus unterstützende Organisation unter Umständen erfahren können.

Bei Diskussionen zu dem Thema Demokratie und internationale Zusammenarbeit kommt bei Kritikern nicht selten die Anmerkung, ob die jeweiligen Programme eine Intervention in politische Prozesse eines Landes seien oder ob eine Konditionalität von Entwicklungszusammenarbeit vorliegen könnte bzw. sollte. Auch für deutsche Stiftungen ist es eine wichtige Frage, ob und wie sie sich in der internationalen Arbeit in die Demokratieförderung einbringen wollen und können.  

In diesem Zusammenhang ist es von Interesse, sich den Ansatz der im September 2015 von 193 Nationen verabschiedeten 2030-Agenda zur nachhaltigen Entwicklung mit ihren 17 Zielen und 169 Unterzielen genauer anzusehen. Durch diese Agenda hat die Weltengemeinschaft insgesamt die Aufgabe, nachhaltige Entwicklung und Zusammenarbeit neu zu denken, was auch Einfluss auf die internationale Demokratieförderung hat. Die von der Agenda geforderte – und nötige – grundlegende Transformation betrifft alle Länder, das heißt, es wird nicht mehr in sogenannte entwickelte und weniger entwickelte Staaten unterteilt, und sie kann nur auf Basis von Partnerschaften auf allen Ebenen erreicht werden. Letztendlich geht es darum, nachhaltige Entwicklung für alle zu erzielen und niemanden zurückzulassen. 

Demokratie in der 2030-Agenda  

Das Wort „Demokratie“ erscheint nur einmal in der Resolution, mit der die 2030-Agenda verabschiedet wurde – dort, wo die Vereinten Nationen ihre Vision für die Zukunft darstellen: „Eine Welt, in der Demokratie, gute Regierungsführung und Rechtsstaatlichkeit sowie ein förderliches Umfeld auf nationaler und internationaler Ebene unabdingbar für eine nachhaltige Entwicklung sind, darunter ein dauerhaftes und inklusives Wirtschaftswachstum, soziale Entwicklung, Umweltschutz und die Beseitigung von Armut und Hunger.“  

Das Ziel 16 der 2030-Agenda nennt zwar nicht das Wort „Demokratie“, befasst sich jedoch direkt mit den Elementen, die in der Vision zum Thema Demokratie angesprochen werden: „Friedliche und inklusive Gesellschaften für eine nachhaltige Entwicklung fördern, allen Menschen Zugang zur Justiz ermöglichen und leistungsfähige, rechenschaftspflichtige und inklusive Institutionen auf allen Ebenen aufbauen.“ Darunter fallen auch wichtige Themen wie zum Beispiel die Verringerung von Korruption, Bestechung und illegalen Finanz- und Waffenströmen, Bekämpfung von Terrorismus und organisierter Kriminalität sowie das Gewähren von Zugang zu öffentlicher Information und der Schutz der Grundfreiheiten, wie sie in nationalen Rechtsvorschriften und völkerrechtlichen Vereinbarungen festgeschrieben sind.  

Auch Ban Ki-moon, Generalsekretär der Vereinten Nationen von 2007 bis 2016, wies deutlich auf die wesentliche Bedeutung von Demokratie und des Ziels 16 für nachhaltige Entwicklung hin. Darüber hinaus betonte er: „Demokratische Prinzipien durchziehen die Agenda wie ein roter Faden, vom allgemeinen Zugang zu öffentlichen Gütern, Gesundheitsversorgung und Bildung über sichere Wohnorte bis hin zu menschenwürdigen Arbeitsmöglichkeiten für alle.“ Damit wird auch ein weiterer, wichtiger Grundsatz der 2030-Agenda angesprochen: Die angestrebte nachhaltige Entwicklung kann nur durch die Umsetzung und Interaktion von allen Zielen gemeinsam erreicht werden. Sie sind miteinander verbunden, integrativ und unterstützen einander – oder behindern einander, sofern die Implementierung eines Ziels oder mehrerer Ziele vernachlässigt wird oder es dort Probleme gibt.  

Deutsche internationale Zusammenarbeit  

In der deutschen internationalen Zusammenarbeit werden demokratische Staatsformen als wesentlich für das Gelingen einer nachhaltigen Entwicklung eingestuft. Die Stärkung von Demokratie ist daher ein wichtiges Themenfeld der deutschen Entwicklungszusammenarbeit. Das schließt zum Beispiel beim Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) die Unterstützung von politischen Reformprozessen, guter Regierungsführung, Rechtsstaatlichkeit, allgemeiner Menschenrechte und Meinungs- und Pressefreiheit sowie auch Engagement in fragilen Staaten mit ein.  

Auch in den Durchführungsorganisationen der internationalen Zusammenarbeit hat das Thema einen wichtigen Stellenwert. Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH führt zum Beispiel als Fachexpertise „Staat und Demokratie“ an. Darunter fallen zahlreiche Programme zu Demokratie und Rechtsstaat (zum Beispiel Demokratieförderung, armutsorientierte Regierungsführung, Korruptionsbekämpfung, Menschenrechte, Recht und Justiz), aber auch Stadtentwicklung und Dezentralisierung sowie öffentliche Finanzen.  

Ausblick auf wichtige Aspekte  

Demokratieförderung ist ein wichtiges, facettenreiches und weites Thema. Neben den betrachteten Aspekten müssen alle Beteiligten – nicht zuletzt auch in Stiftungen – Antworten auf folgende Fragen finden: Wie können Partnerschaften und Synergien der einzelnen Akteure – sowohl in Deutschland als auch international – noch mehr Wirkung im Bereich der Demokratieförderung erzielen? Wie können sie sich besser austauschen und voneinander lernen? Wie können deutsche Stiftung auch aus Deutschland heraus wirken – zum Beispiel in den Bereichen Menschenrechte oder Korruptionsbekämpfung – und so Demokratie stärken? Wie kann, gerade in Ländern, in denen wir das Phänomen „Shrinking Civil Society Space“ oder sogar „Closing Civil Society Space“ beobachten, Demokratie gefördert und die Zivilgesellschaft vor Ort unterstützt werden?  

Kurz & knapp  

Das Thema Demokratie nimmt in der 2030-Agenda zur nachhaltigen Entwicklung, die von den Vereinten Nationen im September 2015 verabschiedet wurde, einen wichtigen Stellenwert ein – wenngleich das Wort an sich in der Agenda auch nur einmal verwendet wird. Auch die deutsche internationale Zusammenarbeit und viele Stiftungen arbeiten zu diesem Thema. Der nächste Deutsche StiftungsTag im Juni 2019 in Mannheim bietet die Möglichkeit, wichtige Aspekte der nationalen und internationalen Demokratieförderung zu diskutieren und voranzubringen. 
 

Dieser Artikel erschien zuerst im Magazin “Stiftung & Sponsoring”, Ausgabe 5/2018. Wir danken für die freundliche Genehmigung zur Veröffentlichung in unserem Blog. 

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