Traditionelle Portfoliostrategien für Stiftungen stoßen angesichts hoher Unsicherheiten und zunehmender geopolitischer Spannungen an ihre Grenzen. Die komplexen Marktbedingungen verlangen nach innovativen Ansätzen, um Stiftungsvermögen nachhaltig zu sichern: Dabei können holistischen Portfoliokonzepte eine vielversprechende Alternative darstellen, da sie aufgrund besonderer Diversifikationseffekte attraktivere Rendite-Risiko-Eigenschaften aufweisen können als klassische Ansätze.
Die Welt im Wandel
Geopolitisch strukturiert sich die Welt neu. Die Deglobalisierung nimmt Gestalt an. Die Inflation stieg als Folge von Pandemie, Fragilität der Lieferketten und Energiekrise schnell an und in Zuge dessen haben wir einen Zinsanstieg gesehen, der an Schnelligkeit und Heftigkeit geschichtlich so gut wie einmalig war. So wurde die Phase der extrem niedrigen, ja sogar oft negativen Anleihen verlassen, aber die Erwirtschaftung realer positiver Ergebnisse blieb eine Herausforderung. Mittlerweile wird der Abstieg vom Zinsgipfel eingeläutet und Anleger und Anlegerinnen müssen sich überlegen, wo sie nachhaltige Renditen zukünftig finden können.
Auch der Ausgang der US-Wahlen wird nicht zu einer Reduktion der Unsicherheiten an den Kapitalmärkten beitragen und macht es eher herausfordernder die Zukunftspläne der Zentralbanken zu prognostizieren. Es wird für die Kapitalanlage keine leichte Aufgabe sein, zumindest die Kaufkraft des Vermögens zu verteidigen. Das gilt insbesondere für Stiftungsvermögen. Ohne risikoreichere Anlageformen wie Aktien oder alternative Anlagen, die sich in der Vergangenheit gegenüber der Inflation gut geschlagen haben, wird es schwierig sein. Damit Stiftungen aber eine stabile jährliche Rendite erzielen und somit ihre Zwecke nachhaltig verfolgen können, sind neue Ideen bei der Portfoliokonstruktion unerlässlich.
Dieser Beitrag hat das Ziel, holistische Portfolien als neuen Ansatz in der Portfoliokonstruktion vorzustellen. Der Ansatz basiert auf der Idee Asset Management und Versicherungsbausteine für das Stiftungsvermögen zu kombinieren. Wir vergleichen, inwieweit sich holistische von traditionellen Portfolien unterscheiden und wie die verschiedenen Ansätze in der Lage sind, regelmäßige Ausschüttungen für den Stiftungszweck bedienen zu können.
Vorraussetzungen und Annahmen
Lassen Sie uns zunächst ein klassisches Anlagespektrum betrachten, was wir oft bei einem Stiftungsvermögen vorfinden. In der Regel kommt eine Basisanlage aus Aktien-, Renten- und Immobilien zum Einsatz. Darüber hinaus werden je nach Risikoneigung Satelliten-Investments in meist eher liquiden weiteren Assetklassen vorgenommen, wie zB Schwellenländeranlagen für Aktien und Renten. Weniger liquide Investments in Infrastruktur oder Private Equity sind aufgrund der Komplexität seltener vorzufinden.
Bei der Anwendung eines holistischen Ansatzes werden in der Portfoliokonstruktion zusätzlich zu „normalen“ Assetklassen Derivate generiert, die entweder einen systematischen Anlageansatz des Asset Managements replizieren oder kollektive Anlagemodelle der Versicherungswirtschaft modellieren. Durch die Verwendung von dynamischen bzw. kollektiven Anlagemodellen können neue Assetklassen geschaffen werden, die bereits asymmetrische Renditeverteilungen bieten und damit das Rendite-Risikoprofil verbessern können.
Lassen Sie uns beide Aspekte etwas näher beleuchten, um die nachfolgenden Simulationsergebnisse besser verstehen zu können:
- Die Dynamische Asset Allokation (DAA) basiert auf den beiden Komponenten Risikoprämien und Risikomanagement. Als Ankerpunkt für die Asset Allokation dient eine Kombination aus globalen Aktien und europäischen Renten. Bei der monatlichen Reallokation werden dann Momentumeffekte und Mean-Reversion-Elemente auf Subassetklassen betrachtet, um daraus die neue Allokation zu determinieren.
- Die kollektiven Anlagemodelle betrachten einerseits Versicherungsinvestments (VI), die sich in besonderem Maße zur Diversifizierung eignen und oft als Alternative zu Renteninvestitionen zum Zuge kommen. Dabei wird die Kapitalanlagestrategie einer Lebensversicherung modelliert, welche das Ziel verfolgt, attraktive, aber schwankungsarme Ertragsströme zu generieren. Bei der Ableitung der Verzinsung werden die Renditen eines typischen Lebensversicherungsportfolios berücksichtigt, wobei Strategien zur Verwaltung von Vermögenswerten und Verbindlichkeiten sowie einer Steuerung der Reserven einfließen.
- Als weitere kollektive Anlage betrachten wir einen global diversifizierten Korb von alternativen Asset-Klassen, der aus Infrastrukturprojekte, Erneuerbare Energien, Immobilien, Private Equity und Private Debt besteht. Durch eine intelligente Nutzung des Sicherungsvermögens einer Lebensversicherung in Kombination mit dem Know-how, der Erfahrung und dem Marktzugang hochqualifizierter Asset-Management-Partner lassen sich Anlagekonzept strukturieren, die eine Investition mit vergleichsweise geringem Volumen in einen global diversifizierten Korb alternativer Assets möglich macht. Vom ersten Tag der Investition an erhalten Investierende eine volle Teilhabe am Anlagekorb. Gleichzeitig bleibt er unter Nutzung des Sicherungsvermögens als „Market Maker“ liquide: ein Liquiditätsausgleich ist quartalsweise möglich. Die Zugänglichkeit dieser Komponente ist auch für Stiftungen sichergestellt.
Für unsere Analyse verschiedener Portfolien und deren Möglichkeit zukünftige Zahlungsströme zu generieren, verwenden wir ein weit verbreitetes stochastisches Marktmodell, das auf verschiedenen fundamentalen und makroökonomischen Faktoren basiert und gleichzeitig die Dynamik von z.B. Inflation, Zinssätzen, Credit Spreads, Wechselkursen, Aktienkursen sowie zahlreicher alternativer Assetklassen berücksichtigt. Dieser Ansatz erlaubt eine integrierte Modellierung von Finanzmärkten und liefert ökonomisch sinnvolle und konsistente Szenarien. Innerhalb eines jeden Szenarios werden alle Risikofaktoren über eine Kaskaden-Systematik konsistent zueinander abgeleitet.
Wir haben damit klassische und holistische Portfolien betrachtet und in die Zukunft prognositziert um aufzuzeigen, inwieweit die Portfolien in der Lage sind in den nächsten 30 Jahren regelmässige Erträge zur Erfüllung des Stiftungszwecks zu erwirtschaften. Wir nehmen dabei einen regelmäßigen Einkommensstrom von 4% des anfänglichen Stiftungskapitals von einer Million Euro an, welcher jedes Jahr um eine Inflationsanpassung von 2% steigt. Dann ermitteln wir die Erfolgswahrscheinlichkeit, „Short Fall“-Jahr sowie mögliche Renditen für 10%-, 50%- und 90%-Quantile. Folgende Definitionen liegen diesen Werten zugrunde:
- Die Erfolgswahrscheinlichkeit gibt an, in wie vielen Szenarien das Stifungsvermögen über die nächsten 30 Jahre den regelmäßigen Einkommensstrom generieren kann.
- Das „Short Fall“-Jahr besagt für das ausgewählte Quantil, nach wie vielen Jahren das Stiftungsvermögen aufgebraucht ist oder ob auch nach 30 Jahren noch Stiftungsvermögen vorhanden ist.
- Das 10%-Quantil gibt die Ergebnisse für den Simulationspfad an, der das 10% schlechteste Marktumfeld beschreibt. Das gilt analog für das 50%- bzw. 90%-Quantil.
Letztendlich bieten die Analysen ein hilfreiches Bild über Wahrscheinlichkeiten sowie Rendite-Risikoverteilungen in unterschiedlichen Marktszenarien. Das finale Ergebnis hängt natürlich vom einzelnen Pfad und auch von der Übersetzung der Asset Allokation mit den individuellen Investmentlösungen bei der jeweiligen Stiftung ab.
Simulation der Assetklassen
Bei der Simulation traditioneller Assetklassen, der Assetklassen DAA sowie VI werden keine dezidierten Kosten angenommen, da für diese Assetklassen rein quantitative Elemente betrachtet werden und weitere im realen Leben existierende Anlageentscheidungen nicht modelliert sind. Da bei den alternativen Anlageklassen diese Benchmarks kaum zur Verfügung stehen und infolgedessen oft nahe am finalen Portfolio simuliert werden muss, sind hier Management-Fees und eventuell anfallende Transaktionskosten berücksichtigt.
Zu Beginn betrachten wir ein Portfolio bestehend aus globalen Aktien, europäischen Renten und Immobilien:
Das angegebene Portfolio zahlt jedes Jahr die entsprechende Ausschüttung aus. Je nach Marktszenario kann das unterschiedliche Auswirkungen auf das Stiftungsvermögen haben:
Im besten Falle ist eine Erhaltung des Stiftungsvermögens möglich. Im Median Fall jedoch verliert das Portfolio nach etwas mehr als 29 Jahren seinen Wert. Das Stiftungsvermögen ist im 10%-Quantil nach bereits 22 Jahren aufgebraucht.
Hiermit vergleichen wir nun ein holistisches Portfolio. Dabei verwenden wir eine dynamische Asset Allokations-Strategie, ein Versicherungsinvestment und einen alternativen Anlagekorb entsprechen der vorab vorgestellten Rahmenannahmen. Den Immobilienbestand lassen wir unberührt.
In den meisten Fällen erzielt das holistische Portfolio einen Zuwachs zum Stiftungsvermögen über den Betrachtungszeitraum. Bemerkenswert bei dieser Asset-Allokation ist, dass im Median-Fall trotz regelmäßiger Ausschüttungen von 4% (plus 2%iger Erhöhung pro Jahr zum Inflationsausgleich) das Stiftungsvermögen nach 30 Jahren nahezu unverändert ist. Selbst im 10%-Quantil, ist das Stiftungsvermögen erst nach 25 Jahren aufgebraucht.
Die Ergebnisse hängen natürlich vom Marktumfeld und den Annahmen zu Rendite- und Risikoeigenschaften der Assetklassen ab, aber der zusätzliche Diversifikationseffekt der neuen Assetklassen sowie die Stabilität der Erträge aus kollektiven Anlagesegmenten können für Stiftungsvermögen interessanten Baustein in der Portfolioallokation darstellen.
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Private Market Investments sind illiquide und nicht für jeden Anleger oder jede Anlegerin geeignet. Dieser Artikel ist kein vertraglich bindendes Dokument und ist nicht ausreichend, um eine Anlageentscheidung zu treffen. Die Annahmen für die Zielrendite können auf den Erfahrungen des Anlageteams mit Vorgängerfonds oder anderen Marktteilnehmern beruhen. Die tatsächlichen Ergebnisse und Entwicklungen können wesentlich von den geäußerten Erwartungen und Annahmen abweichen. Der Wert einer Investition und die Erträge daraus können sowohl fallen als auch steigen und die Anleger und Anlegerinnen erhalten möglicherweise nicht den vollen investierten Betrag zurück.
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Dr. Markus Faulhaber
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Kai Wallbaum
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