Gemeinsam mehr erreichen

Eine wesentliche Voraussetzung für die Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals, SDGs) ist es, gemeinsam neue Lösungen für die drängenden Probleme der Zukunft zu finden. Zu diesen Lösungen zählen viele verschiedene Formen von Kooperation und Partnerschaft, die über Länder, Regionen und Sektoren hinweg gebildet werden.  

Zusammenarbeit Deutschland und über Grenzen hinweg  

Wie wichtig Allianzen für ein erfolgreiches Wirken sind, haben Stiftungen weltweit längst erkannt. So sieht etwa  Darren Walker, Präsident der Ford Foundation, Zusammenarbeit, Koordination und Partnerschaft als die drei wesentlichen Elemente für eine erfolgreiche Stiftungsarbeit an. Auch die Michael Susan Dell Foundation stellt in ihrem Philanthropist’s Guide to the Future fest: „Von der Koordination bis zur Kooperation: Philanthropen suchen nach neuen Wegen der Zusammenarbeit – über Branchen, Disziplinen und geografische Grenzen hinweg.“  

Auf internationaler Ebene gibt es dafür inzwischen zahlreiche unterschiedliche Beispiele: Die Leonardo DiCaprio Foundation hat sich mit Laurene Powell Jobs und dem Investor Brian Sheth zur Earth Alliance zusammengeschlossen, um effektive Maßnahmen für den Klima- und Umweltschutz zu initiieren. Der Zusammenschluss Co-Impact versteht sich als „globale Kooperationsinitiative, die sich auf den Systemwandel konzentriert, um durch Maßnahmen zur Bildungsförderung und Gesundheitsverbesserung das Leben von Millionen Menschen zu verbessern und ihnen wirtschaftliche Möglichkeiten zu eröffnen“. In Zusammenarbeit mit der Regierung des indischen Bundesstaates Odisha setzen die indischen Tata Trusts und das in Großbritannien registrierte Omidyar Network neue Technologien zur Kartografierung informeller Siedlungen und Haushalte ein, um herauszufinden, welche Bewohner einen Anspruch auf Eigentumsrechte geltend machen können. Auch der sogenannte Giving Pledge ist eine Form der grenzüberschreitenden Kooperation: In der 2010 von Bill Gates und Warren Buffet gestarteten Kampagne haben sich wohlhabende Individuen aus aller Welt dazu verpflichtet, die Hälfte ihres Vermögens zu stiften.  

Oder doch eher unbeirrt den eigenen Weg gehen?  

Über deutsche Stiftungen wird immer wieder einmal behauptet, sie würden den eigenen Stiftungszweck eher im Alleingang verfolgen. Auch im internationalen Bereich kamen noch 2013 Willa Seldon, Thomas J. Tierney und Gihani Fernando von der Bridgespan Group in einer Studie zu dem Ergebnis: „Stiftungen und einzelne Philanthropen neigen dazu, ihren eigenen Weg zu gehen“. Nur wenige Vorreiter auf diesem Sektor würden gesellschaftliche Herausforderungen angehen, indem sie auf Zusammenarbeit, auf Austausch oder die Koordination von Informationen setzen. 

Inzwischen gehört jedoch Zusammenarbeit auch in Deutschland für viele Stiftungen zur neuen Normalität: So gehört etwa Friedrich Keller-Bauer dazu, der mit seiner Stiftung Sabab Lou eine erfolgreiche Kooperation mit der Universität Hohenheim eingegangen ist: Studierende unterstützen das Anshoe Women Project in Ghana mit Forschungsprojekten und sammeln dabei zugleich wertvolle Erfahrungen für ihr weiteres Berufsleben. Auch Klaus Milke, Chair der Foundations 20 (F20) und Vorstandsvorsitzender der Stiftung Zukunftsfähigkeit, setzt erfolgreich auf Kooperation: Die globale Stiftungsplattform versammelt inzwischen über 60 Mitglieder aus dem Stiftungssektor.

Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) hat gemeinsam mit drei Stiftungen eine bislang einzigartige Initiative ins Leben gerufen, um gemeinsam mehr zu bewirken. Ziel des Gemeinschaftsprojekts Team Up – mit der Deutsche Stiftung Weltbevölkerung, der Hanns R. Neumann Stiftung und der Siemens Stiftung – ist es, Perspektiven für junge Menschen in ländlichen Räumen Ostafrikas zu schaffen.

Ein Ja zu Kooperation – dort, wo es weiterführt  

Kooperationen können viele verschieden Formen annehmen: von der informellen Absprache für eine Einzelaktion über langjährige Projektpartnerschaften bis hin zum offiziellen Zusammenschluss mehrerer Organisationen. Sinnvoll sind sie immer dann, wenn Partner bereit sind, sich aufeinander zuzubewegen und die Mittel dafür vorhanden sind. Und wo sich durch das gemeinsame Ziehen an einem Strang mehr bewegen lässt, als jeder Partner alleine stemmen könnte.   

Eines ist dabei allerdings zu bedenken: Zusammenarbeit benötigt Zeit – die Akteure müssen sich kennenlernen, Prozesse aufeinander abgestimmt und koordiniert werden. Die Voraussetzung dafür ist, dass die Zusammenarbeit Sinn macht und Nutzen bringt. Michael Beier, Vorstandsvorsitzender der Heinz Sielmann Stiftung, bringt es auf den Punkt: „Die Netzwerke müssen zum Stiftungszweck und den bestehenden Projekten passen, dann erzeugen sie einen Mehrwert für die Stiftung. Dabei muss die eigene Rolle sichtbar bleiben.“  

Auch der Bundesverband Deutscher Stiftungen betont Zusammenarbeit und Partnerschaft: Im Rahmen der Next Philanthropy Initiative hat sich erstmals im philanthropischen Sektor eine Gruppe von sieben Partnern auf globaler Ebene zusammengefunden, um Erkenntnisse über die Zukunft der Philanthropie zusammenzutragen und zu diskutieren. Gefördert wurde das Projekt von der Stiftung Mercator. Und auf einem im Januar 2019 gemeinsam mit der Robert Bosch Stiftung veranstalteten Workshop wurden mit lokalen Vertreterinnen und Vertretern neue Partnerschaften mit Afrika diskutiert. In diesem Sinne startet der Bundesverband Deutscher Stiftungen jetzt eine Partnerschaft mit den Netzwerken Africa Philanthropy Network, East Africa Philanthropay Network und African Venture Philanthropy Alliance, um für deutsche Stiftungen eine bessere Infrastruktur für  stifterisches Wirken zu schaffen.  

Kooperation mit anderen zivilgesellschaftlichen Akteuren

Möglichkeiten zur Zusammenarbeit bieten sich auch zwischen deutschen Stiftungen und anderen zivilgesellschaftlichen Akteuren an. Im Rahmen der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit kann zum Beispiel eine Kooperation von Stiftungen und Nichtregierungsorganisationen (NROen bzw. Non-governmental organisations, NGOs) im Rahmen einer Ko-Finanzierung von besonderem Interesse sein.

Das kann dann der Fall sein, wenn sich eine unabhängige NRO bei dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) in dem Fördertitel Private Träger um eine Förderung für eines ihrer Vorhaben bewirbt. NROen müssen dann in der Regel einen Eigenanteil von 25 Prozent beitragen. Durch diese Regelung möchte das BMZ unter anderem die Aktivitäten der Zivilgesellschaft und staatliches Handeln (etwa durch die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH oder die KfW) klar und sichtbar trennen und die Rolle der deutschen NRO und ihrer zivilgesellschaftlichen Partner in den Kooperationsländern im Rahmen ihrer eigenen Vorhaben dokumentieren.

Dieser Eigenanteil wird üblicherweise von den meisten antragstellenden NROen über Fundraising und Spenden aufgebracht, operativ tätige Stiftungen setzen auch oft Erlöse aus ihrem Vermögen ein. Vielen NROen fällt es schwer, diesen 25 Prozent-Anteil aufzubringen, um ein Vorhaben in einem optimalen Umfang mit zu finanzieren. Das ist insbesondere auch vor dem Hintergrund wichtig, dass das BMZ die Haushaltsmittel im Titel Private Träger in den letzten Jahren stetig gesteigert und weit mehr als verdoppelt hat: von 61,3 Millionen Euro in 2013 auf 150 Millionen Euro in 2019. Das Eigenmittelaufkommen der NROen konnte damit nur teilweise Schritt halten, da sich das Spendenaufkommen nicht verdoppelt hat. Durchschnittlich haben die durch das BMZ geförderten Vorhaben ein Gesamtvolumen zwischen 300.000 und 400.000 Euro, entsprechend hoch sind die Eigenanteile, die aufgebracht werden müssen.

Eine solche synergetische Zusammenarbeit von Förderstiftungen mit NROen, die sich um Förderung des Titels Private Träger bewerben, kann auch für die Förderer mehrere Vorteile haben: Viele private Träger arbeiten schon lange mit dem BMZ und Engagement Global zusammen und so gibt es ein gutes Erfahrungspotenzial in den Bereichen Wirkung, Administration und Nachweise. Die Förderer vermeiden außerdem gegenüber dem Finanzamt einen häufig aufwendigen Nachweis bei Auslandsförderungen, weil die Mittel ja an einen deutschen Empfänger gehen, der darin geübt ist, sie beim BMZ und gegenüber der Finanzverwaltung abzurechnen. Ein Beitrag zum Eigenanteil kann so deutlich gehebelt werden.

Darüber hinaus kann die inhaltliche Zusammenarbeit an Fachthemen und die Nutzung von Netzwerken und Kontakten der NRO im Ausland für beide Seiten von Nutzen sein. Aufgrund ihrer Unabhängigkeit ist es Stiftungen zudem möglich, nationale und internationale NROen dann zu unterstützen, wenn deren Handlungsspielraum massiv eingeschränkt wird. Dies gilt vor allem für NROen in Ländern mit repressiven Staatsapparaten, in denen der Druck auf die Zivilgesellschaft stark zugenommen hat (man spricht dann auch von „Closing Spaces“ oder „Shrinking Spaces“).

 

Dieses Kapitel basiert auf dem Blogbeitrag „Gemeinsam mehr erreichen“.