Wirkungsvoller Klimaschutz geht nur mit Geschlechtergerechtigkeit

Johannes Lundershausen, Active Philanthropy
Johannes Lundershausen, Active Philanthropy

Was ist gemeint und warum ist das wichtig?

Die Auswirkungen der Klimakrise sind für viele Menschen weltweit schon heute sicht- und spürbar. Jedoch sind nicht alle Gesellschaftsgruppen gleichermaßen von ihnen betroffen und verantwortlich für ihre Ursachen. Diejenigen, die am geringsten zur Krise beitragen, sind auch jene, die am meisten unter den Auswirkungen leiden und am wenigsten handlungsfähig sind.

Besonders betroffen sind strukturell benachteiligte Gruppen wie indigene Völker und arme Bevölkerungsgruppen, sowie Kinder. Es gibt aber auch eine starke geschlechterspezifische Dimension. Frauen sind den negativen Klimawirkungen aufgrund ihrer sozialen Rolle und gesellschaftlichen Barrieren stärker ausgesetzt als Männer. Hier geht es um Themen wie die Verantwortung für Pflege- und Reproduktionsarbeit und den Zugang zu Bildung, finanziellen Ressourcen und Macht. Da die Rolle von Frauen in vielen Ländern des Globalen Südens auch eng mit Tätigkeiten im Bereich Landwirtschaft und Ernährung, Energie und Wasser verbunden ist, leiden sie besonders unter Dürren, Überschwemmungen und anderen Klimafolgen. Bereits bestehende soziale und wirtschaftliche Abhängigkeiten und Ungleichheiten werden durch die Klimakrise also weiter verschärft.

Gleichzeitig beweisen sich Initiativen, die von benachteiligten Gruppen geführt werden, als treibende Kraft im Kampf gegen die Klimakrise. Sie setzen innovative und wirkungsvolle Lösungen vor Ort um, erhalten jedoch viel zu wenig Gehör und Mitspracherecht in Entscheidungsprozessen und sind stark unterfinanziert. Bisher integrieren noch sehr wenige Stiftungen Genderaspekte und andere Prinzipien zur Bekämpfung von systemischer Ungerechtigkeit aktiv in ihre Klimaschutzarbeit.

Benachteiligte Gruppen zu schützen und zu beteiligen ist für die Bewältigung der Klimakrise daher von zentraler Bedeutung. Jedoch bedenken auf internationale Ebene zwei Drittel der klimabezogene Entwicklungshilfeprojekte Geschlechter-Aspekte nicht.[1]

Empfehlungen – Wer kann was tun?

Durch die gezielte Förderung von gerechtigkeitsfördernden Klimaschutzprojekten können Stiftungen einen enormen Beitrag leisten, um unsere Zukunft gerecht und nachhaltig zu gestalten.[2] Hierfür bedarf es eines sogenannten Mainstreaming-Ansatzes, der jegliche Maßnahmen und Entscheidungsprozesse konsequent hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die Gleichstellung von Frauen und anderen Gruppen untersucht. Mitarbeitenden, die für die Programmauswahl zuständig sind, kommt hierbei eine bedeutende Rolle zu.

1. Kompetenzen aufbauen und Zusammenhänge verstehen

Berücksichtigen Sie Gerechtigkeitsfragen bei Ihrer Informationsbeschaffung und tauschen Sie sich mit Betroffenen und Expert*innen aus. Identifizieren Sie Risiken, denen Ihre Projekte ausgesetzt sind, sowie Schnittmengen und Synergien zwischen verschiedenen Themenbereichen.

Entwickeln Sie einen ganzheitlichen strategischen Ansatz und überprüfen Sie auf dieser Basis bestehende und zukünftige Prioritäten und Portfolios. Welche Themen können durch (in)direkte Überschneidungen einzelner Lösungsansätze gleichzeitig angegangen werden und sich positiv verstärken?

Frauen und andere benachteiligte Gruppen müssen unbedingt in Entscheidungs- und Umsetzungsphasen einbezogen werden. 

2. Auswahl von Klimaschutzlösungen auf Basis von Gleichstellungskriterien ausrichten

Genderbezogene Kriterien für die Vergabe von Fördermitteln, der Projektdurchführung und Wirkungsmessung helfen dabei, Gleichstellung in allen Klimaschutzaktivitäten konsequent mit zu berücksichtigen.

Fördern Sie gezielt Initiativen wie örtliche Umweltbewegungen, die von indigenen Völkern, Frauen, Jugendlichen oder anderen Randgruppen geleitet werden, und verhelfen Sie ihnen zu mehr Sichtbarkeit und Ermächtigung.

Bestehende Prioritäten für die Bewältigung der Klimakrise müssen nicht neu gesetzt werden. Wichtig ist es, aktiv Synergieeffekte zu nutzen und dadurch Ressourcen so wirksam wie möglich einzusetzen. Suchen Sie auch über die eingeführten Kriterien hinaus stets nach Möglichkeiten, Geschlechter- und andere Gerechtigkeitsperspektiven in Ihr Kernthema einzubinden und entfalten Sie so das bisher ungenutzte Potenzial für das Ziel der Klimagerechtigkeit.

Binden Sie dabei möglichst Kolleg*innen aus anderen Bereichen und externe Expert*innen ein, um unterschiedliche Perspektiven zu gewährleisten. Ziehen Sie dabei auch benachteiligte Gruppen mit ein und erwägen Sie Kooperationen mit lokalen Organisationen. 

3. Rolle als Multiplikator*in effektiv nutzen

Der Austausch und die Zusammenarbeit zwischen Personen, Organisationen und Bewegungen, die sich für Klimaschutz und (Geschlechter-)Gerechtigkeit einsetzen, sollte aktiv unterstützt werden. Gemeinsam kann zum Beispiel leichter Einfluss auf nationale und internationale Klimapolitik genommen werden. Helfen Sie mit, Akteure zusammenzuführen und in den Vordergrund zu rücken.

Teilen Sie Ihr Wissen und Ihre Erfahrungen, und ermutigen Sie andere, ebenfalls die „Diversitäts-“ bzw. “Genderbrille” aufzuziehen und ganzheitliche Strategien zu verankern. Positive Erzählungen und bewährte Praktiken inspirieren dazu, ebenfalls Veränderung anzustoßen.

Autor: Johannes Lundershausen


[1] World Economic Forum (2022) Why Women’s Leadership is Key to Climate Action, https://www.weforum.org/agenda/2022/02/women-gender-equality-climate-change-leadership/ (zuletzt aufgerufen am 02.03.2022)
[2] Active Philanthropy (2020): Klimawandel: Wie jede Stiftung Teil der Lösung wird, Berlin; https://www.activephilanthropy.org/de/stiftungsleitfaden

 

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