Wie sieht die Gesundheitsversorgung der Zukunft aus?

© Hochschule Trier / Jannik Scheer

Der demografische Wandel in Deutschland stellt Gesellschaft und Gesundheitswesen vor neue Herausforderungen. Mit steigendem Alter erhöht sich die Nachfrage nach Gesundheitsleistungen und effizienteren Therapiekonzepten. Ein Meilenstein stellt hier die personalisierte Medizin dar. Voraussetzungen für die personalisierte Therapie sind allerdings hochpräzise Sensortechnologien und die Verknüpfung der verschiedenen Datensätze. Die Carl-Zeiss-Stiftung fördert fünf anwendungsnahe Forschungsprojekte zur Erfassung, Auswertung und Nutzung von Sensordaten mit insgesamt fünf Millionen Euro. 

Die gute Nachricht lautet: Wir werden immer älter. Die durchschnittliche Lebenserwartung für Frauen liegt heute bei 83,5 Jahren, für Männer bei 78,6 Jahren (zum Vergleich: um 1880 waren es noch 38,5 Jahre bei Frauen und 35,6 Jahre bei Männern). Eine immer älter werdende Gesellschaft bringt allerdings auch verschiedene Herausforderungen mit sich: Chronische Erkrankungen oder das zeitgleiche Auftreten von mehreren Krankheiten verursachen zunehmend Kosten, die das Gesundheitswesen belasten.

Ein Behandlungskonzept, das Patienten schneller zu einer für sie geeigneten Therapie verhelfen und zugleich das Gesundheitswesen effizienter machen kann, ist die personalisierte Medizin. Neben dem speziellen Krankheitsbild werden weitere Faktoren wie die physiologische Konstitution oder das Geschlecht und die daraus resultierenden Auswirkungen von Medikamenten und Therapien berücksichtigt. Das Zusammenspiel modernster Technologien hat immenses Potential, erfordert aber eine sehr präzise Messung der Daten. 

Mit der Ausschreibung „Sensorik“ im Förderprogramm CZS Transfer fördert die Carl-Zeiss-Stiftung die Erforschung von Sensortechnologien zur Sammlung, Auswertung und Verwendung von Daten, als eine der Grundvoraussetzungen personalisierter Medizin. Überzeugen konnten in einem zweistufigen Wettbewerbsverfahren Projektteams der Hochschulen Jena, Kaiserlautern, Pforzheim, Trier (Umwelt-Campus Birkenfeld) und Ulm.

„Eine anwendungsnahe Forschung zu neuen Sensortechnologien ist Grundvoraussetzung für eine personalisierte Medizin und damit eine bessere Gesundheitsversorgung in der Zukunft“, sagt Dr. Felix Streiter, Geschäftsführer der Carl-Zeiss-Stiftung. „Darum ist Sensorik-Forschung ein zentrales Thema in unserem Förderschwerpunkt Life Science Technologies.“

Fünf sensorbasierte Assistenzsysteme

Ein Assistenzsystem aus Kameras, Sensoren und Künstlicher Intelligenz wird im Projekt NEOSPEK an der Hochschule Pforzheim entwickelt. Dabei erfassen Kameras während einer Operation die verschiedenen Lichtspektren, die sich je nach Gewebeart oder Durchblutungseigenschaften unterscheiden. Die Daten werden in Echtzeit analysiert und durch eine KI ausgewertet, um so beispielsweise Tumorzellen farblich deutlich von gesundem Gewebe abzugrenzen.

Die Entwicklung einer Sonde, in die erstmals drei verschiedene Sensoriken integriert werden, steht im Fokus des Projekts OptoCarDi an der Ernst-Abbe-Hochschule Jena. Gewebeveränderungen bei Herzmuskelentzündungen sollen dadurch minimalinvasiv diagnostiziert werden können. Die Sonde erfasst vor Ort alle Parameter, die den Arzt bei der Diagnoseentscheidung unterstützen. Sie könnte damit die Biopsie als Goldstandard ersetzen.

Das Projektteam der Hochschule Kaiserslautern entwickelt neuartige dreidimensionale Mikroelektrodensensorsysteme, die die Vorgänge in kultivierten darmähnlichen Zellverbänden untersuchen. Dadurch sollen Wechselwirkungen zwischen Darmwand, Mikroorganismen, Nahrung, Medikamenten und Toxinen, welche nicht nur für chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen verantwortlich sind, besser untersucht und verstanden werden.

An der Technischen Hochschule Ulm erforscht das Team von OrthoKI eine mit Methoden der Künstlichen Intelligenz optimierte Orthesenversorgung. Die am Fuß angebrachte Schiene mit integrierten Sensoren ermöglicht eine personalisierte Therapie von Patienten mit einer Störung des Peroneusnervs. Diese haben keine oder wenig Kontrolle über das Anheben, Aufsetzen und Abrollen des Fußes. Risiken wie Stürze oder Überbelastungen können so reduziert und die Heilung verbessert werden.

In Kooperation mit industriellen Partnern soll das Projekt WirkSens am Umwelt-Campus Birkenfeld der Hochschule Trier zu einer personalisierten Arzneimittelherstellung im industriellen Maßstab beitragen. Ziel ist die Entwicklung eines Messgeräts, mit dem die Glukosekonzentration in Zellkulturen online erfasst und zur Prozesssteuerung eingesetzt werden kann. Das Messgerät soll dabei so preisgünstig sein, dass ein wirtschaftlicher Betrieb vieler, parallel betriebener Geräte möglich wird.

Weitergehende Informationen zu den Forschungsprojekten finden Sie hier.

Kontakt

Vanessa Marquardt

071116221316

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