So gelingt Generationenmanagement

Helena Ernst
Helena Ernst. Foto: manuelaclemens.de

Was ist gemeint und warum ist das Thema wichtig?

Unter Generationenmanagement verstehen wir die Gestaltung einer Umgebung, in der sich verschiedene Generationen in einer Organisations- bzw. Unternehmenskultur begegnen, die getragen wird von einem wertschätzenden Umgang mit Andersartigkeit. Dabei soll vorurteils– und wertfrei unter Einbezug der jeweiligen individuellen Fähigkeiten und Wünsche der Protagonisten eine produktive Atmosphäre entstehen, die aus der Summe der Einzelnen eine Gemeinschaft entstehen lässt, die in ihrer Arbeit nachhaltig wirksam ist.

Vorbehalte: Vorbehalte scheinen DAS größte Hindernis für eine gute Zusammenarbeit der Individuen zu sein – und zwar in jede Richtung. Ältere diagnostizieren der jüngeren Generation eine überzogene Anspruchshaltung bis hin zur Respektlosigkeit. Die Jüngeren hingegen unterstellen der älteren Generation generell zu großes Hierarchie-Denken und Angst vor Neuerungen. Der Satz „Das haben wir schon immer so gemacht“ ist für alle Jüngeren „typisch Babyboomer“.

Lebensstile: Beigefarbene Jacken ab 50 gehören der Vergangenheit an. Doch passen die Altersbilder überhaupt noch? Vorsicht vor Schubladen: der Lebensstil verbindet Menschen heutzutage über alle Altersgruppen hinweg stärker als das Lebensalter.

Was zählt mehr: Erfahrung oder Performance? Der Hebel liegt in der Erkenntnis: Was sind die Bedürfnisse und Fähigkeiten von Menschen? Menschen im eigenen Projekt, externe Partnerinnen und Partner, oder die vielfältigen Zielgruppen? Was ist der jeweils ureigenste Beitrag, den eine Person leistet? Und wie kann Diversität als Wertbeitrag gesehen werden? Nur wenn alle ihre eigene Unzulänglichkeit erkennen und die Kompetenz anderer ohne Gesichtsverlust dazu holen können; wenn wir allen zugestehen, dass sie Wissen und Kompetenz zeigen wollen - ob aus dem Grund, die langjährige Expertise verdeutlichen zu wollen, oder endlich zeigen zu dürfen, was noch möglich ist – dann sprechen wir von einem gelungenen Generationen-Miteinander.

Wer kann was tun? 

Individuelle Ebene / jede und jeder von uns kann…. sich der eigenen Vorbehalte bewusst werden! Dies ist ein entscheidender Schritt in der Diversity-Diskussion: eine Atmosphäre zu schaffen, in der Vorbehalte erkannt und versprachlicht werden können. Denn dann kann damit gearbeitet werden, Haltungen hinterfragt und Vorbehalte mitunter auch entmystifiziert werden.

Werden Unterschiede zwischen dem 24-Jährigen und der 56–Jährigen gemacht? Wird das Verhalten eines Gegenübers in Gedanken abgewertet – geht es hier vielleicht ganz schlicht auch um Konkurrenz? Fühle ich mich bedroht? Und wenn ja: wie kann die Kompetenz meines Gegenübers dennoch im Sinne des Projektes eingebunden werden, statt sie aus eigener Ängstlichkeit heraus abzuwerten? Genau darin liegt die größte Herausforderung: uns selbst gegenüber ehrlicher zu sein – Vorbehalte zu erkennen und stärker im Sinne des gemeinsamen Ziels zu handeln, statt sich auf Vorurteile zurückzuziehen.

Führung und Teamkultur
Menschen wollen gesehen werden – das verbindet alle Generationen miteinander. Und hier kommt Führung eine wichtige Aufgabe zu - ob als disziplinarische oder fachliche Führung. Sie ist (mit) dafür verantwortlich, ein Klima zu schaffen, in dem alle sich in ihrem Beitrag gewürdigt fühlen. Ziel ist eine Kultur der Reflexion und des Austausches, der regelmäßiger, selbstverständlicher Teil der Zusammenarbeit ist.

Wer bekommt ab wann welche Position? Werden alle gefördert und gefordert? Hört die Weiterentwicklung der Mannschaft ab einem gewissen Alter auf oder werden allen gleichwertige Entwicklungsmöglichkeiten eingeräumt? Wenn Aufstiegschancen unbefriedigend sind – welche alternativen Möglichkeiten gibt es, neue Verantwortlichkeiten zu übertragen, um talentierte Menschen zu halten?

Die Diversität der Lebensstile kann in der Zusammenarbeit genutzt werden: welche Stile herrschen im Team vor? Wie können gemeinsame Interessen und Hobbys als „Querverbindungen“ über Generationen hinweg genutzt werden, um eine gute Basis für ein Gefühl von Gemeinsamkeit zu schaffen? Auch Aktivitäten jenseits des normalen Arbeitsalltages dürfen genutzt werden, um voneinander zu lernen. Warum nicht mal den 1. Freitag im Monat dafür nutzen, reihum Impulse zu geben? Eine erzählt von einem inspirierenden Auslandsaufenthalt, ein anderer von einer faszinierenden Fortbildung. Das alles muss nicht explizit fachlich sein, denn Ziel ist das Kennenlernen, der Austausch, die Entdeckung von Gemeinsamkeiten und von Impulsen im Unbekannten.

Human Resources
Alle sollten das Gefühl haben, etwas zum Unternehmenserfolg beizutragen und überholte Strukturen und Abläufe verbessern zu können. Personalentscheidungsprozesse müssen unbedingt transparent ablaufen, insofern kommt sowohl Führung als auch HR eine enorme Bedeutung zu, Kultur aktiv zu gestalten. Ein aktives Zusammenbringen junger PraktikantInnen mit erfahrenen Projektleitungen mag anfangs neu sein, doch nur Ungewohntes, an unterschiedlichen Bedarfen Orientiertes kann echte Innovation ermöglichen!

Plädoyer für starke Seiten

Wenn sich Teams die Zeit nehmen, zu hinterfragen, was die einzelnen Generationen aneinander schätzen, d.h. die stärkenden Seiten zu fokussieren, wird deutlich, wie sie in der Zusammenarbeit profitieren können. Sowohl in Bezug auf das Leistungsniveau der Beschäftigten als auch in Bezug auf die Arbeitsatmosphäre. Diesen Schatz zu heben, lohnt sich! Und dann finden sich vielleicht Alt und Jung bei einem neuen Format wie einem Barcamp stiftungsübergreifend an einem Tisch und gestalten Zukunft. 

Quellenhinweise:

Der Text zitiert Auszüge aus der Blogserie Thema Generationenmanagement

Zu den Lebensstilen

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Katrin Helena Ernst

Bertelsmann Stiftung

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