Kroschke Forschungspreis für Kinderschutz in der Medizin der DGKiM erstmals vergeben an Dr. med. Oliver Berthold

Bernd Herrmann, 1. Vorsitzender der DGKiM und Anja Wenk, Geschäftsführerin der Kroschke Kinderstiftung bei der feierlichen Übergabe an den Preisträger Oliver Berthold (Mitte)

Dr. med. Oliver Berthold, Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin und klinischer Teamleiter der medizinischen Kinderschutzhotline aus Berlin erhielt am 13. Mai 2023 den mit 7.500 Euro dotierte Forschungspreis der Deutschen Gesellschaft für Kinderschutz in der Medizin (DGKiM) für seine Dissertation „Wahrnehmung und Prävention des misshandlungsbedingten Kopftraumas“. Gewürdigt wird der hohe Praxisbezug der Arbeit, die es erlaubt zielgruppengerechte Primärpräventionsprogramme zur Vermeidung von misshandlungsbedingten Kopftraumata zu entwickeln und so die Schutzwirkung der Präventionsprogramme zu verbessern. Der Preis wird von der Kroschke Kinderstiftung gestiftet. 

Essenz der Forschungsarbeit ist die Entwicklung eines modellhaften, maßgeschneiderten Primärpräventionsprogramms zur Vermeidung misshandlungsbedingter Kopfverletzungen, insbesondere des Schütteltraumas bei Säuglingen für spezifische Zielgruppen. Basis war eine systematische Literaturrecherche zur Effektivität bestehender Primärpräventionsprogramme hinsichtlich der Senkung der Inzidenz. In einer eigenen Studie untersuchte Berthold anhand einer für die deutsche Bevölkerung repräsentativen Stichprobe die Parameter erfolgreicher Programme. Das Wissen um das Schütteltrauma, die Kernaussagen der Primärprävention und die Haltung zu hilfreichen und schädlichen Methoden der Säuglingspflege wurden von Berthold untersucht. Ziel der Arbeit war die Identifikation spezifischer Risikogruppen, die von maßgeschneiderten Präventionsprogrammen profitieren können. Auf der Basis der erhobenen Daten entwickelte Berthold ein Modellprogramm, das das von ihm gewonnene Wissen über die Zielgruppen berücksichtigt und somit einen Beitrag zur Prävention des Schütteltraumas leisten kann.

„Es gibt schon eine Reihe unterschiedliche Ansätze. Aber wir wollten Wege finden, wie wir vor allem die Zielgruppe der jungen Männer erreichen und für das Thema sensibilisieren können. Denn in rund 60 Prozent der Fälle wird das Schütteltrauma bei Säuglingen von Männern verursacht. Wir erreichen sie mit unserer Aufklärung auf der Wöchnerinnen-Station sehr viel seltener als die Mütter“, erklärt der erfahrene Mediziner. Weiterer Risikofaktor: ein junges Alter. „Deswegen schlagen wir zwei sich ergänzende Maßnahmen vor: zum einen die gezielte Ansprache jüngerer Männer in den Abschlussklassen der Schulen; zum anderen die Kooperation mit erfolgreichen Influencern, um die Jugendlichen dort abzuholen, wo sie sind: in den sozialen Netzwerken.“ 
Der hohe Praxisbezug der Arbeit und die fachliche Relevanz gaben den Ausschlag für die Auswahl durch die Jury.

Der Jury für den Kroschke Forschungspreis für Kinderschutz in der Medizin gehören folgende Mitglieder an:

  • der Kinder- und Jugendarzt Dr. med. Bernd Herrmann, 1. Vorsitzender der DGKiM und Leiter der Kinderschutzambulanz im Klinikum Kassel,
  • Kinder- und Jugendärztin Dr. med. Tanja Brüning, 2. Vorsitzende der DGKiM mit Leitung des DGKiM-Arbeitskreises Kooperative Studien und Ärztliche Leitung der Kinderschutzambulanz an der Vestischen Kinder- und Jugendklinik Datteln,
  • Dr. med. Nadine Wilke-Schalhorst, Rechtsmedizinerin am Institut für Rechtsmedizin in Lübeck, Beirätin der DGKiM und Mitglied des Arbeitskreises Klinische Rechtsmedizin in der Deutschen Gesellschaft für Rechtsmedizin (DGRM),
  • Dr. med Thorsten Wygold, Ärztlicher Leiter der Kinder- und Jugendklinik in Heide/Holstein und Beirat der Kroschke Kinderstiftung und
  • Nadine Weber-Kroschke, Vorständin der Kroschke Kinderstiftung.

Ärztinnen und Ärzte aller medizinischen Fachdisziplinen und andere Berufsgruppen im Gesundheitswesen können in vielfältiger Form mit Gewalt an und Vernachlässigung von Kindern und Jugendlichen konfrontiert sein. Das betrifft sowohl unterschiedliche medizinische Berufsgruppen, unterschiedliche Arbeitsschwerpunkte (Klinik, Praxis, Institute, Öffentlicher Gesundheitsdienst), verschiedene Aspekte des Kinderschutzes (Diagnostik, Intervention, Prävention, Frühe Hilfen), wissenschaftliche Forschung, Lehre und Weiterbildung, Fachgesellschaften und Organisationen als auch die Schnittstelle zum nichtmedizinischen, multiprofessionellen Kinderschutz. Für all diese Bereiche hat sich mittlerweile der Oberbegriff medizinischer Kinderschutz oder Kinderschutz in der Medizin etabliert. Dieser ist somit nicht einer einzelnen Berufsgruppe zuzuordnen und hat sich in der letzten Dekade als neues, komplexes, herausforderndes und über die Pädiatrie interdisziplinär hinausgehendes Fachgebiet etabliert. Strukturelle Veränderungen in Lehre, Weiterbildung, Forschung und auch im Versorgungsauftrag für das Gesundheitswesen sollen dazu beitragen, die Gefährdung von Kindern und Jugendlichen frühzeitig zu erkennen und zu verhindern (Schwier, Manjgo, Kieslich. Neue Entwicklungen im medizinischen Kinderschutz. Monatsschr. Kinderheilkd. 2019). 

Die Deutsche Gesellschaft für Kinderschutz in der Medizin hat den Schutz von Kindern und Jugendlichen als grundlegendes Ziel. Die Entstehung von Gefährdungen von Kindern ist ein Zusammenwirken verschiedener Faktoren. Vermeidung und Aufdeckung von Kindeswohlgefährdungen bedürfen einer Versorgung durch multiprofessionelle Teams und systemübergreifende Zusammenarbeit. Die Versorgung der Kinder und Jugendlichen auf einer evidenzbasierten Grundlage in Fragen des Kinderschutzes im Gesundheitswesen voranzubringen, ist das Hauptziel des Forschungspreises.

Die Kroschke Kinderstiftung engagiert sich seit 30 Jahren für die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen. Seit 2006 werden in erheblichem Umfang Mittel für den präventiven Kinderschutz bereitgestellt. Durch die Kooperation mit der DGKiM will die Kroschke Kinderstiftung dazu beitragen, die wissenschaftliche Basis der Kinderschutz-Arbeit zu stärken.

Informationen zur Ausschreibung sind hier abrufbar.

Pressekontakt DGKiM e.V.                          Pressekontakt Kroschke Kinderstiftung
Frauke Schwier                                            Anja Wenk
Geschäftsführerin                                       Geschäftsführerin
E-Mail: geschaeftsstelle[at]dgkim[punkt]de          E-Mail: wenk[at]kinderstiftung[punkt]de 
Tel: 0221-986 53239                                    Tel.: 04102-804 101

Kontakt

Anja Wenk

04102 804 101

Weiterführender Link