Diversitätsgerechtes Investieren

Was ist gemeint und warum ist das wichtig?

Besonders für gemeinnützige Stiftungen und Organisationen ist die Berücksichtigung von Diversität bei der Geldanlage logisch stringent. Stiftungen sind dem Gemeinnutz verpflichtet und sollten jede Chance nutzen, sozialer Ausgrenzung entgegenzusteuern - insbesondere, aber nicht ausschließlich bei Themen, die nahe an ihren Förderzwecken liegen. Förderungen und Investitionen können als sich gegenseitig verstärkende Instrumente im Stiftungsschaffen eingesetzt werden. 

Diversitätsgerechtes Investieren hat in den letzten Jahren an Schwung aufgenommen und ist bei vielen Organisationen und Investoren auf der Prioritätenliste nach oben gerückt. Auch wenn erfreulich, sind die rund EUR 2.2 Milliarden verwalteten Vermögens mit einer geschlechter-diversitätsgerechten Anlagestrategie im Vergleich immer noch ein Tropfen auf den heissen Stein.

Diversitätsgerechtes Investieren heisst nicht nur, in Unternehmen und Produkte zu investieren, welche Diversitäts-Kriterien erfüllen, sondern Diversität in der eigenen Organisation zu leben. Zumindest der wirtschaftliche Erfolg steht im Zusammenhang mit interner Diversität. Eine Untersuchung an der Harvard University analysierte die Performance von Venture Capital Firmen in Bezug auf ihre Geschlechter- und Ethnische Diversität. Die Resultate hätten deutlicher nicht sein können. Nicht-diverse Teams erwirtschafteten 26% bis 32% schlechtere Resultate. Mangelnde Diversität in Organisationen, auf allen Ebenen und in jeglicher Form, sowie bewusste und unbewusste Befangenheit, haben direkte finanzielle Konsequenzen für die Investierenden und ihre Interessensgruppen. 

Empfehlungen – Wer kann was tun?

Beim diversitätsgerechten Investieren geht es nicht darum, eine Gruppe der anderen vorzuziehen,sondern die verschiedenen Aspekte des Themas zu erfassen und in Investitionsentscheidungen zu integrieren.

Eine Diversitätsanalyse der eigenen Organisation bildet die Basis, um konkrete Handlungsfelder zu identifizieren. Die Analyse sollte auch interne Prozesse (z.B. Due Diligence, Entscheidungsprozesse), Ausschüsse (z.B. Vorstand, Beirat, Management, Anlageausschuss, Investment Team) und externe Zulieferer (z.B. Vermögensverwalter, Rating Agenturen, Banken) betrachten, um eine ganzheitliche Sicht zu erhalten. Folgende Leitfragen, können helfen, sich strukturiert dem Thema anzunähern: 

  • Was heisst Diversität für unsere Organisation? 
  • Wo möchten wir Prioritäten setzen? Geschlecht, sexuelle Orientierung, ethnische Minderheiten, sozio-ökonomischer Hintergrund, etc.? 
  • Wo stehen wir als Organisation heute (Ist-Analyse)?
  • Wohin möchten wir uns entwickeln (Soll-Analyse)? 
  • Welche Handlungsfelder haben wir identifiziert (Gap-Analyse)?
  • Was sind die nächsten Schritte?
  • Welche Personen tragen die Verantwortung für die Umsetzung?
  • Brauchen wir externe Unterstützung (wegen unbewusster Befangenheit)?

Bei der Umsetzung auf der Anlageseite empfiehlt es sich, die Vermögensklassen einzeln zu betrachten. Die Ergebnisse der Diversitätsanalyse dienen als Leitfaden, die richtigen Partner und Prioritäten zu identifizieren. 

Börsennotiertes Aktien- und Anleihenportfolio

Viele Stiftungen und gemeinnützige Organisationen arbeiten mit einer/m externen Vermögensverwalter*in zur Unterstützung bei der Selektion, Umsetzung und Verwaltung des Portfolios. Rating-Agenturen, die Unternehmen und ihre Wirkung auf Umwelt, Soziales und Aufsichtsstrukturen (ESG) beurteilen, bieten eine effiziente Lösung, aktiv auf das Portfolio Einfluss zu nehmen. Anhand von Selektions- und Ausschlusskriterien haben wir bei Dreilinden jene Unternehmen herausgefiltert, welche unseren eigenen Prioritäten gerecht werden. Wir definieren so ein Universum an Titeln, aus dem das Portfolio zusammengestellt werden kann. Im Rahmen der halbjährlichen Anlageausschuss-Treffen besprechen und hinterfragen wir das Investitions-Universum kritisch und nehmen wenn nötig punktuell Anpassungen vor. Aus eigener Erfahrung lohnt es sich, die Vielzahl an ESG Rating Agenturen auf ihre Schwerpunktgebiete zu untersuchen, um einen passenden Partner zu identifizieren.  

Fonds / Impact Fonds

Bei Dreilinden verwenden wir bei der Due Diligence neuer Fonds-Investitionen unter anderem auch einen Diversitäts-Fragenkatalog. Er ist ein Schlüsselfaktor für unsere Entscheidungsfindung. Konkret fragen wir zukünftige Fondsmanager, was diversitätsgerechtes Investieren für sie bedeuetet, wie sie Diversität intern fördern (z.B. Team, Management), welche Richtlinien sie haben, und wie diese gelebt werden. Wir versuchen unsere eigenen Erwartungen an das Fondsmanagement transparent zu kommunizieren und erkundigen uns nach Fortschritten beim regelmässigen Austausch. Investierende haben auch die Möglichkeit, konkrete Bedingungen und Konditionen im Vertragswerk festzuhalten, beispielsweise die Implementation einer diverseren Personalrichtlinie.  

Andere Alternative Vermögenswerte

Einige Organisationen besitzen weitere alternative Vermögenswerte, wie beispielsweise Kunstsammlungen, Weingüter, Immobilien, Ländereien, Wald, etc. Um mögliche Verbesserungspotentiale in Bezug auf Diversität zu identifizieren, gilt es die Prozesse um die einzelnen Anlagen zu verstehen: Wer verwaltet die Anlagen? Was bedeutet Diversität für die Verwalter? Kann die allfällige Nutzung diversitätsgerechter gestaltet werden? Wie wird die Wertschöpfungskette verwaltet? Wie müssen die Prozesse und Nutzungsbestimmungen angepasst werden? Ist die Stiftung Eigentümerin eines Unternehmens, dann ist auch hier eine Diversitäts-Analyse seitens der Stiftung denkbar, um in den Dialog mit dem Unternehmen zu treten. 

Diversität bei Finanzpartner*innen 

Um die ganze Wertschöpfungskette abzudecken, sollten auch Vermögensverwalter*innen, Broker*innen, Banken, und andere Finanzpartner*innen auf ihre Diversität geprüft werden. Analog zur Due Diligence beim Fondsmanagement bilden die eigenen Prioritäten für diversitätsgerechtes Investieren die Basis für einen Werteabgleich mit Partner*innen. Insbesondere dort, wo Verbesserungspotential identifiziert wird, braucht es einen intensiven und regelmäßigen Dialog.  

Diversitätsgerechtes Investieren, ob als eigenständige Strategie oder als Erweiterung der existierenden Anlagestrategie, führt zu besseren und nachhaltigeren Investitionsentscheidungen. Eine Anlagestrategie, die diversitätsgerechte Aspekte außen vor lässt, verkennt das brachliegende Potential. Beginnen Sie Stück für Stück - der Weg ist das Ziel!

Autor*innen: Ise Bosch und Stefan Bollier (Dreilinden)

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