"Ein Netzwerk lebt von der Vielfalt unterschiedlicher Akteure"

mitKids Aktivpatenschaften: Ehrenamtliche Paten begleiten Kinder aus belasteten Familien und schenken ihnen Zeit und Zuwendung.
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© Michael B. Rehders
03.07.2019
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Das Netzwerk Stiftungen und Bildung wächst. Ulrike Wegner von der Ehlerding-Stiftung ist der 500. „Nettie“. Im Interview spricht sie über die Vorteile und ihre Wünsche an das Netzwerk.

Ulrike Wegner
© Ehlerding Stiftung
Ulrike Wegner

Frau Wegner. Die Ehlerding Stiftung engagiert sich seit fast 20 Jahren für Kinder. Ihr Motto lautet: „Damit Kindern das Leben gelingt.“ Was war der Auslöser für die Gründung der Stiftung und warum haben sie sich für die Förderung von Kindern im Besonderen entschieden?
Ulrike Wegner:
Begonnen hat alles mit dem persönlichen Engagement unserer Stifterin. Ingrid Ehlerding hat vor über 30 Jahren die Patenschaft für fünf türkische Zuwanderer-Kinder übernommen. Die Erfahrungen unserer Stifterin zeigten, wie wichtig Zuwendung und intakte Bindungen aber auch ausreichend Bewegung in der Natur für ein gesundes Aufwachsen sind. Daraus entstand später die Idee für eine operative Stiftung mit Projekten, die Kinder und Jugendliche stärken.

Was hat sich mit Blick auf das Thema Kinder in den letzten 30 Jahren geändert? Oder anders gefragt: Wie haben sich die Bedürfnisse der Kinder verändert?
Wegner
: Die Grundbedürfnisse der Kinder nach Aufmerksamkeit, Zeit und Zuwendung haben sich nicht geändert. In der Schnelllebigkeit des digitalen Zeitalters geht das leider häufig verloren. Umso wichtiger sind heute gute Bindungen und soziale Beziehungen. Die Stärkung von sozialen Kompetenzen bleibt aus unserer Sicht eine große Aufgabe.

„Kinder sind das wichtigste in unserer Gesellschaft“ – das betonen Politiker immer wieder – vor allem am Sonntag in Talkshows und auf den Markplätzen dieser Republik. Was rufen Sie den Politikern zu?
Wegner:
Kinder sind das schwächste Glied in unserer Gesellschaft. Wir müssen ihre Belange in den Fokus stellen. Daher unterstützen wir die Forderung, Kinderrechte im Grundgesetz zu stärken. Darüber hinaus sind Politik und auch die Zivilgesellschaft aufgefordert, sich gemeinsam gegen eine Spaltung der Gesellschaft zu engagieren: mit gut ausgestatteten Institutionen, mit Zeit und mit Aufmerksamkeit.

Wenn Sie einen Wunsch frei hätten: Wie würde der Wunsch lauten? Und an wen würden Sie den Wunsch richten?
Wegner:
Kinder wachsen mit ungleichen Startbedingungen auf. Viele Kinder in Deutschland leben in belasteten familiären Situationen, leiden unter Armut, fehlenden Bezugspersonen und einem fehlenden sozialen Netzwerk. Unser Wunsch an Politik und Gesellschaft ist, möglichst allen Kindern faire Startbedingungen zu ermöglichen, damit alle die Chance auf ein selbstbestimmtes Leben erhalten.

Woran sind Sie im Netzwerk Stiftungen und Bildung besonders interessiert?
Wegner:
Unsere Stifterin setzt sich von Beginn an dafür ein, Kompetenzen zu bündeln und gemeinsam wichtige Themen aufzugreifen und voranzutreiben. So hat sie die Gründung des Mentor.Ring Hamburg e.V. mit initiiert. Als Weiteres sind wir regelmäßig Veranstalter von Fachtagungen, die nur gemeinsam mit Kooperations- und Netzwerkpartnern realisierbar sind. Besonders interessiert es uns, im Netzwerk Stiftungen und Bildung spannende Impulse zu Themen, Referenten und möglichen Kooperationspartnern. zu bekommen.

Hatten Sie schon in der Vergangenheit Kontakt zu Netties oder dem Bundesverband Deutscher Stiftungen?
Wegner:
Wir sind als Stiftung schon sehr lange Mitglied im Bundesverband und profitieren sowohl von Beratungsangeboten als auch von der Vernetzung untereinander. Da die Stiftungslandschaft so vielschichtig ist, ist es besonders sinnvoll, sich speziell im Bereich Bildung auch auf Bundeslandebene zu vernetzen, um gemeinsame Projekte zu gestalten. Wir sind bereits Mitglied im Stiftungsnetzwerk Bildung in Niedersachsen.

Mit welchen Akteuren kooperieren sie bereits – und mit welchen neuen Partnern wollen sie in Zukunft stärker zusammenarbeiten?
Wegner:
Mit unseren mitKids Aktivpatenschaften sind wir in Kooperation mit der AWO in Bremerhaven und mit der Freiwilligenagentur (FAB) auch in Bremen vertreten. In unserem Bereich „Impulse“, in dem wir unter anderem Schwimmkurse für Kinder aus belasteten Familien anbieten, haben wir aktuell mit dem Verein NestWerk e.V. einen Projektpartner gefunden, der langjährige Erfahrung mit niedrigschwelligen Sportangeboten für Kinder und Jugendliche mitbringt. Der Mentor.Ring e.V. koordiniert den fachlichen Austausch und die Vernetzung von über 60 Patenprojekten in Hamburg.

Besonders erfolgreich wird es aber, wenn Politik und Verwaltung mit der Zivilgesellschaft und der Wirtschaft gemeinsam an einem Strang ziehen – das wollen wir insbesondere bei der Weiterentwicklung unseres Schullandheims erreichen.

Wie wichtig ist Ihnen, dass im Netzwerk große und weniger große Stiftungen genauso sichtbar und ansprechbar sind wie kleine Bürgerinitiativen und Vereine?
Wegner:
Die Organisationsformen im zivilgesellschaftlichen Sektor sind sehr vielfältig und alle Formen haben ihre Berechtigung – es wäre ein Fehler, hier in groß oder klein zu unterteilen. Ein Netzwerk lebt von der Vielfalt unterschiedlicher Akteure. Wir müssen aber dabei berücksichtigen, dass es ressourcenbedingt nicht für alle Organisationen möglich ist, sich maximal einzubringen.

Den zweiten Teil des Interviews lesen Sie auf der Seite des Netzwerkes Stiftungen und Bildung.

Autorin

Ulrike Wegner
Ehlerding Stiftung
Öffentlichkeitsarbeit und Fundraising

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