Happy Birthday, Ladies!

Am 19. Januar 1919 durften in Deutschland Frauen zum ersten Mal wählen und sich wählen lassen. Ein Meilenstein in der Geschichte der Gleichberechtigung – die wir allerdings auch hundert Jahre später noch lange nicht erreicht haben.
„Mädchen und Frauen heraus aus der Finsternis…“ heißt es auf einem Wahlplakat aus dem Jahr 1918. Der Anlass war ein bedeutender: Frauen in Deutschland konnten am 19. Januar 1919 zum ersten Mal wählen und sich wählen lassen. Was uns heute so selbstverständlich erscheint, war das Ergebnis eines langen, zähen Kampfes.
Für die politische Teilhabe des weiblichen Geschlechts hatten unterschiedliche Akteure aus Zivilgesellschaft und Politik gestritten: Verbände, Vereine, Parteien und einzelne, herausragende Frauenpersönlichkeiten. Damals gaben über 80 Prozent der wahlberechtigten Frauen ihre Stimme ab. Und es kandidierten 300 Frauen. Die Zahlen sind beeindruckend, gerade wenn man die Kürze der Mobilisierung bedenkt. Sie zeugen von einem großen Bedürfnis, aus der vertrauten, privaten Rolle herauszutreten und Gesellschaft wie Öffentlichkeit mitzugestalten. Von den insgesamt 423 Abgeordneten zogen schließlich 37 Frauen in die Nationalversammlung ein.
Manche Bastionen fielen spät
Ein erster großer Schritt, auch wenn die tatsächliche Gleichstellung der Frau in der Verfassung erst viele Jahre später erfolgte. Seit 1949 heißt es im Artikel 3 des Grundgesetzes: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt.” Darauf aufbauend entwickelte sich die gesellschaftliche Teilhabe weiter – und im Rückblick erschrickt man ein wenig: Manche Bastionen fielen spät, auch in anderen europäischen Ländern. 1962 konnten Frauen in Deutschland erstmals ein eigenes Bankkonto eröffnen, seit 1977 ohne die Genehmigung des Ehemannes einer beruflichen Tätigkeit nachgehen, seit 1997(!) ist die Vergewaltigung in der Ehe strafbar.
Nehmen wir also die letzten hundert Jahre in den Blick, sind die erreichten Erfolge offensichtlich. Gleichzeitig wird deutlich, dass die einzelnen Errungenschaften nicht leicht zu erstreiten waren, sondern immer wieder ihre Zeit, ihre Kämpferinnen und Protagonisten, ihre Generation brauchten, um sich weiterzuentwickeln. Dabei ergänzten sich Gesetze und Lebenswirklichkeit wechselseitig, um tradierte Muster und Rollenbilder aufzubrechen.
Und so müssen wir auch heute konstatieren, dass in vielen Bereichen wirkliche Geschlechtergerechtigkeit noch nicht erreicht und gelebt wird. Man denke an die unterschiedliche Bezahlung von Frauen und Männern, die Besetzung von Führungspositionen in Wirtschaft und gemeinnützigem Sektor oder den Frauenanteil im Deutschen Bundestag, der mit 30 Prozent so niedrig ist wie vor 20 Jahren.
Wie lässt sich der eingeschlagene Weg fortsetzen?
Die Einführung des Frauenwahlrechts fällt zusammen mit den ersten demokratischen, also allgemeinen, gleichen, freien und geheimen Wahlen in der deutschen Geschichte. Stiftungen als ein Teil der Zivilgesellschaft können mit ihrer Arbeit, ihrer Engagementförderung, ihren Bildungsprojekten zur Weiterentwicklung einer freiheitlichen und demokratischen Gesellschaft beitragen. Und dazu gehört selbstverständlich auch, die Frauen weiter zu stärken, Vielfalt voranzutreiben, Gender-Themen zu setzen, Gesetzesvorhaben zu unterstützen (Stichwort Quote), Solidarisierung im gemeinnützigen Sektor und darüber hinaus zu organisieren – weiter hinein ins Licht! „Unsere Demokratie“ lautet das Motto des diesjährigen Stiftungstags in Mannheim – hier ließe es sich erproben und zeigen!
Über die Autorin
Friederike von Bünau ist Geschäftsführerin der Kulturstiftung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN Stiftung) und Mitglied im Vorstand des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen.
Aktuelle Beiträge
„Stiftungen sollen wie vorsichtige Kaufleute agieren“
Anja Knoop und Dr. Florian Asche über die rechtlichen Rahmenbedingungen der gemeinschaftlichen Investition von Stiftungen in Immobilien.
Mehr InfosNeue Wege zu mehr Wirkung
Viele Stiftungen suchen nach Möglichkeiten, abseits der traditionellen Mittelvergabe ihre Wirkung zu steigern. Doch wie kann das gelingen? Ein Konzeptpapier der Finanzexperten Barbara Scheck und Wolfgang Spiess-Knafl gibt Antworten.
Mehr InfosAußenminister Heiko Maas trifft Stiftungen
Außenminister Heiko Maas, Staatsminister für Europa, Michael Roth, Vertreterinnen und Vertreter von 14 deutschen Stiftungen und des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen trafen sich am 12. Februar 2019 zum Austausch.
Mehr InfosStiften im Geist der Aufklärung
Drei Fragen an Prof. Dr. Roland Kaehlbrandt, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Polytechnische Gesellschaft Frankfurt am Main. Der Honorarprofessor, Stiftungsmanager und Sachbuchautor moderiert auf dem StiftungsTag 2019 in Mannheim ein Podium zum Thema „Vielfalt in Deutschland“.
Mehr InfosImpuls
Stiftungen als Filmförderer
Am 07. Februar beginnt die Berlinale. Ein guter Anlass für einen Blick auf das Verhältnis von Filmbranche und Stiftungswesen.
WeiterlesenImpuls
Vielfalt ist unsere Natur
Ein Besuch auf dem Hof Gut Herbigshagen. Dort bringt die Heinz Sielmann Stiftung den Besuchern die Bedeutung von Biodiversität und alten Tierrassen nahe.
WeiterlesenImpuls
In vielen Welten zu Hause
Esra Küçük hat eine Bilderbuch-Karriere hingelegt: Mit 35 Jahren ist die Initiatorin der Jungen Islam Konferenz zur neuen Geschäftsführerin der renommierten
Weiterlesen